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Nacht ohne Schatten

Nacht ohne Schatten

Titel: Nacht ohne Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisa Klönne
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einem gezielten Wurf in einen Abfalleimer, bevor er durch die Glaswand späht. Die Krieger sitzt in dem Vernehmungsraum und hat wieder den vom Tatverdächtigen zum möglichen Zeugen hinuntergestuften Obdachlosen am Wickel. Manni lehnt sich an die Glaswand, seine strapazierte, nach einer Sitzgelegenheit lechzende Beinmuskulatur ignorierend. Die Versuchung, sich einfach wieder vom Acker zu machen, ist groß, weil er keinen blassen Schimmer hat, was er Judith Krieger zu Millstätts Abfuhr sagen soll, ohne alles noch schlimmer zu machen. Aber sich zu verdrücken wäre feige und für die Ermittlungen ein Desaster, also schaltet er die Mithörfunktion ein und betrachtet seine Kollegin. Sie sieht aus, als habe sie sich seit der unseligen Konferenz am Morgen von nichts anderem als Kaffee und Zigaretten ernährt. Ihre widerspenstigen Locken bauschen sich um ihr Gesicht. Ob sie heute überhaupt schon mal eine Bürste gesehen haben, erscheint fraglich.
    Â»Beschreiben Sie noch einmal den Fahrgast, der über die Gleise kam«, fordert die Krieger von ihrem Gegenüber.
    Der Obdachlose Gregor Schmidt legt den Kopf zur Seite und schnieft. »Kleiner als ich. Er trug eine Jeans und einen Anorak mit Kapuze«, erwidert er ohne Zögern.
    Das ist tatsächlich eine vollkommen korrekte Beschreibungdes Mannes, den sie zunächst für den einzigen Zeugen hielten. Die Krieger macht sich eine Notiz.
    Â»Beschreiben Sie den Mann mit dem Messer.«
    Â»So ein feiner Pinkel im langen Mantel. Schwarze Wolle, stinketeuer, das hab ich gleich gesehen.«
    Â»Alter? Augen- und Haarfarbe?«
    Gregor Schmidts Augen flackern. Wieder zieht er gurgelnd Rotz hoch. »Keine Ahnung wie alt, ich hab das Gesicht nicht gesehen. Das Haar war aber dunkel, glaub ich. Alles picobello, Sie wissen schon, obwohl es doch wie Sau geschüttet hat.«
    Â»Was hatte er für eine Frisur?«
    Â»Weiß nicht genau. Kurz?«
    Â»Aber Sie sind sicher, es war ein Mann.«
    Â»Sag ich doch. Ja.«
    Â»Ganz sicher?«
    Â»Ja.«
    Â»Es könnte nicht auch eine groß gewachsene Frau gewesen sein?«
    Â»Machen Sie Witze?« Neuerliches Schniefen.
    Â»Beantworten Sie meine Frage«, befiehlt die Krieger.
    Â»Ich hab doch gesagt, es war ein Mann.«
    Â»Und das können Sie beschwören?«
    Â»Na ja, es war ja dunkel …«
    Die Krieger seufzt. »Würden Sie den Mann wiedererkennen? Oder die Frau?«
    Â»Möglich.«
    Â»Haben Sie ihn oder sie irgendwann schon einmal gesehen, vielleicht in der Nähe der S-Bahn-Haltestelle oder der Pizzeria Rimini?«
    Der Obdachlose verneint, schaltet wieder auf stur, als Mannis Kollegin erneut nach der Brandnacht zu fragen beginnt. Nein, er habe nirgendwo einen Rucksack versteckt. Nein, einen Unterschlupf habe er nicht. Nein, er kenne den toten S-Bahn-Fahrer nicht, auch nicht aus seiner wenig erbaulichen Jugend in Paderborn.
    Â»Das war’s dann für heute.« Die Krieger steht auf. Sie sieht kein bisschen deprimiert aus, wird Manni klar. Nur müde und stur, irgendwie auf Krawall gebürstet. Wie damals, als Millstätt sie beurlauben ließ.
    Sie mustert Manni, als sie den Flur betritt, doch wenn sie überrascht ist, ihn hier zu sehen, oder noch sauer wegen des Morgenmeetings, behält sie es für sich.
    Â»So spät noch hier?«
    Â»Was sollte das mit der Frau?« Manni pult seine Fisherman’s aus der Hosentasche. Pech gehabt: Die Tüte ist leer.
    Â»Die Petrowa sagt, die Stichwunden könnten auch von einer Frau verursacht worden sein, solange sie zwischen 1,80 und 1,85 Meter groß ist.«
    Â»Eine Frau?«
    Die Krieger zuckt die Schultern. »Es gibt so große Frauen.
Don’t blame me.
Ich bin nur die Botin.«
    Â»Judith, das heute Morgen …«
    Sie macht eine wegwerfende Handbewegung. »Vergiss es.«
    Vergiss es? Sie setzt sich in Bewegung, den Flur runter zu den Aufzügen. Er folgt ihr in die Aufzugkabine, wo sie verlegen aneinander vorbeiglotzen, dann ins Quartier der Kriminaltechnik.
    Â»Mit dem Messer sind wir noch nicht weiter, aber die Faseranalyse von Bergers Sweatshirt ist tatsächlich sehr interessant«, sagt Karin Munzinger, sobald sie Judith entdeckt. »Bitte schön«, sie deutet einladend auf ein Mikroskop. »Auf der Rückseite und im vorderen Halsausschnitt des Sweatshirts konnte ich eine auffällige Menge identischer Fasern sicherstellen. Anthrazitfarbene

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