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Nacht der Stachelschweine: Laura Gottbergs erster Fall

Nacht der Stachelschweine: Laura Gottbergs erster Fall

Titel: Nacht der Stachelschweine: Laura Gottbergs erster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felicitas Mayall
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erreichbar sind …», Becker räusperte sich und machte eine Pause. «Es gibt da eine Sache, die eigentlich nur Sie übernehmen können, Laura. Natürlich mit Unterstützung von Baumann.»
    «Wir arbeiten gerade an der Identifizierung einer Toten. Es besteht der Verdacht einer Fremdeinwirkung!», sagte Laura abwehrend.
    «Wir haben ja noch ein paar andere Mitarbeiter im Dezernat, nicht wahr? Meine Angelegenheit kann nicht warten. Ich habe heute Nachmittag ein Hilfeersuchen der Polizei in Siena bekommen. Es geht um eine Tote aus  München und eine mysteriöse Gruppe von Deutschen, die irgendwie damit zu tun haben. Die Kollegen wollen nicht mit einem Dolmetscher arbeiten, sondern mit jemandem von uns, der Deutsch und Italienisch kann. Und das sind Sie, Laura. Sonst gibt es keinen! Ich habe zugesagt, schließlich ist die Zusammenarbeit der Polizei in Europa sehr wichtig! Sie müssten also morgen, spätestens übermorgen nach Italien fahren!»
    «Wie können Sie zusagen, ohne mich zu fragen?» Lauras Stimme klang scharf.
    «Weil ich Ihr Vorgesetzter bin!», gab Becker ebenso scharf zurück. «Ihre Kinder sind nicht mehr so klein, Laura. Bei Ihren Fähigkeiten müssen Sie auch international einsetzbar sein. Das sage ich Ihnen schon seit einem Jahr!»
    Laura schwieg. Sie konnte unmöglich weg. Nicht so sehr wegen Sofia oder Luca – es war Vater, ihr drittes Kind. Seinetwegen hatte sie in diesem Jahr sogar auf eine Urlaubsreise verzichtet und die Kinder mit ihrem Exmann weggeschickt.
    «Sind Sie noch da?», fragte Becker.
    «Ja. Aber ich weiß wirklich nicht, wie ich das so schnell organisieren soll!»
    «Sie werden es organisieren, Laura! Das ist eine Dienstanweisung … oder, weniger nett ausgedrückt, ein Befehl. Sie fahren übermorgen. Einen Tag gebe ich Ihnen! Einzelheiten erfahren Sie morgen im Präsidium. Gute Nacht!»
    Becker hatte aufgelegt. Einfach so. Laura knipste das Licht aus und kehrte auf den Balkon zurück. Es gab keinen Turm am Meer für sie, nur eine Leiche in der Toskana. Und Becker hatte ausnahmsweise Recht. Vater würde ein paar Tage lang ohne sie auskommen müssen. Sofia und Luca konnten zu ihrem Papa gehen. Laura sprang auf, ging in die Küche, schaltete das Licht wieder an und griff erneut nach dem Telefon.

D ie Carabinieri hatten Giuseppe Rana nach Siena gebracht, obwohl sie ihn lieber in Montalcino behalten hätten. Maresciallo Pucci hatte sogar ernsthaft darüber nachgedacht, ob er sich der Anweisung des Commissario widersetzen sollte, denn immerhin gab es auch in Montalcino einige kleine Zellen, und es war beschämend, so deutlich darauf hingewiesen zu werden, dass man nur Provinzpolizei sei. Natürlich war es bequemer, den mutmaßlichen Mörder loszuwerden. Die Station in Montalcino war unterbesetzt. Trotzdem schmerzte es Pucci, denn abgesehen von einem Bauern, der im Zorn seine Frau erschlagen hatte, war seit Jahren kein Mordfall in der Umgebung von Montalcino vorgekommen. Der Untersuchungsrichter hatte einen vorläufigen Haftbefehl für Giuseppe Rana ausgestellt – er sollte so lange gelten, bis die Kriminaltechniker nachweisen konnten, dass die Stiefelspuren und Wollfäden tatsächlich von dem Bauernjungen stammten.
    Bürokratenkram, dachte Pucci. Für ihn stand fest, dass Rana die Deutsche umgebracht hatte. Er kannte den Jungen. Es hatte mehrmals Beschwerden über ihn gegeben, weil er Frauen belästigte. Wenn es nach Pucci gegangen wäre, hätte man den Burschen schon längst in einer Anstalt verwahrt. Aber die neuen italienischen Gesetze ließen es nicht zu. Geistig Behinderte durften überall herumlaufen! Wenn etwas passierte, dann schrien zwar alle, aber nach kurzer Zeit war die Angelegenheit wieder vergessen, und nichts änderte sich. Pucci hatte den Verdacht, dass es bei den liberalen Gesetzen für psychisch Kranke und geistig Behinderte wieder einmal nur darum ging, dem Staat eine Menge Geld zu sparen und sich vor der Verantwortung zu drücken.
    Und so hatte er Rana in Siena abgegeben und war am Ende ganz froh darüber, denn auf diese Weise kam er um ein Verhör herum, das nichts bringen würde, und vor allem um das Schreiben eines zusätzlichen Berichts. Er hatte genug mit den Deutschen zu tun.
    Am Abend betrat daher Commissario Guerrini Ranas Zelle, denn die Beamten konnten den jungen Mann nicht dazu bewegen, aus dem Winkel zu kommen, in den er sich verkrochen hatte. Guerrini hatte ihnen jegliche Gewaltanwendung verboten, und so konnten sie den Commissario nur zu Rana führen

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