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Nachtflügel

Nachtflügel

Titel: Nachtflügel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kenneth Oppel
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aufgenommen.
    »Eierfresser!«
    »Eierfresser!«
    Dämmer hatte Angst, die Vögel würden auf sie herabstoßen, doch noch blieben sie oben und kreischten ihre lächerliche Anschuldigung. Immer mehr Chiropter schwenkten zum Gleiten über und waren bestrebt, den Abstand zwischen sich und den Vögeln zu vergrößern. Dämmer und sein Vater bildeten die Nachhut. Dämmers Herz klopfte schmerzhaft. Er behielt das Festland im Blick und wartete auf den Moment, in dem auch er seinen Abstieg beginnen konnte.
    Fast da.
    Die Vögel wirbelten wütend umeinander. Er konnte die Luftwellen ihres Flügelschlags spüren.
    Endlich glitten er und sein Vater aus der Thermik, die Segel so angewinkelt, dass sie den Wind reiten konnten. Es war ein eigenartiges Gefühl, so ganz ohne Kraft durch die Luft zu schweben. Vor ihm senkten sich die anderen Chiropter auf die Küste zu, wo langbeinige Vögel in den felsigen Untiefen umherstolzierten, ihre Schnäbel in das sonnenfleckige Wasser tauchten und Pflanzenteile herausfischten.
    Dämmer spürte einen Windstoß über seinem Schwanz und Rücken und etwas Scharfes kratzte über seine Schultern. Drei Vögel schossen über ihn hinweg, wendeten auf engstem Raum, hatten die Füße ausgestreckt, ihre scharfen Klauen leuchteten im hellen Sonnenlicht. Sie kamen zurück, direkt auf Dämmer und seinen Vater zu.
    »Eierfresser!«, kreischte einer von ihnen.
    Instinktiv winkelte Dämmer seine Segel an, um wegzutauchen, genauso wie sein Vater. Die Vögel glitten wieder über sie hinweg, schlugen sie mit ihren kräftigen Flügeln und kratzten sie erneut mit den Klauen.
    »Sie versuchen, uns nach unten zu drücken!«, sagte Ikaron.
    Voller Schrecken berechnete Dämmer ihre Gleitbahn neu. Sie würden es immer noch bis zu den Bäumen schaffen. Ganz knapp. Doch wenn sie noch tiefer fielen, könnten sie nur noch mit Glück den Fuß des Felskliffs erreichen.
    »Dämmer, flieg höher.«
    Seinem Vater war das nicht möglich.
    »Wir schaffen das schon«, sagte Dämmer.
    Immer mehr Vögel streiften an ihnen vorbei und hielten auf die anderen Chiropter zu, umschwirrten sie, bearbeiteten sie mit Klauen und Schnäbeln, schlugen nach ihnen mit den Flügeln. Entsetzt musste Dämmer mit ansehen, wie Chiropter vom Kurs abdrehten oder, schlimmer noch, unter die vorgesehene Gleitbahn tauchten.
    Auf halbem Weg hörte Dämmer ein Schreikonzert, wandte sich um und sah drei Vögel von der Seite auf sie zufliegen. Diesmal war er vorbereitet. Er flatterte mit den Segeln, schwenkte um, ihnen entgegen, zeigte die Zähne und machte das schlimmste und lauteste Geräusch, das er hervorbringen konnte. Heraus kam ein erstickter Schrei, wie er noch nie einen gehört hatte. Die Vögel erschraken so, dass sie abdrehten, um ihm auszuweichen.
    Dämmer wusste nicht, wie viel Aufschub er damit gewonnen hatte. Schnell flatterte er zurück zu seinem Vater.
    »Wir schaffen es in die Bäume«, keuchte er.
    »Du bist sehr tapfer«, sagt Ikaron.
    Ihm blieb wenig Zeit, das Kompliment seines Vaters zu genießen. Vor sich erblickte er einige Chiropter, die immer noch von Vögeln gehetzt wurden, gefährlich dicht über dem Wasser. Sie kamen auf der Wasseroberfläche auf, und hilflos musste Dämmer mit ansehen, wie sie einen Moment lang vergeblich kämpften, bevor sie von ihren bauschigen Segeln nach unten gezogen wurden. Ein anderer Chiropter musste kurz vor dem Ufer auf dem Wasser notlanden, schaffte es aber, sich auf die Felsen zu hieven. Ein paar weitere waren gezwungen, gleich am Ufer aufzusetzen, und machten sich nun an den langen, verzweifelten Aufstieg zu den Bäumen.
    »Eierfresser!«, schrien die Vögel ein letztes Mal, ehe sie abdrehten und zurück zur Insel strebten.
    Das Festland war nun ganz nahe und bald glitt Dämmer über den Strand. Schnell kamen die Bäume auf ihn zu. Er passte seine Flugbahn der seines Vaters an und landete im mittleren Bereich eines Mammutbaums. Er schmiegte sich an die Rinde, vor Erschöpfung und Erleichterung keuchend und am ganzen Körper zitternd.
     

2. Teil
Das Festland
     

Kapitel 14
Das Festland
    D ämmer blickte zur Insel zurück und sah Reißzahn auf dem felsigen Ufer kauern, um ihn herum die anderen seiner Meute. Ihr Winseln und Fauchen drang so klar und deutlich über das Wasser, dass sich ihm das Fell sträubte. Sobald die Ebbe einsetzte, könnten sie die Verfolgung aufnehmen.
    »Werden sie hinter uns herkommen?«, fragte er seinen Vater.
    »Ich glaube nicht.«
    In den umliegenden Bäumen krabbelte und

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