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Nacht der Leidenschaft

Nacht der Leidenschaft

Titel: Nacht der Leidenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
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und den Schulleiter nicht zu fürchten wie der Rest von uns. Devlin war stark, klug und selbstsicher … wenn es unter uns Schülern und den Lehrern so etwas wie einen Liebling gab, dann war er es. Das hieß natürlich nicht, dass er den Bestrafungen entgangen wäre. Er wurde genauso oft geschlagen und auf Hungerration gesetzt wie wir. Eigentlich noch häufigen Sehr bald fand ich heraus, dass er hin und wieder die Schuld für die Missetat eines anderen Jungen auf sich nahm und an seiner Stelle bestraft wurde, weil er wusste, dass die Kleineren das Auspeitschen nicht überleben würden. Und er ermutigte die großen, kräftigen Schüler, es ihm nachzutun. Wir müssen uns gegenseitig beschützen, sagte er. Außerhalb der Schulmauern gebe es eine andere Weit für uns, erinnerte er uns immer wieder, wenn wir nur überlebten Fretwell nahm die Brille ab und putzte die Gläser lange und ausgiebig mit einem Taschentuch. „Manchmal besteht der einzige Unterschied zwischen Leben und Tod darin, einen kleinen Funken Hoffnung zu bewahren. Devlin gab uns diesen Funken. Er machte Versprechungen, unmögliche Versprechungen, die er später einzuhalten gedachte.“
    Amanda hatte es die Sprache verschlagen. Es war ihr nicht möglich, den unbeschwerten Glücksritter – Jack Devlin – mit dem Jungen in Einklang, zu bringen, den Fretwell ihr soeben geschildert hatte.
    Fretwell gewahrte ihre ungläubige Miene und setzte lächelnd die Brille auf. „Oh, ich weiß, wie er Ihnen erscheinen muss. Devlin stellt sich gern als haltlos und unmoralisch dar. Aber ich versichere Ihnen, er ist der vertrauenswürdigste und standhafteste Mensch, der mir in meinem Leben begegnet ist. Er hat mir das Leben gerettet und dabei sein eigenes aufs Spiel gesetzt. Ich wurde ertappt, als ich mir aus der Schulspeisekammer etwas zu essen stahl. Zur Bestrafung sollte ich die ganze Nacht über an das Tor gefesselt werden. Es war bitter kalt und windig und ich hatte furchtbare Angst. Kurz nach Einbruch der Nacht stahl sich Devlin mit einer Decke aus dem Haus und band mich los. Wir hüllten uns in die Decke, und er blieb bis zum Morgen bei mir. Wir sprachen von dem Tag, an dem wir Knatchford Heath verlassen würden. Bei Tagesanbruch, als ein Lehrer mich holen kam, hatte Devlin mich bereits wieder mit den Stricken festgebunden und war in der Schule verschwunden. Wäre er bei diesem Freundschaftsdienst erwischt worden, so hätte er das bestimmt mit seinem Leben bezahlt”.
    „Warum?“, fragte Amanda leise. „Warum hat er sich Ihret- und der anderen Schüler wegen in Gefahr begeben? Ich hätte gedacht …“
    „Dass es ihm nur um sein eigenes Wohl geht?“, beendete Fretwell den Satz für sie, und Amanda nickte. „Ich muss gestehen, ich habe nie richtig verstanden, was Jack Devlin dazu angetrieben hatte. Aber eines weiß ich mit Sicherheit – er mag nicht fromm sein, aber er ist menschlich.“
    „Wenn Sie das sagen, glaube ich es“, murmelte Amanda. „Aber …“ Sie warf ihm einen skeptischen Blick zu. „Aus meiner Sicht lässt es sich kaum vereinbaren, dass ein Mann, der zahlreiche schmerzhafte Peitschenschläge für andere eingesteckt hat, bei einem kleinen Kratzer so zimperlich ist.“
    „Ah, Sie sprechen von Ihrem Besuch neulich in seinem Büro, als Lord Tirwitt ihn mit einem Stockmesser attackierte.“
    „Ja.“
    Zu ihrer Verwunderung lächelte Fretwell. „Ich habe Devlin hundertmal größere Schmerzen erleiden sehen, ohne dass er mit der Wimper zuckte“, verteidigte er ihn. „Aber er ist schließlich ein Mann und weiblichem Mitgefühl nicht abgeneigt“
    „Er wollte mein Mitgefühl?“, fragte Amanda erstaunt.
    Fretwell war nur zu bereit, noch ein gut Teil mehr dieser hochinteressanten Informationen weiterzugeben, aber er besann sich und hielt es nun doch für ratsamer zu schweigen. Er lächelte, als er in Amandas runde graue Augen blickte. „Ich habe wirklich genug gesagt, denke ich.“
    „Aber Mr. Fretwell“, beschwerte sie sich, „Sie haben die Geschichte nicht zu Ende erzählt. Wie konnte ein junger Mann ohne Familie und Geld zu einem eigenen Verlag kommen? Und wie …“
    „Ich möchte es Mr. Devlin überlassen, Ihnen den Rest der Geschichte eines Tages selbst zu erzählen – wenn er den Zeitpunkt für gekommen hält. Ich bin überzeugt, dass er das tun wird.“
    „Aber Sie können mir doch nicht nur die halbe Geschichte erzählen!“, beklagte sich Amanda und brachte ihn damit zum Lachen.
    „Es ist nicht meine Angelegenheit,

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