Nacht ohne Ende
rief sie unter Tränen.
»Nun komm schon, Donna. Dauert keine zwei Sekunden, und dann bin ich wieder verschwunden. Es ist noch nicht ganz elf. Nun mach endlich, schließ die Tür auf.«
»Ich kann nicht!« Sie rappelte sich vom Boden hoch, während ihre Stimme gleichzeitig zu einem richtiggehenden Kreischen anschwoll. »Er hat 'ne Kanone, und er wird uns alle umbringen!« Sie ließ sich hinter den Tresen fallen.
»Scheiße!«
Tiel wusste nicht, von welchem Mann der Kraftausdruck gekommen war, aber er drückte genau das aus, was sie dachte. Sie dachte auch, wenn Ronnie Davison nicht Donna die Kassiererin erschoss, würde sie es vielleicht einfach selbst tun.
Der Mann an der Tür wich hastig zurück und stolperte dann, als er kehrt machte und zu seinem Wagen zurückrannte. Reifen quietschten, als das Fahrzeug rückwärts schoss, dann einen Bogen beschrieb und auf den Highway brauste.
Der alte Mann bat flehend: »Bitte tun Sie meiner Frau nichts. Ich bitte Sie inständig, tun Sie Gladys nicht weh. Bitte tun Sie meiner Gladys nichts!«
»Sei still, Vern. Mir geht es gut.«
Ronnie schrie Donna an, wütend darüber, dass sie so unglaublich dumm gewesen war. »Warum haben Sie das getan? Warum? Dieser Typ wird die Polizei rufen. Wir werden hier drinnen in der Falle sitzen. Verdammt noch mal, warum haben Sie das getan?«
Seine Stimme war schrill vor Frustration und Furcht. Tiel dachte, dass er wahrscheinlich ebenso große Angst hatte wie der Rest von ihnen. Vielleicht sogar noch größere. Denn ganz gleich, wie diese Situation letzten Endes entschieden wurde, er würde sich nicht nur auf strafrechtliche Konsequenzen gefasst machen müssen, sondern auch auf Russell Dendys Zorn. Gott möge ihm beistehen.
Der junge Mann befahl der Kassiererin, hinter dem Tresen hervorzukommen und sich auf den Boden zu legen, wo er sie sehen konnte.
Tiel wusste nicht, ob Donna ihm gehorchte oder nicht. Ihre gesamte Aufmerksamkeit war auf das Mädchen konzentriert, das gerade in der Gewalt einer neuen Wehe war. »Drücken Sie meine Hand, Sabra. Atmen Sie.« War das nicht das, was Frauen in den Wehen tun sollten? Atmen? Das taten sie zumindest in den Kinofilmen. Sie schnauften, und sie keuchten, und... und sie schrien das ganze Haus zusammen. »Atmen Sie ganz ruhig, Sabra.«
»Hey, hey!«, kreischte Ronnie plötzlich. »Was zum Teufel fällt Ihnen ein? Gehen Sie sofort wieder zurück und legen Sie sich auf den Boden. Hey, ich meine es ernst!«
Dies war nun wirklich nicht der geeignete Zeitpunkt, um den äußerst nervösen und aufgeregten jungen Mann zu reizen, und Tiel hatte die Absicht, demjenigen, der das tat, zu sagen, dass er sofort damit aufhören sollte. Sie blickte hoch, aber der Vorwurf blieb unausgesprochen, als sich der Cowboy auf Sabras andere Seite kniete.
»Gehen Sie weg von ihr!« Ronnie rammte dem Cowboy den Lauf seiner Pistole gegen die Schläfe, aber dieser ignorierte sowohl die Waffe als auch die gebrüllten Drohungen des jungen Mannes.
Hände, die aussahen, als wären sie es gewohnt, mit Sattelzeug zu hantieren und Zaunpfosten einzuschlagen, wurden behutsam auf den Bauch des Mädchens gelegt. Sie massierten ihn sanft.
»Ich kann ihr helfen.« Seine Stimme war rau und kratzend, als hätte er lange Zeit nicht gesprochen, als hätte sich der Staub von West Texas auf seinen Stimmbändern angesammelt. Er blickte zu Ronnie auf. »Ich werde Doc genannt.«
»Sie sind Arzt?«, fragte Tiel.
Sein ruhiger Blick schweifte zu ihr, und er wiederholte: »Ich kann ihr helfen.«
3
»Sie fassen sie nicht an!«, befahl Ronnie grimmig. »Nehmen Sie Ihre verdammten Pfoten weg, sofort!«
Der Mann namens Doc fuhr ungerührt fort, den Bauch des Mädchens abzutasten. »Sie ist entweder im ersten oder im zweiten Wehenstadium. Ohne zu wissen, wie weit sich der Muttermund gedehnt hat, kann man nur schwer beurteilen, wie lange es noch dauern wird, bis das Baby zur Welt kommt. Aber ihre Wehen kommen in relativ kurzen Abständen, deshalb vermute ich -«
»Sie vermuten?«
Doc ignorierte Ronnie und tätschelte Sabra beruhigend die Schulter. »Ist dies Ihr erstes Baby?«
»Ja, Sir.«
»Sie können mich Doc nennen.«
»Okay.«
»Wie lange ist es her, seit Sie die Schmerzen zum ersten Mal bemerkt haben?«
»Zuerst hat es sich einfach nur komisch angefühlt, wissen Sie? Nein, ich schätze, das wissen Sie nicht.«
Er lächelte. »Ich habe keine persönlichen Erfahrungen damit, nein. Beschreiben Sie mir, wie es sich angefühlt
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