Nacht-Mähre
mag.«
»Ichabod meint, daß Xanth wie ein mittelalterliches Königreich sei«, sagte Imbris Traumgestalt. »Er glaubt, daß der Fortschritt irgendwann einmal auch Frauen gleiche Rechte wie Männern einräumen wird.«
»Wie geht es dem König?«
War dies nun ein gewollter Themenwechsel oder das Produkt eines übermüdeten Geistes? Imbri musterte den König. »Unverändert.«
»Weißt du, ich habe ihn nur geheiratet, um Königin zu werden. Wenn man selbst nicht herrschen kann, dann ist das Nächstbeste eben, denjenigen zu heiraten, der es darf. Es war eine Zweckheirat, wir haben einander nie vorgemacht, daß es zwischen uns so etwas wie Liebe gäbe. Er mußte heiraten, weil der Ältestenrat, der ihn zum König gemacht hatte, dies von ihm verlangte. Er hat es getan, um damit einen Streit auf Magierebene zu beheben.«
»Aber…«
»Ich habe meine Fehler, und es sind auch sehr große darunter«, fuhr die Königin fort, »aber eine Heuchlerin bin ich niemals gewesen. Ich habe mich mehr als alles andere nach Macht gesehnt, und auch König Trent wollte Macht. Aber er wollte nicht ein zweites Mal heiraten, und als er es doch mußte, hat er sich geweigert, es aus Liebe zu tun. Also hat er das Geschäft mit mir gemacht, da ich nun einmal nicht sehr liebenswert war. Das war vielleicht ein Vorzug von mir, der ebenso groß war wie meine Magie. Wenn seine verstorbene mundanische Frau uns zugesehen hätte, hätte sie schnell gemerkt, daß ich sie in seiner Wertschätzung nicht verdrängen konnte. Im Grunde hat er sich selbst bestraft. Ich wußte es – aber die Wahrheit ist, daß ich genausowenig auf Liebe aus war. Deshalb genügte es mir, mich für den Schein der Macht und der Auszeichnung zu prostituieren – obwohl es keine Prostitution im eigentlichen Sinne war, denn er empfand keinerlei körperliches Verlangen nach mir.«
Imbri waren diese Enthüllungen äußerst peinlich, aber sie mußte feststellen, daß die Königin sich im Schlaf entspannte, so daß lange verdrängte Wahrheiten nun wieder an die Oberfläche kamen. Es war wohl das beste, sich nicht einzumischen. »Pferde streben auch nicht nach Liebe«, meinte sie. »Nur nach Kameradschaft und Nachkommenschaft und gutem Weideland.«
Die Königin lachte. »Wie schön du das definieren kannst, Nachtmähre. Das war es auch, was ich zusätzlich zur Macht suchte. Und König Trent hat mir all diese Dinge beschert, wenn auch auf seine Weise. Ich habe keinen Grund zur Klage. In seiner Jugend kannte man ihn als den Bösen Magier, doch tatsächlich war er ein guter Mensch. Ist ein guter Mensch.«
»Und ein guter König«, stimmte Imbri ihr zu. »Soweit ich gehört habe, ist dies das beste Zeitalter Xanths seit der Herrschaft von König Roogna gewesen.«
»Das stimmt. König Roogna hat die Vierte oder Fünfte Welle bekämpft, ich weiß nicht mehr genau, welche es war, und danach das goldene Zeitalter Xanths eingeleitet. Er hat dieses prächtige Schloß erbaut. Wir nennen unseres das silberne Zeitalter, aber ich nehme an, daß es wohl genauso golden ist wie das andere.« Nachdenklich hielt sie inne. »Es ist seltsam, wie sich die Dinge oft entwickeln. Ich habe König Trent aus Verachtung heraus geheiratet, weil ich glaubte, ihn benutzen zu können, um selbst Macht zu bekommen. Aber es stellte sich heraus, daß er stärker und besser war, als ich gedacht hatte, und anstatt ihn zu beherrschen, beherrschte er statt dessen mich. Und was das merkwürdigste daran war – ich stellte plötzlich fest, daß mir das sogar gefiel! Ich hätte ihn lieben können… aber die eine große Liebe seines Lebens starb bereits, bevor er nach Xanth zurückkehrte. Er hatte übrigens auch einen Sohn. Irgendeine fremdländische Krankheit hat sie beide hinweggerafft. Er hätte sich schuldig gefühlt, wenn er jemals wieder geliebt hätte. Und so blieb er seinem Wesen treu, während ich dem meinen untreu wurde. Wie ich diese unbekannte, verstorbene mundanische Frau beneidet habe!«
»Aber Ihr habt doch ein Kind von ihm!« protestierte Imbri.
»Das heißt weitaus weniger, als man meinen sollte«, erwiderte die Königin. »Xanth brauchte einen Thronfolger für den Fall, daß es nach dem Tod Trents keinen Magier geben sollte, bis wieder ein neuer Magier auftauchte. Also mußte Trent zu mir kommen. Die Sache hat ihn derart mitgenommen, daß ich meine Illusion ins Spiel bringen mußte, so daß wir wie zwei ganz andere Leute aussahen, nicht wie er und ich. So haben wir Irene gezeugt!«
Imbri war
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