Nacht der Versuchung
putzte er die Zimmer, später kochte er und ganz zuletzt überraschte ihn Fred im Bett der Doña.
Es gab ein wüstes Gezeter, Geschrei und Ohnmachtsanfälle. Pommer und del Porto verprügelten sich im Garten, was Pommer nicht gut bekam. Schließlich nahm die üppige blonde Dora einen Reiserbesen, bearbeitete Pommer damit Gesicht und Rücken und schrie: »Scher dich weg, du Saukerl! Nur auf mein Geld hast du's abgesehen! Glaubst du, ich weiß nicht, daß du dich im Hafen mit anderen, jüngeren Weibern triffst? Raus! Und wenn du wiederkommst, soll José dich totschlagen!«
So endete für Pommer das große Abenteuer, von dem er glaubte, es sei seine Lebensversicherung. Nach diesem Vorfall konnte es ihm niemand übelnehmen, daß er Spanien und die Spanier insgesamt hassen lernte und so schnell wie möglich die Insel Mallorca verließ, schon, um José nicht mehr in die Hände zu fallen, der mit ›muerte‹ drohte.
So stand Fred Pommer nun, mittellos wie eh und je, wieder in der Halle des Hamburger Bahnhofs, soeben aus Marseille kommend, mit den letzten Geldstücken, die er noch vor dem Krach hatte aus Doras Bankkonten ziehen können.
Ein abgerissener Vagabund der Liebe.
In seinem Koffer hatte er zwar noch drei Blankoschecks, aber was nützten sie ihm jetzt? Dora hatte bestimmt alle Konten sperren lassen, und der Bankbeamte würde die Schecks einziehen und vor seinen Augen durchstreichen. Eine Demütigung, die Pommer nicht auch noch auf sich nehmen wollte. Außerdem wußte er, daß eine Strafanzeige gegen ihn lief. Er durfte also in Hamburg nicht offiziell auftauchen. Ihm blieb nichts übrig, als das Leben eines Menschen im Niemandsland zu führen – so lange wenigstens, bis er eine Frau gefunden hatte, die ihn mit Geld und Liebe wieder auf angenehmere Pfade führte.
Fred Pommer meldete sich zunächst dort, wo er mit Bestimmtheit wußte, daß er sicher war: Er rief seine Cousine Ursula Fürst an. Gleich vom Bahnhof, von einem Münzfernsprecher aus.
»Hallo, Cousinchen!« sagte er mit seiner warmen Stimme. »Hier ist dein erstes Erlebnis. Spanien war mir zu heiß, es trocknet die Haut zu sehr aus. Und ich weiß noch, wie sehr ihr Frauen eine weiche Haut schätzt.«
Ein paar Sekunden lang antwortete niemand. Dann sagte Ursula Fürst abweisend: »Was willst du, Schuft?«
»Nicht viel. Ein Dach über dem Kopf, ein Bett, in dem ich schlafen kann – allein, bitte! – einen Teller Suppe und Klopapier, um der Hygiene des zwanzigsten Jahrhunderts zu entsprechen.«
»Laß diese Blödheiten! Du bist also abgebrannt?«
»Total. Nur der Dachstuhl steht noch … und Pommers Köpfchen ist berühmt, nicht wahr?«
»Komm in einer Stunde.« Ursula Fürst sprach knapp und abgehackt. »Du kannst in der Gartenlaube schlafen. Meine Eltern sind heute zu einer bekannten Familie eingeladen. Aber benimm dich anständig. Ich werde mich verloben. Zu Weihnachten.«
»Reich?« fragte Pommer und grinste gegen die Scheibe der Telefonzelle.
»Wohlhabend. Aber mach dir keine Hoffnungen. Ich habe meinem Verlobten alles erzählt. Auch von dir. Er weiß alles. Und er kann dir höchstens alle Knochen brechen; das hat er sowieso vor, wenn er dich trifft.«
»Danke.« Pommer schob die Unterlippe vor. »Mein Bedarf an Auseinandersetzungen ist gedeckt. Ich habe mir vorgenommen, ein anderes Leben zu führen.« Er hörte Ursulas höhnisches Lachen und schlug mit der Faust gegen die Zellenwand. »Lach nicht, du dämliche Ziege!« schrie er. »Ich habe die Weiber satt bis zum Kragenknopf!«
»In Männerkreisen wirst du es schwerer haben, Bubi«, sagte Ursula anzüglich. »Aber wie es auch ist: Du kannst schließlich nicht in der Gosse schlafen, obgleich du da hingehörst. Komm in einer Stunde, wenn Vater und Mutter weg sind. In der Gartenlaube kannst du bleiben, bis du was anderes hast.«
So kam Pommer an diesem Abend nach langer Zeit wieder in das Haus des Reeders Johann Fürst. Ursula ließ ihn durch ein Gartentor ein und führte ihn durch den Keller in die Villa und hinauf auf ihr Zimmer. Dort warf sich Pommer auf die Couch, legte die Beine hoch und atmete tief aus.
»Du bist im letzten Jahr ein tolles Weib geworden, Usch«, sagte er und musterte seine Cousine. »Was so die Liebe alles macht!«
»Blöder Hund!« Ursula schob ihm einen Teller mit Butterbroten hin und eine Flasche Bier. »Was war in Mallorca? Erzähle! Sie hat dir einen Tritt gegeben?«
»Laß Mallorca ruhen.« Pommer sah auf seine Uhr. »Jetzt steigt José ins Bett und bewegt
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