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Nachtchimäre - Fragmente der Dunkelheit (German Edition)

Nachtchimäre - Fragmente der Dunkelheit (German Edition)

Titel: Nachtchimäre - Fragmente der Dunkelheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Myrna E. Murray
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lautes Klingeln an mein Ohr. Der Ton explodiert beinahe in meinem Kopf und reißt mich zurück aus Papa Joes Wohnzimmer hinein in die Dunkelheit der Suite. Ich stöhne leise. Will diese Nacht denn überhaupt nicht vorbeigehen?
    Das Klingeln hört nicht auf und ich erkenne den Klingelton meines Mobiltelefons. Wer ist das denn jetzt? Mit halbgeöffnetem Auge schiele ich hinüber auf die Anlage, deren abgedunkeltes Display mir die Uhrzeit anzeigt: „5:30“. Das kann eigentlich nicht sein, denn dann hat sich die gefühlte Ewigkeit in meinem Kopf als eine Dreiviertelstunde herausgestellt. Großartig . Das Klingeln hört auf und ich drehe mich erleichtert um. Vielleicht komme ich ja jetzt zur Ruhe.
    Doch zu früh gefreut. Das Telefon meldet sich erneut und hört nicht auf zu klingeln. Ach Manno! Langsam und ungelenk wie eine alte Frau krieche ich umständlich aus dem Bett und schleppe mich durch die dunkle Kabine. Mehr blind als wach folge ich dem Klingelton und stoße mir dabei das Knie an einem Stuhl. Aua!
    Frustriert knurre ich leicht auf und umrunde das Hindernis. Währenddessen entschließt sich das Telefon, erneut zu schweigen. Großartig, ganz großartig. Aber vermutlich wird der Anrufer jetzt nicht aufgeben, also bewege ich mich weiter in die Richtung, aus der das Klingeln ursprünglich kam. Doch jetzt herrscht plötzlich Stille. Ja, wollen die mich jetzt …?! Ich warte zwei, drei gefühlte Herzschläge ab und es passiert – nichts! Kein Klingeln, kein SMS Ton, gar nichts.
    Das kann doch jetzt nicht wahr sein. Genervt blecke ich die Zähne und fauche einmal laut auf – das befreit. Danach bin ich gewillt, wieder umzudrehen und mich ins Bett zurückzutrollen. Doch kaum habe ich mich dazu entschlossen und schon halb die Drehung zum Rückzug vollführt, als das Klingeln wieder losgeht – und jetzt kann ich es sehr genau orten. Mit einem Hechtsprung, der eigentlich mehr Geschick erfordert als mir gerade möglich ist, setze ich über den Tisch hinweg und lande exakt zwischen der Tischplatte und dem danebenstehenden Sessel. Zwei Millimeter weiter und ich wäre mit dem Kopf genau gegen Lehne geknallt, aber manchmal habe ich halt doch Glück.
    Ein gezielter Griff zur Handtasche, und ein kurzes Suchen fördert das kleine Telefon zu Tage. Es klingelt nun wie ein bockiges Kind und will unbedingt Aufmerksamkeit erregen. Das ist ihm gelungen. Also wenn das nicht wichtig ist … Für den Bruchteil einer Sekunde starre ich das Display an und bin gewillt, den kleinen Quälgeist ohne Zwischenstopp aus dem geschlossenen Bordfenster zu befördern.
    „ Barry“ steht dort in phosphoreszierenden Lettern. Barry ist mein Code für einen sehr treuen und vor allem angenehmen Kunden.
    Barry heißt eigentlich Bernard Otega. Er ist ein Businessmann der gehoben Klasse und sieht dazu noch blendend aus. Groß, athletisch, gepflegt, gebildet, höflich, immer korrekt gekleidet und mit Manieren, wie sie im Buche stehen – und er verdient die Woche ungefähr so viel wie ein mittelständisches Großunternehmen.
    Jede Frau, die ich kenne, würde sich alle zehn Finger nach ihm lecken – und er weiß es. Das Problem für uns Mädels ist dabei nur, dass wir nicht seine Liga sind: Er ist stockschwul und in festen Händen. Für ihn bin ich ein geschäftsförderndes „Must-have“, das er sich mal eben aus der Portokasse leistet – auch wenn das merkwürdig klingt. Das erwartet einfach sein Job als Marketing Consulter von ihm. Seine bisweilen erzkonservativen Geschäftspartner und Kollegen verstehen in dieser Hinsicht einfach keinen Spaß. Also immer schön den Schein waren. Dennoch lässt er sich dies niemals anmerken, was ihn zu einem an sich angenehmen Kunden macht. Er ist eine wirklich treue Seele und in seiner Gegenwart würde sich selbst die niedrigste Putzfrau wie eine heißbegehrte Göttin fühlen.
    Unsere Wege haben sich zufällig gekreuzt, doch bereut habe ich diese Bekanntschaft an sich noch nie. Auch kenne ich mittlerweile seinen Lebensgefährten, was die Sache um einiges entspannt hat. Die zwei zusammen sind einfach nur wunderbar und sie lassen ein anständiges Mädchen wie mich einfach seinen Job machen. Ich würde niemals von Barry trinken oder ihm anderweitig schaden, dazu ist er zu liebenswert und ich … zu professionell.
    Also reiße ich mich zusammen, ignoriere das Bedürfnis, dem Telefon einen Freiflug zu verpassen, und klappe es auf. Dröhnende Musik und die Stimmen vieler ausgelassen feiernder Menschen ertönen aus dem

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