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Nacht über Algier

Nacht über Algier

Titel: Nacht über Algier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmina Khadra
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Llob?« Zwei Reihen goldener Zähne werden sichtbar.
    »Ja?«
    »Können wir mal unter Männern plaudern?«
    Soria ist die Anspielung nicht entgangen, sie verschwindet, nicht ohne den Besuchern noch einen verächtlichen Blick zuzuwerfen. Dann fordert mich der Stämmige auf, ihm in den hinteren Teil der Hotelhalle zu folgen, seine Prätorianer traben uns geschlossen hinterher.
    »Mit wem habe ich die Ehre?«
    »Mit den Stadtoberen, Monsieur Llob. Wir fangen an, uns nach dem genauen Grund Ihrer Anwesenheit in unseren Mauern zu fragen. Mein Name ist Khaled Frid, Vorsitzender des Vereins der Ehemaligen Mudjaheddin und der Versehrten des Befreiungskriegs. Außerdem bin ich Abgeordneter und Bürgermeister von Sidi Ba.«
    »Dann sind Sie allein schon eine ganze Nationalversammlung. Und wer sind diese Herren?«
    »Ehemalige Offiziere der ALN, Parteimitglieder. Sie haben darauf bestanden, mich zu begleiten, um zu erfahren, was hier eigentlich gespielt wird. Unsere Informanten berichten, daß Sie und Ihre Assistentin dabei sind, im Schlamm zu wühlen, und undurchsichtige, alte Geschichten ausgraben wollen. Ich sage Ihnen ganz deutlich: Unsere Region hat unter dem Kolonialkrieg sehr gelitten, und wir legen keinen Wert darauf, daß Fremde den Frieden unserer Toten stören. Mit einem Wort, Sie sind hier nicht erwünscht, und Ihre schmutzigen Absichten verletzen ganz erheblich unsere Gefühle.«
    Die anderen bekräftigen die Aussagen ihres Chefs mit bedächtigem Kopfnicken, was ihrer theatralischen Ernsthaftigkeit etwas Groteskes verleiht.
    »Ich begreife nicht, weshalb die Aufarbeitung der Vergangenheit Sie stören sollte«, sage ich.
    »Nennen Sie es, wie Sie wollen, für uns sind das subversive Umtriebe. Ich bin mir sicher, daß Sie sich nicht im mindesten der Tragweite ihres Tuns bewußt sind. Deshalb bitte ich Sie im Namen der Bürger von Sidi Ba, packen Sie Ihre Siebensachen, und gehen Sie dahin zurück, wo Sie hergekommen sind.«
    »Dürfte ich wissen, womit Sie mir drohen?«
    »Das werden Sie schon sehen.«
    Er schaut auf seine Uhr, nutzt das feierliche Schweigen seiner Kumpane und sagt dann in gebieterischem Ton, klar und deutlich, um jedem Mißverständnis vorzubeugen:
    »Es ist nicht unsere Art, Fremde vor die Tür zu setzen, wenn sie sich jedoch so unverschämt aufführen wie Sie, geben wir ihnen höchstens eine Stunde, zu verschwinden. Es ist jetzt 12 Uhr 52. Um 13 Uhr 53 kommt jemand vorbei, um sich zu vergewissern, daß Sie auch wirklich verduftet sind. Nicht nötig, die Hotelrechnung zu begleichen. Das habe ich bereits erledigt.«
    Mir bleibt keine Zeit, auch nur ein weiteres Wort anzubringen. Der Kerl dreht sich auf dem Absatz um und geht, seine drei Hampelmänner im Schlepptau.
    Ich bleibe nachdenklich in der leeren Hotelhalle zurück.
    Von seinem Tresen aus schielt der Portier verstohlen zu mir herüber. Er sieht mir nicht ein einziges Mal gerade in die Augen.
    Gegen 14 Uhr klopft es an der Tür. Ein häßlicher Schlägertyp füllt den Türrahmen.
    »Weißt du, wie spät es ist, Mann?«
    »Warum?«
    »Was heißt hier, warum? Erzähl mir nicht, daß du an Gedächtnisschwund leidest.«
    »Und du, bist du sicher, daß du an der richtigen Adresse bist?«
    »Du bist doch Llob, oder nicht?«
    »Korrekt.«
    »Na also, dann bin ich an der richtigen Adresse, Mann. Außerdem täusche ich mich nie. Es ist zwei Uhr, und du liegst hier immer noch faul auf deinem Bett rum.«
    »Und was geht dich das an?«
    »Was mich das angeht? Ich bin hier, um dich rauszuschmeißen.«
    Soria taucht an der Türschwelle auf. Der Gorilla guckt sie entgeistert an. Als er sich wieder mir zuwendet, fährt er mit seinem dummen Geplapper fort.
    »Hast du dein Bündel gepackt, Mann?«
    Mit einer Kopfbewegung bedeute ich Soria, in ihr Zimmer zurückzugehen, dann kläre ich ihn auf: »Du hast dich in der Nummer geirrt.«
    Und damit schiebe ich ihn auf den Gang.
    Ich habe mich noch nicht umgedreht, da fliegt die Tür auch schon wieder lärmend auf, und das Affenmonster steht vor mir, packt mich und schmettert mich gegen die Wand. Meine Beine wirbeln in der Luft herum.
    »Deine Klamotten, aber ein bißchen dalli!«
    Er nimmt meinen Kulturbeutel vom Waschbecken, schmeißt ihn mir ins Gesicht, öffnet den Schrank, reißt den Koffer an sich und macht sich daran, meine Sachen hineinzustopfen. Im selben Augenblick spürt er etwas Metallisches in seinem Nacken, und als er den Kopf dreht, sieht er meine Beretta auf sich gerichtet.
    »Der Herr Bürgermeister

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