Nacht der Leidenschaft
lege ich meine Hand ins Feuer. Hartley ist nicht der Mann, der einer Frau unziemliche Avancen macht.“
Jack blickte zu den beiden hinüber und schwenkte nachdenklich das Brandyglas in seiner Hand. Ein sonderbar bitteres Lächeln verzog seinen Mund. Als er weitersprach, senkte er den Blick auf die goldbraune Flüssigkeit.
„Was wissen Sie von Charles Hartley, Oscar?“
„Meinen Sie in Bezug auf seine augenblickliche Situation, Sir? Auf seinen Charakter? Hartley ist Witwer und ein ehrenwerter Mensch. Er hat ein gesichertes Auskommen, stammt aus einer guten Familie und war nie in einen Skandal verwickelt.“ Fretwell legte eine bedeutungsvolle Pause ein und lächelte. „Und ich glaube, alle Kinder lieben ihn.“
„Und was wissen Sie über mich?“, fragte Jack schließlich leise.
Fretwell war um eine Antwort verlegen. „Ich weiß nicht, wie ich das verstehen soll.“
„Sie kennen meine Geschäftspraktiken – ich bin weder ehrenwert noch frei von Skandalen. Ich habe ein Vermögen angehäuft, aber ich bin ein unehelicher Sohn und von niederer Abstammung. Dazu kommt noch, dass ich Kinder nicht mag und die Ehe verabscheue, und dass es mir bis jetzt nie gelungen ist, eine Beziehung zu einer Frau länger als sechs Monate aufrechtzuerhalten. Und ich bin ein selbstsüchtiger Mistkerl … Aber all das wird mich bestimmt nicht daran hindern, Miss Briars den Hof zu machen, auch wenn ich der letzte Mann bin, den sie braucht.“
„Miss Briars ist eine intelligente Frau“, sagte Fretwell ruhig. „Vielleicht sollten Sie ihr die Entscheidung selbst überlassen, wen und was sie braucht.“
Jack schüttelte den Kopf. „Sie wird ihren Fehler erst bemerken, wenn es zu spät ist“, sagte er finster. „Das ist bei Frauen immer so.“
„Sir meinte Fretwell unbehaglich, aber Jack war schon gegangen und rieb sich am Nacken. Es war die unbewusste Geste eines Mannes, der von seinem Willen getrieben wird und wider besseres Wissen handelt.
Das Weihnachtsessen war exzellent. Eine Köstlichkeit nach der anderen wurde serviert. Unter die entzückten Ausrufe der Gäste mischte sich als Unterton das ständige Entkorken der Flaschen, das Klirren der Gläser beim Anstoßen und das Summen einer angeregten Unterhaltung. Amanda hatte den Überblick über all die Delikatessen verloren, die ihr gereicht wurden. Es gab vier verschiedene Vorspeisen, Schildkröten und Hummersuppe, mehrere Truthahnbraten, mit Würsten und Kräutern garniert.
Ein nicht endender Aufmarsch von Dienern brachte Platten mit Kalbfleisch in Bechamelsauce, mit Kapaunen, Kalbsbries, Rebhuhn- und Hasenbraten, Schwaneneiern und einer verwirrenden Auswahl von geschmortem Gemüse. Pasteten aus exotischen Meerestieren und Wildbret wurden in dampfenden Silberschüsseln gereicht, gefolgt von Schalen mit seltenen Früchten und Salaten und Kristallplatten, auf denen sich in Wein marinierte Trüffel türmten. Zu allem Überfluss gab es zarten Spargel, der außerhalb der Saison und zudem zur Weihnachtszeit einen hohen Preis hatte.
Auch wenn Amanda die herrlichen Speisen genoss, bemerkte sie kaum, was sie aß, so sehr zog sie der Mann an ihrer Seite in Bann. Devlin wusste herrliche Geschichten mit witzigen Pointen zu erzählen, kurzum, er war außerordentlich charmant und geistreich. Wohl sein irisches Erbe.
Ein schweres, süßes Ziehen machte sich in ihr bemerkbar, und das hatte nichts mit dem Wein zu tun, den sie getrunken hatte. Sie wollte mit Devlin allein sein. Sie wollte ihn verführen und besitzen, wenn auch nur für eine kleine Weile. Der Anblick seiner Hände gab ihr das Gefühl, ihr Mund trockne aus. Sie erinnerte sich an die Wärme seines Körpers, als er sie an sich gezogen hatte … sie wollte ihn wieder spüren. Sie wollte ihn in sich hineinziehen … sie wollte gemeinsam mit ihm den Frieden körperlicher Erfüllung erfahren und glücklich und entspannt in seinen Armen liegen. Bisher war ihr Leben so eintönig verlaufen. Devlin erhellte ihren Horizont wie ein feuriger Komet.
Nach einer Ewigkeit, wie ihr schien, fand das Diner zu seinem Ende, und die Gäste teilten sich in kleinere Gruppen auf. Einige Herren blieben am Tisch sitzen, um ein Glas Portwein zu trinken. Ein Teil der Damen begab sich in den großen Salon, in dem Tee serviert wurde. Andere wieder, männliche wie weibliche Gäste, scharten sich um den Flügel und sangen Weihnachtslieder. Amanda wollte sich Letzteren anschließen, aber bevor sie ihre Absicht wahrmachen konnte, fühlte sie Devlins
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