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Nacht des Flamingos

Nacht des Flamingos

Titel: Nacht des Flamingos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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gelitten. Zuviel für einen so jungen Menschen.«
      Miller nickte, unfähig einen Ton hervorzubringen. Wieder schnürte ihm dieses seltsame Gefühl der Trockenheit die Kehle zu. Er wandte sich rasch ab.
      »Nick«, rief Murray ihm nach, als er zur Tür ging. Miller drehte sich um. »Halten Sie mich auf dem laufenden.«
    »Werd' ich machen«, versprach Miller.
    Dann schwang die Tür hinter ihm zu.
      Als er in den trüben Morgen hinaustrat, kam Jack Brady ihm entgegen.
      »Grant meinte, Sie könnten Hilfe gebrauchen. Sind Sie mit der Autopsie fertig?«
      »Ja.« Miller nickte. »Murray meint, sie muß so gegen ein Uhr ins Wasser gegangen sein. Sie war übrigens schwanger.«
    Brady nickte ruhig.
    »Sonst noch etwas?«
    »Sie war rauschgiftsüchtig. Heroin.«
    »Das müßte uns eigentlich weiterhelfen.« Brady zog einen braunen Umschlag aus der Tasche seines Mantels. »Ich habe mich inzwischen bei der Spurensicherung erkundigt. Sie werden ihren Bericht bis Mittag fertig haben. Hier sind die Fotos.«
      Miller öffnete den Umschlag und sah sich die Aufnahmen an, die darin enthalten waren. Die Fotografen verstanden ihr Handwerk, das mußte man ihnen lassen. Sie hätte beinahe lebendig sein können. Brady nahm eines der Fotos zur Hand und betrachtete es stirnrunzelnd.
    »Tragisch. Sie muß ein reizendes Mädchen gewesen sein.«
    Miller steckte die anderen Aufnahmen ein.
      »Ich glaube, ich werde Doktor Das mal einen Besuch abstatten. Er kennt so ziemlich jeden Rauschgiftsüchtigen in der Stadt.«
    »Und was soll ich machen?«
      Miller nahm das goldene Medaillon aus seiner Brusttasche und reichte es dem Wachtmeister.
    »Sie sind doch ein guter Katholik, nicht wahr, Jack?«
    »Ich gehe hin und wieder in die Kirche.«
      »Das Mädchen tat es vielleicht auch. Auf der anderen Seite des Medaillons ist eine Gravierung. Klappern Sie mal die verschiedenen Gemeinden ab. Vielleicht erkennt jemand sie nach dem Foto. Vielleicht erinnert man sich sogar an das Medaillon.«
    »Und wer zahlt meine Absätze?« beschwerte sich Brady.
      »Spesen für den Schuster sind im Gehalt inbegriffen. Ich setze Sie an der Kirche ab, wenn Sie wollen.«
      Sie stiegen in den Wagen. Brady warf noch einmal einen Blick auf die Fotografie des Mädchens, ehe er sie einsteckte. Er schüttelte den Kopf.
      »Es ist so sinnlos, finden Sie nicht? Können Sie sich vorstellen, wie bedrückend es da unten an den Docks um Mitternacht sein muß?«
    »Furchtbar«, murmelte Miller.
    Brady nickte. »Eines steht fest. Nur die Verzweiflung kann sie
    dazu getrieben haben. Ich möchte nur wissen, was dahintersteckt.«
    »Ich auch, Jack«, erwiderte Miller. »Ich auch.«
    Dann gab er Gas und fuhr los.

    Rauschgiftsüchtige gehören sicherlich zu den schwierigsten Patienten. Und doch hatte sich Dr. Lal Das auf dieses Gebiet spezialisiert. Er war ein hochgewachsener, magerer Inder, in seinem Fach eine international anerkannte Kapazität, der sich nicht davon abbringen ließ, seine Praxis, die er sich in einem der weniger idyllischen Viertel der Stadt aufgebaut hatte, weiterzuführen.
      Er hatte eben die Morgensprechstunde abgeschlossen und trank in seinem Sprechzimmer Kaffee, als Nick Miller hereingeführt wurde. Dr. Das lächelte und deutete auf einen Sessel.
      »Was für eine nette Überraschung. Wie wär's mit einer Tasse Kaffee?«
    »Gern, danke.«
      Das trat zu einem Sideboard und kehrte mit einer zweiten Tasse zurück.
    »Ein Freundschaftsbesuch?«
      »Leider nein.« Miller zog eine der Fotografien heraus. »Haben Sie das Mädchen schon einmal gesehen?«
    Das schüttelte den Kopf.
    »Wer ist sie?«
      »Das wissen wir nicht. Ich habe sie heute morgen aus dem Fluß gezogen.«
    »Selbstmord?«
    »Ja«, bestätigte Miller. »Professor Murray hat eine Autopsie vorgenommen. Er stellte fest, daß sie etwa eine halbe Stunde vor ihrem Tod Rauschgift genommen hat.«
    »Was für eine Dosis?«
    Miller beantwortete die Frage gewissenhaft.
      »Dann kann sie noch nicht lange süchtig gewesen sein. Die meisten meiner Stammpatienten sind bei der doppelten oder dreifachen Menge Heroin angelangt. Waren an ihrem Arm die üblichen Spuren festzustellen?«
    »Nur einige.«
      »Das scheint meine Theorie zu bestätigen.« Das seufzte. »Wirklich tragisch. Sie muß ein reizendes Mädchen gewesen sein.« Er reichte Miller die Aufnahme zurück. »Es tut mir leid, daß ich Ihnen nicht helfen kann. Haben Sie denn gar keine Ahnung, wer sie sein

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