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Nacht der Stachelschweine: Laura Gottbergs erster Fall

Nacht der Stachelschweine: Laura Gottbergs erster Fall

Titel: Nacht der Stachelschweine: Laura Gottbergs erster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felicitas Mayall
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senkte den Kopf. Die Italiener, dachte sie. An allem sind die Italiener schuld. Becker schiebt wieder einmal die Verantwortung auf andere ab.
    «Wir müssen mehr über den Tod des Mädchens wissen, ehe wir zu den Eltern gehen können», sagte sie leise.
    «Ich habe die E-Mail ausdrucken lassen. Mehr weiß ich auch nicht! Das Sekretariat hat die Adresse der Eltern besorgt!»
    Das Sekretariat, dachte Laura. Das Sekretariat und die Italiener. Becker ist ein arroganter Trottel!
    Als sie kurz darauf das Zimmer ihres Vorgesetzten verließen, stieß Baumann sie freundschaftlich an.
    «Immerhin darfst du nach Italien. Ich werde doch einen Sprachkurs an der Volkshochschule machen. Vielleicht  kann ich dann auch ab und zu aus dem Dunstkreis unseres wunderbaren Chefs verschwinden.»
    Laura lächelte.
    «Versuch’s nicht mit Italienisch oder Französisch. Dazu bist du zu alt. Polier lieber dein Englisch auf.»
    «Du bist richtig charmant heute Morgen», brummte Baumann und stopfte einen Zipfel seines lila Hemds in die Hose. «Soll ich unseren Besuch bei den Eltern der Toten anmelden?»
    Laura schüttelte den Kopf.
    «Gönn ihnen noch ein paar Stunden Ruhe. Danach …», sie senkte den Kopf, «… danach werden sie keine mehr haben.»
    Baumann zog die Schultern hoch und steckte beide Hände in seine Hosentaschen.
    «Scheißjob, was?», murmelte er.
    «Scheißjob!», sagte Laura.

D ie E-Mail aus Siena war ziemlich lang für eine offizielle Nachricht. Laura las sie zweimal, ehe sie das Blatt an Baumann weiterreichte, doch der gab es ihr gleich zurück.
    «Sieht aus wie Italienisch. Kannst du mir erklären, seit wann der Chef Italienisch versteht?»
    Die Sekretärin lachte auf.
    «Er hat es sich übersetzen lassen. Schriftlich. Aber das Blatt hat er für sich behalten!»
    «Aha!», sagte Baumann.
    «Entschuldige!» Laura dehnte vorsichtig ihre Schultern. In ihrem Nacken breitete sich eine schmerzhafte Verspannung aus. «Ich hab einfach nicht daran gedacht … Hör zu: Sehr geehrte Kollegen. Die Questura von Siena  ersucht Sie höflich um Ermittlungshilfe in einem Mordfall, der sich am 22. September bei Montalcino ereignet hat. Die Tote ist eine junge Frau aus München, Carolin Wolf. Sie starb an einer Kopfverletzung und wurde tot in einem Bachbett aufgefunden. Es handelt sich eindeutig nicht um einen Unfall, da die Tote von einem Unbekannten in ein Versteck geschleift wurde. Da eine größere Gruppe von Deutschen gehört werden muss, benötige ich einen Ihrer Kollegen zur Unterstützung. Vielleicht gibt es in Ihrem Dezernat jemanden, der die Sprachkenntnisse besitzt, um unsere Ermittlungen zu unterstützen, und außerdem Ahnung von Meditations- und Selbsterfahrungsgruppen hat. Das klingt vermutlich recht kompliziert, doch der Fall scheint mir nicht ganz einfach zu liegen. Ich hoffe auf Ihre umgehende Antwort. Bitte kümmern Sie sich außerdem um die Familie der Toten und übermitteln Sie den Eltern die Anteilnahme der italienischen Polizei. Mit freundlichen Grüßen Commissario Angelo Guerrini.»
    Laura betrachtete nachdenklich das Papier in ihren Händen.
    Angelo Guerrini, dachte sie, der kriegerische Engel. Was für ein Name, einfach umwerfend.
    «Hier ist die Adresse der Eltern! Ich hab sie schon für euch rausgesucht.» Die Sekretärin legte einen Zettel auf den Schreibtisch. «Manchmal bin ich richtig froh, dass ich nicht in eurer Haut stecke.»
    «Nur manchmal?», fragte Baumann.
    «Ja, nur manchmal. Meistens beneide ich euch, dass ihr nicht ständig in diesem stickigen Büro hocken müsst, sondern draußen arbeiten könnt. Ich hab mir sogar schon überlegt, ob ich nicht eine Ausbildung bei der Polizei machen sollte. Wenn ich mir vorstelle, dass Laura nach Italien fahren kann – dienstlich! Und ohne den Chef! Einfach traumhaft!»
    Baumann griff nach dem Zettel und starrte sie an.
    «Mach ja keine Ausbildung! Wie sollen wir ohne dich zurechtkommen? Du bist die beste Sekretärin, die wir je hatten, Claudia!»
    Claudia zwickte sich mit zwei Fingern in die Nase und schniefte.
    «Sag’s noch einmal, Sam! Ich werd’s auf Tonband aufnehmen!»
    «Ich kann’s dir auch schriftlich geben!», grinste Baumann.
    «Ich auch!», fügte Laura hinzu. «Aber lass uns jetzt losgehen. Ich muss noch eine Menge erledigen. Die Kinder holt heute Abend mein Exmann. Aber ich mache mir Sorgen um meinen Vater. Er will sich nur von mir betreuen lassen. Ich bin völlig ratlos!»
    Peter Baumann fuhr mit den Fingern durch sein strubbeliges Haar

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