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Nachte des Sturms

Nachte des Sturms

Titel: Nachte des Sturms Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roberts Nora
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mehr. Aber sie sagte, sie wäre eine alte Frau und es wäre zu spät. Zum ersten Mal sah ich sie um uns weinen, als sie sagte, wenn ich ihr nur einmal die Worte geschenkt hätte, die sich in meinem Herzen fanden, statt Juwelen, statt des Versprechens auf großen Reichtum und ewiges Leben, dann hätte sie vielleicht ihre Welt für die meine aufgegeben, dann hätte sie vielleicht ihre Pflichten gegen die Liebe eingetauscht. Aber ich habe ihr diese Erklärung nicht geglaubt.«
    »Du warst wütend.« Shawn hatte die Geschichte unzählige Male gehört. Als Junge hatte er oft davon geträumt. Von dem strahlenden Feenprinzen, der auf dem Rücken seines weißen Flügelpferdes erst zur Sonne, dann zum Mond und dann auf den Grund des Meeres flog. »Weil du sie geliebt hast und nicht wusstest, wie du es ihr anders hättest zeigen oder sagen sollen.«
    »Was kann ein Mann denn mehr tun?«, wollte Carrick wissen und Shawn bedachte ihn mit einem mitfühlenden Lächeln.
    »Das kann ich dir nicht sagen. Aber wahrscheinlich war es nicht unbedingt das Klügste, euch beide mit einem Bann zu belegen, demzufolge ihr Hunderte von Jahren auf eure Erlösung warten müsst.«
    »Ich habe eben meinen Stolz.« Carrick warf den Kopf zurück. »Und außerdem bin ich ziemlich jähzornig. Ich habe sie dreimal gebeten, mir zu folgen, und dreimal hat sie abgelehnt. Deshalb müssen wir beide warten, bis sich am Ort unserer bisher unerfüllten Liebe dreimal Liebende
begegnen und ihre Gefühle von ganzem Herzen akzeptieren. Bis sie einander mit allen Mängeln und Vorzügen in Leid und Freude annehmen. Wie ich bereits sagte, du kannst mit Worten umgehen, Gallagher«, erklärte Carrick und verzog den Mund zu einem rauen Lächeln. »Es würde mich demnach wirklich enttäuschen, wenn du so lange wie dein Bruder bräuchtest, um sie auch zu nutzen.«
    »So lange wie mein Bruder?«
    »Dreimal müssen zwei Menschen ihre Liebe annehmen.« Carrick war wieder auf den Beinen, und seine blauen Augen strahlten. »Und einmal ist es inzwischen geschehen.«
    Auch Shawn sprang auf die Beine und ballte seine Fäuste. »Sprichst du von Aidan und Jude? Willst du mir etwa erzählen, du elender Schurke, du hättest die beiden mit einem Zauberbann belegt?«
    In Carricks Augen zuckten Blitze, und irgendwo in der Ferne wurde dunkles Donnergrollen laut. »Du bist wirklich ein Narr. Liebestrunke und ähnlich lächerliche Dinge gibt es doch nur in irgendwelchen Ammenmärchen. Man kann das Herz eines Menschen nicht verzaubern, denn seine Empfindungen sind mächtiger als jede Magie. Lust kann man mit einem Augenzwinkern wecken, Verlangen mit einem bloßen Lächeln, aber Liebe kann nur aus sich heraus entstehen und nichts kann daran rühren. Was dein Bruder und Jude Frances haben, ist ebenso wirklich wie die Sonne, der Mond und die Gezeiten des Meeres. Darauf gebe ich dir mein Wort.«
    Langsam entspannte Shawn sich wieder. »Dann bitte ich dich um Verzeihung.«
    »Ich nehme es dir nicht übel, dass du für deinen Bruder eintrittst. Wenn ich das täte«, erklärte Carrick mit einem
dünnen Lächeln, »würdest du sowieso nur weiter he-rumbrüllen wie ein wild gewordener Esel.«
    »Ich weiß deine Zurückhaltung zu schätzen«, begann Shawn, ehe er sich erneut anspannte. »Aber bildest du dir etwa allen Ernstes ein, ich sei der Zweite, der dir dabei hilft, den auf dir lastenden Bann zu brechen? Falls ja, lass mich dir sagen, dass du dich gewaltig irrst.«
    »Ich weiß genau, wo ich zu suchen habe, junger Mann. Du bist derjenige, der blind ist. Aber schon bald werden dir die Augen aufgehen. Vielleicht eher als du denkst.« Carrick machte eine höfliche Verbeugung. Und löste sich in Luft auf, während sich der Himmel öffnete und dichten Regen auf die Erde trommeln ließ.
    »Na, wunderbar.« Shawn stand im strömenden Regen. Er war wütend und verwirrt. Und er kam viel zu spät zur Arbeit.

4
    E r war ein Mann, der sich gerne Zeit ließ bei allem, was er tat. Um über alles nachzudenken, die Dinge einzuschätzen und das Für und Wider zu erwägen. Und genau das tat er nach seiner Begegnung mit Carrick am Rand des Grabs der alten Maude.
    Fürs Erste würde er niemandem davon erzählen.
    Er machte sich Sorgen. Oh, nicht über die Begegnung mit dem Feenprinzen. Es lag in seinem Blut, Magie zu akzeptieren und sie sogar zu schätzen. Nein, es waren der Gegenstand und vor allem die Richtung ihres Gespräches, die eine gewisse Besorgnis in ihm weckten.
    Er wollte verdammt sein, ehe er eine Frau

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