Nacht der Leidenschaft
ihr mit bedeutungsvollem Rascheln. „Sie brauchen den Vertrag nur durchzulesen und zu unterschreiben.“ Er lächelte ein wenig entschuldigend, als Amanda all die vielen Blätter mit hochgezogenen Brauen entgegen nahm.
„Ich habe noch nie einen so umfangreichen Vertrag gesehen“, meinte sie ironisch. „Das Werk meines Anwalts, würde ich sagen.“
„Nachdem Ihr Freund Mr. Talbot sämtliche Klauseln und Bedingungen eingefügt hat, ist ein wahrhaft gründliches Dokument zu Stande gekommen.“
„Ich werde den Vertrag umgehend prüfen. Wenn alles in Ordnung ist, werde ich ihn unterschreiben und morgen in den Verlag bringen.“ Sie legte die Bögen beiseite.
Unwillkürlich ertappte sie sich dabei, wie sie sich freute. Diese Reaktion hatte sie nicht erwartet. Schließlich würde sie für einen Gauner wie Jack Devlin schreiben.
„Mr. Devlin hatte mich gebeten, Ihnen etwas mitzuteilen“, sagte Fretwell, dessen Augen hinter den Brillengläsern funkelten. „Ich soll Ihnen ausrichten, Ihr mangelndes Vertrauen habe ihn verletzt.“
Amanda lachte. „Er ist so vertrauenswürdig wie eine Schlange. Bei einem Vertrag mit ihm würde ich nicht die kleinste Klausel durchgehen lassen, die nicht eindeutig formuliert ist, da er sie sonst gewiss zu seinem Vorteil nutzen würde.“
„Oh, Miss Briars!” Fretwell schien ehrlich entsetzt. „Wenn Sie diesen Eindruck von Mr. Devlin haben, versichere ich Ihnen, dass Sie im Irrtum sind! Er ist ein ausnehmend feiner Mensch. Wenn Sie nur wüssten …“
„Wenn, ich was wüsste?“, fragte sie und hob eine Augenbraue. „Bitte, Mr. Fretwell, erzählen Sie mir, was Sie an Mr. Devlin so bewundernswert finden. Glauben Sie mir, sein Ruf bringt ihm keine Lorbeeren ein. Obgleich er einen gewissen Charme besitzt, so habe ich an ihm bislang keine Anzeichen von Charakter oder Gewissen entdecken können. Ich würde nur zu gern erfahren, warum Sie ihn als ‚ausnehmend feinen Menschen‘ bezeichnen.“
„Nun, ich muss zugeben, Mr. Devlin ist anspruchsvoll und setzt Maßstäbe, die nur schwer zu erfüllen sind, aber er ist immer gerecht und belohnt gute Leistungen äußerst großzügig. Zuweilen ist er aufbrausend, aber durchaus einsichtig. Ehrlich gesagt, er hat ein weiches Herz, das er aber vor allen verbirgt. Ist zum Beispiel einer seiner Angestellten für längere Zeit erkrankt, garantiert ihm Mr. Devlin, dass er bei seiner Rückkehr wieder auf seinem alten Posten eingesetzt wird. Das ist mehr, als man von seinem Arbeitgeber erwarten kann.“
„Sie kennen ihn schon sehr lange, meinte Amanda nachdenklich und blickte ihn fragend an.
„Ja, seit meiner Schulzeit. Nach unserem Abschlussexamen folgte ich ihm mit einigen anderen Schulkameraden nach London, da er uns mitgeteilt hatte, er hege die Absicht, Verleger zu werden.“
„Und sie alle zeigten das gleiche Interesse?“, fragte sie ungläubig.
Fretwell zuckte mit den Achseln. „Der Beruf spielte keine Rolle. Wenn Devlin vorgehabt hätte, Dockmeister, Metzger oder Fischhändler zu werden, dann wären wir ihm ebenfalls gefolgt, um für ihn zu arbeiten. Wäre Mr. Devlin nicht gewesen, hätte unser Schicksal einen anderen Verlauf genommen. Das heißt … einige von uns wären nicht mehr am Leben.“
Amanda versuchte ihr Erstaunen zu verbergen, aber sie konnte nicht verhindern, wie ihr der Kiefer herunterfiel.
„Weshalb sagen Sie das, Mr. Fretwell?” Auf diese Frage wurde Fretwell plötzlich verlegen, als habe er etwas Unerlaubtes preisgegeben.
Er lächelte schuldbewusst. „Mr. Devlin legt sehr großen Wert auf sein Privatleben. Ich hätte nicht so offen reden dürfen. Andererseits … sollten Sie vielleicht einige Dinge über Mr. Devlin wissen. Es ist nämlich offensichtlich, dass er Sie sehr mag.“
„Mir scheint, dass er jeden mag“, sagte Amanda ungerührt und dachte dabei an Mr. Talbots Einladung, auf der er von Freunden und Bekannten umringt gewesen war, die sich eifrig um seine Aufmerksamkeit bemüht hatten.
Außerdem schien er im Umgang mit dem anderen Geschlecht keine Schwierigkeiten zu haben. Es war ihr nicht entgangen, wie die weiblichen Gäste in seiner Gegenwart aufgeregt gackernd um ihn herumgeflattert waren.
„Das ist seine Fassade, versicherte Fretwell. „Es ist geschäftlich für ihn nützlich, wenn er einen großen Bekanntenkreis pflegt, aber es gibt nur wenige Menschen, die er wirklich mag, und noch weniger, denen er vertraut. Wenn Sie über seine Vergangenheit Bescheid wüssten, würden
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