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Nacht ohne Ende

Nacht ohne Ende

Titel: Nacht ohne Ende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Brown
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Gedanke, im Ausland zu leben, war sehr verlockend. Ich stellte mir Paris oder London oder Rom vor. Aber leider beschränkten sich seine Wahlmöglichkeiten auf Südamerika oder Bosnien. Das war noch bevor die meisten Amerikaner auch nur von Bosnien gehört hatten. Der Kampf dort hatte gerade erst begonnen.«
    Gedankenverloren zupfte Tiel an einem losen Faden am Saum ihres T-Shirts. »Natürlich drängte ich ihn, sich für die ungefährlichere Alternative zu entscheiden - Rio. Unter anderem auch deshalb, weil ich ihn dorthin begleiten konnte. Mir behagte der Gedanke nicht, dass ich in den Staaten zurückbleiben sollte, während mein frisch angetrauter Ehemann in ein Kriegsgebiet ging, besonders in eines, wo die Grenzen verwischt waren und keiner so richtig wusste, auf wessen Seite er eigentlich stand.
    lohn entschied sich jedoch für die aufregendere der beiden Möglichkeiten. Er wollte dort sein, wo ordentlich was los war, wo er garantiert mehr Sendezeit bekommen würde. Wir stritten uns darüber. Heftig. Schließlich sagte ich: >In Ordnung, John, wie du willst. Dann geh. Lass dich umbringen^«
    Sie hob den Kopf und blickte Doc direkt in die Augen. »Und genau das hat er getan.«
    Seine Miene blieb ausdruckslos.
    Tiel fuhr gepresst fort: »Er war in ein Krisengebiet gegangen, in das Journalisten nicht gehen sollten - was mich nicht weiter überraschte«, fügte sie mit einem leisen Lachen hinzu. »Er war von Natur aus ein Abenteurer. Jedenfalls, er wurde von der Kugel eines Heckenschützen getroffen. Sie überführten seine Leiche nach Hause. Ich habe ihn drei Monate vor unserem ersten Hochzeitstag beerdigt.«
    Nach einer Weile sagte Doc: »Das ist hart. Es tut mir Leid.«
    »Tja, nun ja...«
    Sie schwiegen lange Zeit. Es war Tiel, die das Schweigen schließlich brach. »Wie ist es für Sie gewesen?«
    »In welcher Hinsicht?«
    »Beziehungen.«
    »Speziell...?«
    »Nun kommen Sie schon, Doc. Spielen Sie nicht den Dummen«, schalt sie ihn sanft. »Ich bin auch ganz offen zu Ihnen gewesen.«
    »Was Ihre Entscheidung war, nicht meine.«
    »Wir wollen doch fair bleiben. Erzählen Sie mir davon.«
    »Es gibt nichts zu erzählen«, erwiderte er brüsk.
    »Über Sie und Frauen?«, fragte sie ungläubig. »Das kaufe ich Ihnen nicht ab.«
    »Was wollen Sie denn hören? Namen und Daten? Angefangen womit, Miss McCoy? Zählt die High School schon, oder sollte ich mit dem College anfangen?«
    »Wie wär's mit der Zeit nach dem Tod Ihrer Frau?«
    »Wie wär's, wenn Sie sich um Ihre eigenen verdammten Angelegenheiten kümmern würden?«
    »Im Moment sprechen wir über Ihre verdammten Angelegenheiten«, erwiderte Tiel.
    »Nein, nicht wir. Sie reden darüber.«
    »Ich habe den Eindruck, dass es Ihnen in Anbetracht der Affäre Ihrer Frau noch immer schwer fällt, einer anderen Frau zu vertrauen.«
    Er presste die Lippen zu einer schmalen, wütenden Linie zusammen, was Tiel vermuten ließ, dass sie einen wunden Punkt bei ihm getroffen hatte. »Sie haben doch überhaupt keine Ahnung von -«
    Aber Tiel sollte nie von ihm erfahren, wovon sie seiner
    Ansicht nach keine Ahnung hatte, weil er genau in dem Moment von Donnas ohrenbetäubendem Schrei unterbrochen wurde.

12
     
    Kips Videoband lief auf zwei Bildschirmen gleichzeitig, und sämtliche Insassen des Transporters drängten sich vor den beiden Monitoren, um die Aufnahmen zu sehen. Einer der FBI-Agenten bediente das Steuerpult, um den Film auf Calloways Befehl hin anzuhalten.
    »Wo ist meine Tochter? Ich sehe Sabra nirgendwo.«
    Dendys Atem roch stark nach Alkohol, wie Calloway feststellte. Russell Dendy war in regelmäßigen Abständen hinausgegangen, um »ein bisschen frische Luft zu schnappen«. Anscheinend nahm der Millionär dabei mehr als nur Sauerstoff zu sich.
    »Geduld, Mr. Dendy. Wir müssen uns die Aufnahmen erst einmal zu Ende ansehen. Ich muss wissen, wer von den Beteiligten wo ist. Sobald ich mir einen Überblick über die Lage verschafft habe, spielen wir das Band noch einmal von vorn und halten es bei den Abschnitten an, die eine genauere Überprüfung erfordern.«
    »Vielleicht hat Sabra versucht, mir eine persönliche Botschaft zu übermitteln. So etwas wie ein Zeichen.«
    »Vielleicht«, lautete die unverbindliche Erwiderung des ranghöchsten Agenten.
    Seine Nase war nicht weiter als fünfzehn Zentimeter von dem Farbmonitor entfernt, als er sich Tiel McCoys einleitende Bemerkungen anhörte. Sie wirkte ziemlich ruhig und beherrscht, das musste er ihr lassen. Gelassen.

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