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Nacht ohne Schatten

Nacht ohne Schatten

Titel: Nacht ohne Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisa Klönne
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Image unseres geschätzten Arbeitgebers. Hier, das hat Sanders für dich abgegeben. Arbeitsproben. Wollt ich dir gerade schicken.«
    Â»Frag mich, bevor du das nächste Mal meine Handynummer rausgibst.«
    Â»Dein Chef hat bereits grünes Licht gegeben.«
    Millstätt, na prima. Warum hat er ihr nichts davon gesagt, und, noch wichtiger, warum hat er sie nicht erst mal gefragt? Er lässt sie schuften und hält sich bedeckt. Judith reißt dem Pressesprecher die Klarsichthülle aus der Hand, stopft sie in ihre Umhängetasche. Wirft die Visitenkarte des Journalisten, die der Pressesprecher ihr hinhält, hinterher. Sie wird Sanders nicht anrufen, und wenn ihr das noch so viele Minuspunkte einbringt. Niemand kann sie dazu zwingen. Sie ist nicht das weibliche Aushängeschild der Mordkommission.
    Die Dienstwagen sind alle unterwegs, zwei Streifenkollegen fahren Judith zur Wohnung der Künstlerin Nada. Nanette Dannen heißt die mit bürgerlichem Namen und ist unter einer Adresse im Stadtteil Eigelstein gemeldet. Türkische Restaurants, Schmuckläden, Metzger dominieren hier das Straßenbild. Die Straßen sind eng, Tauben scharren in den Rinnsteinen, verschleierte Frauen huschen wie Schatten an den jugendlichen Möchtegernmachos vorbei, die mit ihren Mobiltelefonen protzen und den Studentinnen der nahe gelegenen Musikhochschule nachgaffen. Nada lebt in einem leicht baufällig wirkenden Haus, direkt über einem Döner-Imbiss. Ihr bürgerlicher Name ist auf ein Stück Klebeband neben dem Klingelknopf geschrieben. Judith klingelt, einmal, mehrmals, immer nachdrücklicher. Erst bei der Künstlerin, dann bei ihren Nachbarn, bis schließlich eine verschlafen klingende Frau durch die Gegensprechanlage antwortet und die Tür aufdrückt.
    Sie ist noch jung, etwa Mitte zwanzig, und lebt in der Wohnung neben Nada. Sie hält mit der linken Hand ihren seidenen Bademantel zu, während sie Judiths Dienstausweis inspiziert. »Patricia Lohmann« steht über der Klingel neben ihrer Tür. Auf ihrem Bademantel sind Blütenzweige und Schmetterlinge eingestickt.
    Â»Nada verreist manchmal für ein paar Tage«, nuschelt sie und gähnt.
    Â»Sagt sie Ihnen dann Bescheid?«
    Â»Manchmal. Meistens. Diesmal nicht.« Die Frau niest, fördert ein zerknülltes Papiertaschentuch aus ihrer Bademanteltasche zutage und schnäuzt sich ausgiebig. »Sorry, der Boden ist saukalt.« Sie deutet auf ihre nackten Füße. »Ich hab noch geschlafen, hab bis vier Uhr morgens bedient«, fügt sie hinzu.
    Â»Sie sind Kellnerin?«
    Â»Studentin. Aber von irgendwoher muss die Kohle ja kommen.«
    Â»Wie gut kennen Sie Nanette Dannen?«
    Patricia Lohmann gähnt erneut. »Wir sind Nachbarinnen, seit ich vor zwei Jahren hier eingezogen bin. Hängen manchmal zusammen ab, wenn es sich ergibt. Gießen gegenseitig unsere Blümchen, nehmen Pakete füreinander an, so was halt.«
    Â»Sie haben einen Schlüssel zu ihrer Wohnung?«
    Â»Ja.«
    Â»Ich würde gern einen Blick reinwerfen.«
    Â»Warum? Hat sie was verbrochen? Brauchen Sie dafür nicht so ein Durchsuchungsdingsda?«
    Kluges Kind. Judith zwingt sich zu einem Lächeln. »Ich will nur kurz nachsehen, ob alles in Ordnung ist.«
    Â»Wieso? Wo ist das Problem?«
    Â»Ich versuche seit Tagen, Nanette Dannen zu erreichen. Ich brauche ihre Aussage in Zusammenhang mit einer Mordermittlung, und zwar schnell. Aber sie ruft nicht zurück.«
    Â»Macht sie nie, wenn sie beschäftigt ist.« Patricia Lohmann niest erneut, zieht den rechten Fuß unter den Bademantel.
    Â»Kann es sein, dass sie in Kroatien ist?«
    Â»Im Januar? Das glaub ich nicht.«
    Â»Vielleicht gibt es in ihrer Wohnung einen Hinweis, wo sie sich aufhält«, sagt Judith.
    Â»Also gut, aber nur ein Blick.« Patricia Lohmann verschwindet in ihrem Flur und kommt kurze Zeit später miteinem Schlüssel in der Hand und neongrünen Filzpantoffeln an den Füßen zurückgeschlurft. Statt eines Gürtels hat sie sich einen Wollschal um den Bauch gebunden. Nadas Wohnungsschlüssel gibt sie nicht aus der Hand.
    Die Wohnung der Künstlerin besteht aus einer winzigen Schlafkammer, die fast vollständig von einer Zwei-mal-zwei-Meter-Matratze eingenommen wird, Flur, Miniküche und einem Wohnzimmer. Alles ist sauber und peinlich aufgeräumt. Der Flur ist mit Schränken vollgestellt,

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