Nacht ohne Erbarmen
Sessel. »Tut mir leid, daß ich zu Ihrer Begrüßung nicht hier war. Ich muß jetzt drei- oder viermal in der Woche nach Gela. Sie wissen ja, wie es im Ölgeschäft zugeht.«
Das wußte ich nicht, aber Gela kannte ich, eine griechische Kolonie aus klassischer Zeit, in meiner Erinnerung ein freundlicher kleiner Küstenort auf der anderen Seite der Insel, mit ein paar archäologisch interessanten Ruinen. Ich fragte mich, wie die Bohrtürme und Raffinerien wohl in diese Landschaft passen mochten.
Rosa reichte mir einen großen Wodka mit Soda.
Sie schickte den Hausdiener weg und bediente uns selbst. Dann nahm sie unaufdringlich im Hintergrund Platz, was darauf hindeutete, daß Hoffer ihr völlig vertraute – in diesem Punkt hatte ich mich also geirrt.
Jedenfalls kam er ohne weitere Umschweife zum Geschäft lichen. »Mr. Wyatt, Oberst Burke hat Sie sehr für diesen Job empfohlen, deshalb haben wir uns auch so viel Mühe gemacht, Sie herauszuholen.«
»Das war wirklich sehr nett von Ihnen«, gab ich zurück. Alle konnten die Ironie in meiner Stimme hören.
Nur Hoffer spürte sie offenbar nicht, denn er fuhr fort: »Ich halte es nicht einmal für übertrieben, zu sagen, daß wir von Ihnen abhängig sind, mein Junge.«
Er legte mir die Hand aufs Knie. Das gefiel mir nicht. Seine Stimme bekam den Tonfall, wie man ihn bei einem amerikanischen Politiker aus dem Mittleren Westen oft findet, der einem klarmachen will, daß er doch auch nur ein schlichter, einfacher Bürger sei. Ich rechnete nun jeden Augenblick damit, daß er das alte Lied ›Ich-glaube-an-Sie-und-Ihre-Fähigkeiten‹ anstimmen würde. Das paßte mir ganz und gar nicht.
»Etwas sollten wir klarstellen, Mr. Hoffer: Ich bin für fünfundzwanzigtausend Dollar plus Auslagen hier, und zwar zahlbar im voraus.«
Er richtete sich mit einem Ruck auf und warf den Kopf zurück. Die Augen wurden zu zwei harten Splittern von eisblauem Glas. Ich erwartete, daß er gegen die Bedingungen angehen würde, weil Burke sich jetzt rasch und ehrlich besorgt einschaltete.
»Das tut mir wirklich leid, Mr. Hoffer, Stacey weiß nämlich nicht…«
Hoffer unterbrach ihn mit einer energischen Handbewegung. »Lassen Sie nur, ich mag Männer, die wissen, was sie wollen. Solange wir nur alle unsere Position im Auge behalten.«
Auch er war ein Mann – hart, tüchtig und mit dem Anflug von Rücksichtslosigkeit, den er wohl brauchte, um das zu erreichen, was er erreicht hatte. Selbst seine Bewegungen änderten sich. Er schnippte mit den Fingern, und Rosa Solazzo brachte ihm eilig einen neuen Drink.
»Die Hälfte im voraus«, sagte er. »Für Sie und Burke.«
»Und wenn es uns nicht gelingt, das Mädchen herauszu
holen?«
»Dann haben Sie eben einen Vorschuß.«
»Und die zwei anderen?«
»Ihre Sache.«
Burke machte ein finsteres Gesicht, wahrscheinlich in der Hauptsache deswegen, weil er beiseite gedrängt wurde. Er nickte zögernd, und das überraschte mich.
Jedenfalls schüttelte ich den Kopf und sagte zu Hoffer: »Das genügt mir nicht. Dieselben Bedingungen für Jaeger und Legrande, sonst gehen wir nicht.«
Er versuchte gar keinen Widerspruch. »In Ordnung. Sie bekommen einen Scheck, den Sie morgen in Palermo einlösen können, aber ausgestellt auf Oberst Burke. Er hält die Bank, bis diese Angelegenheit auf die eine oder andere Weise ausgestan den ist. Für mich ist das eine Art Versicherung, für den Fall, daß jemandem der Spatz in der Hand lieber ist.«
»Einverstanden.«
Burke schnaubte offenbar vor Wut, aber ich beachtete ihn nicht und leerte mein Glas. Rosa kam herüber, um mir ein neues zu bringen.
Hoffer fragte: »Können wir jetzt zum Geschäft kommen? Wie wollen Sie diese Sache anfassen?«
»Sie sind sicher, daß Serafino in der Cammarata ist?« fragte ich.
Er nickte. »Dort hat er mit Sicherheit sein Standquartier. Alle Informationen, die ich einholen konnte, bestätigen das. Ich denke, Sie kennen die Gegend?«
»Ich war schon dort. Es ist eine sehr wilde Gegend.«
»Das brauchen Sie mir nicht zu erzählen. Ich mußte allein hinauffahren, um die erste Zahlung zu leisten.«
»Und Sie sind ihm begegnet?«
»Serafino?« Er nickte. »Von Angesicht zu Angesicht, und zwar auf einer Brücke dieser angeblichen Hauptstraße in der Nähe eines Dorfes namens Bellona.«
»Was ist er für ein Mann?«
»Ich kann's Ihnen zeigen.« Er
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