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Nacht über Algier

Nacht über Algier

Titel: Nacht über Algier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmina Khadra
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Ghali ist sich der Faszination dieser Pracht auf seine Besucher bewußt.
    Und wenn er kein Wort darüber verliert, dann deshalb, weil die Szenerie für sich spricht. Verstohlen beobachtet er meine Reaktion, dann schiebt er mich beflissen zu einem Sessel, in dem ich es mir bequem machen soll.
    »Ich hab's eilig«, sage ich.
    »Nicht so hastig. Du wirst doch wohl eine Tasse Kaffee mit mir trinken. Monsieur El-Ouahch telefoniert gerade mit dem Büro des Präsidenten. Sobald die Lampe über der Tür grün aufleuchtet, steht er dir zur Verfügung. Es wird ihn freuen, dich wiederzusehen. Er bringt dir eine enorme Hochachtung entgegen.«
    »Du machst mich ganz verlegen.«
    Wie ein Hollywoodstar lehnt Ghali an seinem Schreibtisch, betrachtet seine manikürten Hände und ragt in seiner ganzen Herrlichkeit über mir auf.
    »Eine Gruppe von Kommissaren wird zur Weiterbildung nach Bulgarien geschickt. Die Liste ist noch nicht voll. Wenn du willst, kann ich bei der Auslandsabteilung ein Wort für dich einlegen.«
    »Ich bin gern bei meinen Kindern.«
    »Denk ein bißchen nach, bevor du dummes Zeug redest. Es handelt sich nicht um eine Expedition an den Amazonas. Finanziell wäre es ein regelrechter Glücksfall. Neun Monate an einer Schule von bestem Ruf. Von den gesparten Devisen kannst du dir danach glatt zwei Autos kaufen. Du könntest sogar ein kleines Unternehmen gründen. Wie lange hast du es noch bis zur Rente?«
    »Ich habe nicht die Absicht, meinen Job hinzuschmeißen.«
    »Brahim, du wirst nicht jünger. Eines Morgens könntest du in der Post vielleicht eine schlechte Nachricht vorfinden. Es ist ein Fehler, nicht vorausschauend zu handeln. Meiner Meinung nach solltest du die Gelegenheit beim Schopf packen. Bulgarien ist ein schönes Land. Die Leute dort sind schwer in Ordnung, und für einen Lehrgangsteilnehmer, der in Dollars bezahlt wird, ist das Leben billig. Neun Monate, die vergehen schnell. Und sie rentieren sich in höchstem Maße.«
    »Ich spreche kein Bulgarisch.«
    »Wer redet denn hier von Sprache. Wir reden über Knete.«
    »Ich überlasse meinen Platz den Jüngeren.«
    »Die Jungen haben die Zukunft noch vor sich. Jetzt sind die Alten dran, sich ein bißchen Ruhe zu gönnen. Du rackerst dich seit Jahrzehnten ab, Brahim. Ich gehöre zu denen, die der Meinung sind, daß dir alle Ehre der Welt gebührt. Ich schätze deine Loyalität, dein Engagement, deinen Patriotismus und deine Integrität. Wirklich, Polizisten von deinem Schlag sind heutzutage eine Seltenheit. Ich würde mich freuen, dir irgendwie nützlich sein zu können.«
    »Sehr freundlich.«
    »Ich meine es ehrlich.«
    Ich biete ihm ruhig die Stirn. Er wendet sich nicht ab, um mir zu beweisen, daß er aufrichtig ist. Genau in diesem Moment kreuzt eine scharfe junge Dame in einem heißen Kostüm mit einem glitzernden Tablett auf. Sie hat mehrere Schichten Schminke aufgelegt, und unter ihrem Oberteil zeichnen sich so forsche Titten ab, daß mein Schamgefühl außer Gefecht gesetzt ist. Sie stellt eine Porzellantasse vor mich hin und gießt unendlich behutsam zwei Tropfen Kaffee ein. Die Hand an der Tasse, bedankt sich Ghali und entläßt sie.
    »Sie heißt Noria«, informiert er mich. »Sie kommt von der Sorbonne. Habilitation mit Auszeichnung.«
    »Ich wußte gar nicht, daß das BI hochqualifizierte Leute braucht, um eine Kaffeemaschine zu bedienen.«
    Ghali merkt, daß er eine Dummheit begangen hat. Er fährt sich mit der Hand über sein puterrotes Gesicht und räuspert sich. Ich habe keine Zeit, ihm den Gnadenstoß zu versetzen, da die Lampe über der Tür grün aufleuchtet.
    Die Sphinx steht nicht auf und blickt auch nicht auf, um mich zu begrüßen. Ich scheine ihm lästig zu sein. Ich betrachte sein Profil, an das ich mich wohl nie gewöhnen werde. Hocine El-Ouahch hat nicht einen Millimeter Nase. Als habe ein böser Windstoß ihm als Kind die Tür eines Panzerschranks vors Gesicht geknallt. Man könnte eine Wasserwaage über seine Visage legen, und das Bläschen würde sich sofort in der Mitte einpendeln. Er wird nicht zufällig die Sphinx genannt. Seine Häßlichkeit ist kaum zu ertragen. Seine Hände, abstoßend und behaart wie Riesentaranteln, hat er fest ineinander verkrallt, wie ein Gorilla, der drauf und dran ist, einen Tatverdächtigen zu zerquetschen.
    »Dieser verdammte Brahim Llob, noch immer so lästig wie eine Schmeißfliege«, näselt er nach einem kurzen Blick auf die Uhr. »Kaum hebt man die Augen, und schon hat man dich im

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