Nacht der Leidenschaft
die Schwelle seines Büros gesetzt hatte, wollte er sie küssen. Der trotzig zusammengepresste Mund, der ihre üppigen Lippen versteckte, raubte ihm geradezu den Verstand. Er wollte sie bis zur Besinnungslosigkeit küssen, bis sie weich und empfänglich war für alles, was er wollte.
Er sah, wie Amanda um Fassung rang, wie sich ihr Körper versteifte. Hektische Flecken übersäten ihr Gesicht. Die Finger verkrampften sich und knüllten die Seite zusammen, die sie wie einen Goldschatz hütete.
„Mr. Devlin“, drohte sie mit belegter Stimme, die ihn noch mehr erregte, „diese albernen Spielchen veranstalten Sie wohl sicherlich auch mit Ihren anderen Autorinnen“
„Nein, Miss Briars“, sagte er ernst, „ich fürchte, Sie sind die einzige Adresse für meine romantischen Bestrebungen.“
Die Formulierung ‚romantische Bestrebungen‘ schien sie sprachlos zu machen. Die silbergrauen Augen weiteten sich erstaunt. Ein ähnliches Erstaunen erfasste auch Jack in diesem Augenblick, als ihm bewusst wurde, dass seine Reaktion auf sie nicht mehr steuern konnte, obwohl er sich vorgenommen hatte, sie in Ruhe zu lassen. Sein unbeschwertes Spiel war plötzlich von tiefen, drängenden Gefühlen vertrieben worden.
Obwohl es zu seinem besten war, eine gewisse Harmonie zwischen ihnen aufrechtzuerhalten, wollte er keine freundschaftliche Arbeitsbeziehung. Er wollte nicht die Imitation einer Freundschaft, er wollte sie wachrütteln und beunruhigen, sie auf ihn aufmerksam machen.
„Ich betrachte es natürlich in gewisser Weise als Kompliment, mich in die große Schar der Frauen einzureihen, die Ziel dieser Bestrebungen waren“, sagte Amanda schließlich. „Ich habe jedoch nicht darum gebeten, an diesem Unsinn teilzuhaben.“
„Wollen Sie mir die Seite geben?“, fragte er mit täuschender Ruhe.
Amanda setzte ein finsteres Gesicht auf und traf eine Entscheidung. Sie zerknüllte das Papier mit den Händen und machte einen kleinen festen Ball daraus. Dann ging sie zum Kamin und warf ihn in die Flammen, wo er hell aufloderte. An den Außenrändern schrumpfte das Papier in der blauweißen Hitze, während das Innere der Kugel rasch verkohlte und schwarz wurde.
„Die Seite ist weg“, verkündete Amanda. „Sie haben Ihren Willen bekommen – also sollten Sie jetzt zufrieden sein.“
Abt dieser Tat hatte sie gehofft, die zwischen ihnen entstandene Spannung zu lösen, aber ohne Erfolg. Die Atmosphäre blieb unverändert, sie war elektrisch aufgeladen wie die Luft vor einem Gewitter. Jacks Lächeln wirkte, steif, als er sich an sie wandte. „Nur wenige Male in meinem Leben hat es mir Leidgetan, wenn ich meinen Willen bekam. Und das ist eines dieser Male.“
„Ich möchte nicht mit Ihnen spielen, AU. Devlin. Ich möchte die vor uns liegende Arbeit beenden.“
„Die Arbeit beenden“, wiederholte er und salutierte wie ein Soldat, der Befehle von seinem vorgesetzten Offizier erhalten hatte. Er ging zum Schreibtisch zurück, stützte die Hände auf die Mahagoniplatte und überprüfte seine Notizen. „Wir sind eigentlich fertig. Die ersten dreißig Seiten geben eine ausgezeichnete erste Folge ab. Sobald Sie die von uns besprochenen Änderungen ausgeführt haben, wird gedruckt“
„Zehntausend Exemplare?“, fragte sie zaghaft und hatte dabei die Auflage im Sinn, die er ihr versprochen hatte.
„Ja.“ Jack lächelte über ihren beklommenen Gesichtsausdruck. Er wusste genau, was ihr Sorgen machte. „Miss Briars“, murmelte er, ” es wird sich verkaufen. Für diese Dinge habe ich einen ausgeprägten Instinkt.“
„Ja, das müssen Sie wohl“, sagte sie ein wenig zweifelnd. „Ich meine … die Geschichte … viele Leute werden Einwände dagegen haben. Sie ist reißerischer, als ich sie in Erinnerung hatte, und die Liebesszenen sind … Nun, meine moralische Position in Bezug auf die Heldin ist gewiss nicht streng genug …“
„Darum wird es sich verkaufen, Miss Briars.“
Amanda lachte plötzlich auf. „So wie Madam Bradshaws Buch.“
Ihre Bereitschaft, sich über sich selbst lustig zu machen, erfreute ihn, vor allem, da er dies nicht erwartet hatte. Jack stieß sich vom Tisch ab und ging zu ihr. Seine plötzliche Nähe machte es Amanda unmöglich, ihm ins Gesicht zu sehen. Sie ließ den Blick vom Fenster zum Boden schweifen und heftete ihn dann auf den obersten Knopf seines Jacketts.
„Ihre Umsätze werden die der gefeierten Mrs. Bradshaw bei weitem übersteigen“, erklärte er lächelnd. „Und nicht
Weitere Kostenlose Bücher