Nacht der Versuchung
muß weg, dachte sie dabei. Er darf nicht hierbleiben, ich habe Angst … vor ihm … und vor mir selbst …
Der Schäfer nickte. »Ich sage dem Doktor, daß es eilt. Gute Nacht, Frau Blankers.«
Margit blieb noch an der Tür stehen, bis der Schäfer und die lange Kette der ihm nach trottenden Heidschnucken von der Dunkelheit aufgesaugt wurden. Dann seufzte sie, ging ins Haus zurück und trat in die Kammer.
Fred Pommer lag auf dem Rücken und sah sie mit seinen hellen blauen Augen an. Margit empfand diesen Blick wie eine unverschämte Berührung. Sie spürte, wie ihr Herz anfing zu hämmern.
»Was willst du hier?« fragte sie heiser.
»Komm rein und mach die Tür zu, Kleines.«
»Laß diesen Ton. Ich bin Frau Blankers und wüßte nicht …«
»Aber was soll denn der Quatsch, Margit? Der Medizinmann ist weg, dein alter Hausdrachen in der Küche. Wir können ungestört und vernünftig miteinander sprechen.«
Er setzte sich, griff in die Hosentasche, zündete sich eine Zigarette an und machte einen tiefen Zug. »Du bist pummeliger geworden, Süße«, sagte er dann. »Bekommst du ein Kind?«
»Ja!« antwortete Margit steif. Ekel würgte sie, Ekel und Angst.
»Gratuliere! Der Erbe der Blankers-Werke! Bist du ein tüchtiges Mädchen.« Pommer lehnte sich gegen die Holzwand und tastete vorsichtig über seine Kopfwunde. »Als Frau eines Millionärs …«
»Du willst also Geld?« unterbrach sie ihn. »Du willst mich erpressen?«
»Aber nein, mein Engel!« Pommer lachte. »Ich bin doch kein Krimineller! Ich finde nur, daß meine wahren Fähigkeiten noch nie richtig ausgeschöpft wurden. Mit anderen Worten: Ich suche einen Job! Darum will ich mit dir sprechen. Dein Mann ist der Chef einer großen Fabrik. Sollte sich dort kein Arbeitsplatz für mich finden?«
»Arbeit? Du?« Margit verzog den Mund.
»Du hast es erfaßt, Kleines. Erstens bin ich gelernter Kaufmann, wenn das auch lange her ist. Zweitens laufen ohnehin in jedem größeren Betrieb eine Menge Direktoren und Abteilungsleiter herum, die nicht wissen, wie sie ihre Bürozeit hinter sich bringen sollen. Auf einen mehr oder weniger kommt es da nicht an. Drittens haben wir beide eine süße gemeinsame Erinnerung, und die soll ja wohl weiter unter uns bleiben, oder? Du solltest mich also schon im eigenen Interesse deinem Mann warm ans Herz legen.«
»Ich glaube, du bist irrsinnig«, sagte Margit leise. »Eher sage ich Klaus alles.«
»Alles?«
»Bis ins letzte!« Margit begann zu zittern. »Das ist immer noch besser, als mich von dir ein Leben lang erpressen zu lassen.«
Pommer beobachtete Margit lauernd. Ob sie zu so einem Geständnis wirklich fähig wäre?, dachte er. Um Gottes willen, bloß das nicht! Das wäre das Ende meiner Pläne. Wenn Margit sich durchringt, ihrem Mann alles zu gestehen, kann ich einpacken.
Er beschloß, die Taktik zu wechseln. »Denken wir doch mal logisch, Kleines«, sagte er ernst. »Was hat es für einen Sinn, wenn wir beide uns anblaffen wie zwei wütende Pekinesen? Die Situation ist klar: Du bekommst ein Kind. Es wird der ganze Stolz deines Mannes sein, der Erbe eines Millionenvermögens. Welch eine Enttäuschung wäre es für deinen Klaus, wenn er durch dich oder durch mich erführe, was damals in dem Ferienhaus an der Ostsee passiert ist?«
Er machte eine Pause. Seine Augen ließen Margit nicht los. Hellblaue, bohrende, faszinierende Augen. Jetzt lächelte er. »Aber ich will ja gar kein Schweigegeld von dir, Margitchen. Du sollst mir nur helfen, wieder Boden unter die Füße zu bekommen. Vermittle mir eine anständige Stellung bei deinem Mann, und du bist mich ein für allemal los.«
»Unmöglich. Wie soll ich es ihm sagen? Woher sollte ich dich überhaupt kennen?«
»Durch einen tragischen Unfall in der Heide. An einem finsteren Abend hat man einen fremden Mann zu dir in die Heidekate gebracht. Du hast dich mit ihm unterhalten und dabei entdeckt, welch ein wertvoller Mensch da vom Himmel gefallen ist.« Pommer lachte leise. »Du hast ja genug Zeugen für diesen Zufall. Deine Haushälterin, den Schäfer und der Arzt, der morgen früh kommt. Dein Mann wird keinen Verdacht schöpfen.«
Margit schüttelte den Kopf. »So wird es immer weitergehen«, sagte sie gepreßt. »Nie wirst du mich in Ruhe lassen. Immer wirst du mit neuen Forderungen kommen …« Sie ballte die Fäuste und preßte sie gegen den Mund, als müßte sie einen Schrei zurückdrängen.
»Bitte, Margit!« Pommer erhob sich vom Bett und stellte sich. Er war
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