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Nacht über der Prärie

Nacht über der Prärie

Titel: Nacht über der Prärie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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Herz hast, so wird das Blut sich nicht auflösen und das Gesicht wird nicht zu Erde werden. Ich sage es dir, so ist es.«
    »Elk, ich will darum beten, daß ich es kann. Unsere Väter und Mütter haben auch gebetet.«
    »Das taten sie.«
    Am Abend fuhr Queenie zurück.
    Joe und Okute hatten mit dem Essen auf sie gewartet. Es fiel beiden auf, daß die junge Frau verwirrt schien und es vermied, Joe anzusehen. Okute wollte gleich nach dem Essen gehen, denn er hatte das Gefühl, daß es zwischen den jungen Eheleuten etwas zu besprechen gäbe. Aber Queenie bat ihn mit einem kurzen Wort, noch zu bleiben.
    »Was ist los?« fragte Stonehorn. Queenie erschrak vor dem ihr sonst so gewohnten Ton, denn er war ihren Träumen fremd, und über diese Träume mußte sie jetzt sprechen. Sie konnte das Geheimnis ihrer Angst nicht länger vor ihrem Mann verbergen. Sie konnte es nicht mehr mit ihren Händen zusammenhalten und schüttete es vor ihm aus.
    »Joe, ich habe Elk gesagt, daß du die beiden Pferdediebe erschossen hast und daß Booth die Leichen anbrannte und verstümmelte und daß sie nun niemand mehr finden wird.«
    »Ach.« Joe wurde wie ein Fremder; Queenie erschrak.
    »Elk wird schweigen… Joe.«
    »So gut wie du?« – Das war der Hohn.
    Queenie antwortete erst nicht. Sie war völlig verwirrt. Schließlich sagte sie leise: »Es sind zwei Strolche, Kumpane von Booth, gewesen. Black and White senior und Brandy Lex.«
    »Wie zu erwarten. Und nun?«
    Queenie brach in Tränen aus.
    »Sollst du dein Gewissen erleichtern und deinen Mann anzeigen? Warst du schon auf der Polizei?«
    »Nein!« schrie Queenie.
    »Was soll dann das alles?«
    »Joe, habe ich es ganz falsch gemacht?«
    »Spiel nicht die Naive. Das ist nicht zum Aushalten. – Was hast du Elk noch erzählt?«
    »Ich kann es nicht wiederholen.«
    »Noch ein bißchen aus dem Ehebett geplaudert?«
    »Joe!«
    »Also bitte, was hast du gesagt?«
    »Ich habe Angst vor Harold Booth… gehabt. Das Blut im Boden unseres Hauses und sein Gesicht unter den Wurzeln der Gräser…«
    »Bereust du doch, daß du ihn erschossen hast? Damals, als du in unserer ersten Nacht dem Jesse die Kugel gabst, warst du noch mehr Indianerin!«
    »Es war anders – in der freien Prärie – und er war ein Gangster… den ich nicht kannte.«
    »Ah ja, ein Gangster. Doch Harold war so böse nicht – wie? Und du kanntest ihn?« Joe war nur noch Feindschaft.
    »Stonehorn!«
    »Und warum Angst ›gehabt‹? Hat Elk dich getröstet?«
    »Wenn du mich so fragst, verdienst du keine Antwort.«
    »Verweigert die Aussage. Wie muß ich denn fragen? Zärtlich?«
    »Joe, sei nicht so gemein. Ich habe nicht gewußt, daß du gemein sein kannst.«
    »Ich habe auch einiges nicht gewußt, meine Taube. Eine Ehe ist wie ein Gang. Wer singt, wird ausgeschlossen. Mindestens das. So kann man nicht zusammen arbeiten.«
    »Joe, Verbrechen sind doch keine Arbeit. Lästere nicht immer mit diesem Wort!«
    Joe lachte auf. »Nun erzähle mir noch, Liebste, auf welche Weise du Harolds Gespenst versöhnen willst – darauf läuft es doch hinaus, nicht?«
    »Ja!«
    »Bitte?« Joes Ton wurde immer sarkastischer, denn er quälte nicht nur Queenie, er quälte auch sich selbst.
    »Das kann nur Mary machen.« Als Queenie den Namen aussprach, versuchte sie, Joes Mienenspiel genau zu beobachten. »Ich muß mit ihr zum Grabe gehen, und ich muß sie in dieses Haus bitten… das sie seitdem nie wieder betreten hat, obgleich du einmal sagtest, sie werde kommen.«
    »Ja, dann versuche dein Glück. Wird ein schöner Zauber werden. Ich ziehe einstweilen in Okutes Zelt. Es ist jetzt sowieso besser für dich, wenn du allein schläfst. Im übrigen laß dir gesagt sein: Ich brauche in meiner Ehe keine anderen Männer, weder Priester noch Gespenster. Wenn du ohne solche Vertraute nicht auskommst und dein Herz von Zeit zu Zeit ausschütten mußt, gehe zu deinen Eltern zurück. Ich habe gesprochen.«
    Stonehorn stand auf und ging hinaus. Auch Okute erhob sich. Queenie bat Okute noch stumm um ein Zeichen der Achtung oder des Verständnisses, aber er beachtete sie überhaupt nicht. Sie hatte in einer Sache, in der es um Joes Leben gehen konnte, das Vertrauen und das Schweigen gebrochen und auch Okutes bedachte Hilfe zuschanden gemacht.
    Queenie blieb allein.
    Sie wusch sich, als ob sie tue, was sie alle Tage tat, sie kleidete sich aus, und sie legte sich auf das Bettgestell, auf dem sie schon viele Nächte der Angst, der Sorge und der Seligkeit erlebt

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