Nacht ueber den Highlands
einen Schlag verlieren.
Nicht, dass sie das je tun würde. Wie könnte sie diesen Mann verraten, der soeben seine Seele vor ihr entblößt hatte?
Sie legte ihre Hand an seine stoppelige Wange. »Ihr habt ein größeres Anrecht auf Euren Adelstitel als jeder andere«, sagte sie aufrichtig. »Ihr seid der einzig ehrenhafte, anständige Ritter, den ich kenne. Ehrlich.«
Er grunzte abfällig. »Ihr kommt wohl nicht genug unter die Leute.«
Sie lächelte über seine Worte. Etwas Ähnliches hatte sie ihm vor kurzem auch vorgeworfen. »Oft genug, um zu wissen, dass es stimmt.«
Er senkte das Haupt und gab ihr einen sanften Kuss auf die Lippen. Er schmeckte nach Wein und nach Stryder, diese Kombination stieg ihr zu Kopf, machte sie schwindeln. Sein Kuss wurde mit einem Mal leidenschaftlich, fordernd.
Rowena stockte der Atem. Sie wehrte sich nicht, als er sie zu Boden drückte und sich auf sie legte, im Gegenteil, sie genoss es, sein Gewicht zu spüren, von ihm niedergehalten zu werden.
Es war das Wundervollste, was sie je erlebt hatte. Sein harter, schwerer Körper lag in voller Länge auf ihr, seine Brust auf ihrer Brust, seine Beine auf ihren Beinen.
Tief in ihrem Innern begann ein Feuer zu lodern, das sich rasch in ihrem ganzen Körper ausbreitete.
Stryder leckte und knabberte an ihrem Mund, wollte mehr. Brauchte mehr.
Alles, woran er denken konnte, war sie, ihr Geschmack, ihre Haut, ihr Duft. Ihr weicher, strammer Körper unter dem seinen ... Es war mehr, als ein lebender Mann ertragen konnte.
Er musste sie haben ...
Stryder richtete sich mit einem tiefen, qualvollen Stöhnen auf. »Ihr solltet jetzt besser gehen, Rowena.«
Sie blickte mit großen Unschuldsaugen zu ihm auf, ein Anblick, bei dem er sich qualvoll verhärtete. »Warum?«
»Weil ich Euch zu sehr begehre, um noch länger nobel zu sein. Ich habe zu viel getrunken. Wenn Ihr nicht gleich geht, werde ich Euch nehmen und Euch auf handfeste Weise demonstrieren, worüber Ihr sonst immer nur singt.«
Seine Stimme war guttural, heiser. Rowena schluckte.
Was er ihr da verhieß.
Er überließ ihr die Wahl.
Das Begehren, die brennende Lust, mit der er sie ansah, waren nicht zu übersehen. Seine nackte Sehnsucht.
Geh. Verschwinde.
Sie konnte nicht. Um die Wahrheit zu sagen, hatte sie sich schon länger gefragt, wie es wohl wäre, einen Mann in sich zu spüren. Elizabeth und Joanne hatten ihre Jungfräulichkeit schon vor langem verloren. Manchmal, spätnachts, wenn alle schliefen, hatten sie ihr erzählt, wie es mit einem Mann war.
Aber bis jetzt hatte Rowena immer zu viel Angst gehabt, es zu riskieren, nicht zuletzt wegen ihrer gesellschaftlichen Position.
Doch nun, zum ersten Mal, seit Joanne rotwangig und mit glänzenden Augen von ihrer ersten Erfahrung zurückgekehrt war, verspürte sie nicht nur den Mut, sondern die Sehnsucht, es zu versuchen.
Sie wollte diesen Mann. Es war närrisch. Es ergab keinen Sinn. Ihr ganzes Leben lang hatte sie versucht, die Männer dazu zu bewegen, das Schwert niederzulegen. Und jetzt war sie drauf und dran, ihr kostbarstes Gut einem Ritter zu schenken.
Aber er war nicht irgendein Ritter.
Er war Stryder von Blackmoor.
»Werdet Ihr mir wehtun?«, erkundigte sie sich leise. Sie musste dabei an Bridget denken, die die ganze Nacht geweint hatte, nachdem sie von einem Mann entjungfert worden war. Er war nicht gerade zart mit ihr umgegangen, obwohl es ein Minnesänger gewesen war.
Ihre Frage schien ihn zu empören. »Wie könnte ich Euch je wehtun?«
Da holte sie tief Luft, nahm all ihren Mut zusammen und sein Gesicht in beide Hände. Sie zwang sich, ihren Herzenswunsch auszusprechen. »Dann bin ich die Eure, Mylord.«
Stryder konnte nicht glauben, was er da hörte. Er war wie betäubt. Sie konnte doch nicht ernsthaft meinen ...
»Begreift Ihr, was ich damit sagen will?«
»Jungfrauen sind nicht blöd, bloß weil sie Jungfrauen sind, Mylord«, sagte sie, während sie gleichzeitig mit den Fingern in sein dichtes schwarzes Haar fuhr, eine Geste, die ihn köstlich erschaudern ließ. »Ich bin eine Frau, kein kleines Mädchen, und ich verstehe ganz genau, was Ihr von mir wollt. Ich bin bereit, es Euch zu geben.«
Da machte er sich wieder über ihre saftigen Lippen her, ließ seiner mühsam gezügelten Leidenschaft endlich freien Lauf. So lange war er wie tot gewesen. Gefühllos gegenüber der Welt, gegenüber jeder Art von Zärtlichkeit.
Welche Ironie, dass er ausgerechnet jetzt, halb betrunken, so klar und tief
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