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Nacht

Nacht

Titel: Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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er, dass er mich hinter sich herzog, aber er unternahm nichts dagegen.
    Garantiert wusste er nicht, dass er mir damit einen Riesengefallen tat.
    Hätte er es gewusst, wäre er mit Sicherheit im tiefen Teil des Beckens geblieben, wo ich wohl oder übel irgendwann das Kabel oder den Säbel oder beides hätte loslassen müssen.
    So aber zog er mich in Sicherheit.
    Gerade als mir die Luft ausging, stieg der Boden des Pools unter mir steil an. Ich streckte die Beine aus und versuchte stehen zu bleiben, was mir aber nicht gelang, weil Steve immer weiter zog.
    Dann hielt er an, und ich fand Halt auf dem Beckenboden und durchbrach wie wild nach Luft schnappend und mit hoch erhobenem Säbel die Wasseroberfläche.
    Das Wasser reichte mir bis an die Unterseite meiner Brüste.
    Steve, der ein paar Meter vor mir stand, ging es nur bis an die Hüften. Sein muskulöser Körper schimmerte im bläulichen Licht des Pools, und seine Hose war so weit heruntergerutscht, dass sie sich unter dem Wasserspiegel befand. Ebenso wie Elroys Kopf. Beide bewegten sich im Spiel der Wellen hin und her.
    »Na, wie war die Fahrt im Schlepptau?«, fragte er.
    »Schön.«
    Er zog Elroys triefenden Kopf an den Haaren aus dem Wasser und setzte ihn sich so auf die linke Handfläche, dass mich sein Gesicht mit weit aufgerissenen Augen und halb geöffnetem Mund blöde anglotzte.
    »Na, und wie hat es dir gefallen, Elroy?«, fragte Steve und antwortete sich selbst mit quäkender Stimme, wobei er die Lippen breit zog wie ein schlechter Bauchredner »Danke, sehr gut, Stevie‐Boy.«
    Irgendwie gelang es ihm verblüffend gut, Elroys näselnden Tonfall nachzumachen.
    »Hör auf mit dem Scheiß«, sagte ich.
    »Ist kein Scheiß«, antwortete »Elroy«. »Ich kann nicht anders reden. Stevie hat mir den Kopf abgeschlagen. Das hat echt wehgetan.
    AUA!«
    »Ist schon gut, Elroy«, sagte ich und sah Steve dabei in die Augen.
    »In zwei Sekunden schlage ich Steve den Kopf ab. Das gefällt dir doch bestimmt, oder?«
    »Oh ja! Oh ja! Oh ja! Schlag ihn ihm ab, bitte, bitte!«, näselte Steve, bevor er sich mit seiner normalen Stimme an mich wandte:
    »Ich würde dir nicht raten, mich zu enthaupten. Zumindest nicht hier im Pool. Dann müsstest du nämlich zwei Köpfe und einen Rumpf rausziehen. Ganz zu schweigen von dem Blut im Wasser.
    Überleg doch mal, was das für eine Sauerei wäre.«
    »Dann halt den Mund und steig aus dem Pool. Ich möchte diese Geschichte hinter mich bringen.«
    »Okay.« Er ging rückwärts, und ich folgte ihm ein paar Schritte ins flachere Wasser. Als es mir noch bis an die Hüften reichte, blieb er stehen und tat so, als flüsterte ihm Elroys Kopf etwas ins Ohr. »Was ist das? Ein Geheimnis?«, fragte er stirnrunzelnd und hörte dem Kopf weiter zu. »Nein«, sagte er dann, »das traue ich mich nicht zu fragen. Frag du sie.«
    Er drehte Elroys Kopf so, dass er wieder mich ansah.
    »Hör auf mit dem Scheiß und steig sofort aus dem Pool«, sagte ich.
    »Aber Elroy möchte dich etwas fragen.«
    »Ich will es nicht hören. Raus!«
    »Bitte!«, bettelte »Elroy«.
    »Steve!«
    »Ich liiiebe dich. Ich liiiebe dich soo sehr. Gib mir bitte einen Kuss.«
    »Steve, ich warne dich! Hör sofort auf!« Ich holte mit dem Säbel aus.
    »Nur ein ganz, ganz kleines Küsschen auf die Lippen?«, bettelte Elroy, und dann schleuderte Steve mir den Kopf ins Gesicht.
    Ich versuchte, ihn mit dem Säbel zur Seite zu schlagen, aber ich traf ihn nur mit der Spitze und schlitzte ihm beide Wangen auf.
    Dadurch klappte der Unterkiefer noch weiter nach unten, und der Kopf sah aus, als wolle er mich aus der Luft heraus mit Haut und Haaren verschlingen.
    Ich riss den linken Arm nach oben und drehte mich zur Seite. Das Kabel wurde mir mit einem plötzlichen Ruck aus der Hand gerissen.
    Der Kopf streifte meinen Unterarm und prallte mit dem Kinn gegen meinen Solarplexus. Elroys Kiefer schnappten zu. Ich stieß einen Schrei aus und taumelte ein paar Schritte nach hinten, während der Kopf vor meinen Füßen im Wasser versank.
    Vor lauter Schmerz hatte ich Mühe, mich auf den Beinen zu halten. Das Kabel war weg, aber ich konnte mich nicht darum kümmern, denn für einen Moment hatte ich genug mit mir selbst zu tun.
    Wenigstens hatte ich den Säbel noch.
    Während ich zusammengekrümmt nach Luft rang, watete Steve an den Beckenrand und kletterte aus dem Pool. Seine Hose rutschte noch weiter runter und hing ihm jetzt an den Knien. Als er loslaufen wollte, geriet er ins Straucheln und

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