Nachtflug Zur Hölle
eigentlich satt, mich an Regeln zu halten, Mr. Ambassador«, stellte Jurgensen fest.
Über Funk befahl er: »Rattlers, ich wiederhole, Rattlers, Stufe gelb und Start! Setzt euch hinter diese Hinds, greift aber nur an, wenn ihr beschossen werdet. Ich wiederhole: Nur angreifen, wenn ihr beschossen werdet!«
Die Sea Cobras, deren Triebwerke warmgelaufen waren, hatten eben ihre Rotoren eingekuppelt, als jemand rief: »Raketen abgeschossen! Raketen abgeschossen!«
Jurgensens schlimmste Befürchtungen hatten sich erfüllt.
Die zweite Mi-24 hatte zwei Lenkflugkörper abgeschossen – keine lasergesteuerten AT-6 SPIRAL oder funkgesteuerten AT-3 SAGGER zur Panzerbekämpfung, sondern die kleineren, schnelleren SA-7 GRAIL mit Infrarotsuchkopf. Die erste AH-1W slippte beim Abheben nach rechts, so daß die Jagdrakete sie um mehrere Meter verfehlte, aber die zweite Sea Cobra wurde noch am Boden von einer SA-7 getroffen. Der Hubschrauber zerplatzte, und die Hitzewelle der Explosion war so gewaltig, daß Jurgensen und Reynolds, die mindestens 120 Meter entfernt standen, sie noch deutlich spürten.
»Alle Einheiten – Feuer frei! Stufe rot und Feuer frei!« brüllte Jurgensen in sein Funkgerät, während der Botschafter und er sich hinter einem massiven Pflanzentrog in Deckung warfen. »Alle Einheiten, Feuer frei!«
Die Reaktionszeit der Stinger-Teams betrug mehrere Sekunden, aber als die Mi-24 auf ungefähr einen Dreiviertelkilometer herangekommen waren, fauchten ihnen zwei dieser Fla-Raketen entgegen.
Sekunden später trafen die Kampfhubschrauber die Abschußpositionen mit einer Salve 57-mm-Raketen, die Bäume entwurzelten und eine Bresche in die Mauer um das Botschaftsgelände schlugen.
Eine Fla-Rakete Stinger fand ihr Ziel: Sie ließ eines der Triebwerke der zweiten Mi-24 explodieren. Der riesige Kampfhubschrauber geriet ins Trudeln, drehte sich um die eigene Asche und verlor dabei schnell an Höhe. Aber er schaffte es trotzdem, sich in der Luft zu halten, bis er aufs Botschaftsgelände krachte, wo er sich überschlug und dann brennend in der Nähe des defekten Hubschraubers CH-53E liegenblieb. Der Brand drohte auf die Sea Stallion überzugreifen; Jurgensens Marines waren mit Luftabwehr ausgelastet und hatten keine Zeit zur Brandbekämpfung.
Die zweite Stinger verfehlte ihr Ziel, weil sich der Infrarotsuchkopf durch Magnesiumfackeln, die von den Hubschraubern abgeworfen wurden, täuschen ließ.
Der vierte Kampfhubschrauber griff nur zwei Ziele an: die CH-53E Super Stallion und das Kipprotor-Flugzeug MV-22. Nach seinem Präzisionsangriff mit MG-Feuer und Raketen verschwanden beide Maschinen hinter einem Vorhang aus Feuer und Rauchschwaden.
Die erste und dritte Mi-24 drehten sofort ab, um die Verfolgung der AH-1W Sea Cobra aufzunehmen. Obwohl der amerikanische Kampfhubschrauber schneller und wendiger war, gelang es ihm nicht, rechtzeitig in Angriffsposition zu kommen. Eine der acht von den Verfolgern abgeschossenen Jagdraketen SA-7 mußte ihr Ziel gefunden haben. Den Abschuß selbst konnte Jurgensen nicht beobachten: Er sah die Mi-24 weiterfliegen, sah sie Raketen abschießen und verlor den Funkkontakt zu Rattler Four. Danach sah er mehrere Kilometer entfernt nur eine schwarze Rauchsäule aufsteigen.
Der Angriff war vorbei, kaum daß er richtig begonnen hatte, Die beiden anderen Stinger-Teams bekamen die Hubschrauber nie richtig ins Visier und sparten sich ihre Lenkwaffen deshalb für den nächsten Angriff auf. Die beiden ersten Mi-24 hatten offenbar strikten Befehl gehabt, auf keinen Fall die Botschaftsgebäude anzugreifen, denn außer den beiden Stinger-Positionen und den Hubschraubern auf dem Gelände war nichts beschädigt worden.
In nur dreißig Sekunden waren vier Maschinen zerstört worden, während die Angreifer lediglich einen Hubschrauber verloren hatten.
Jurgensen und Reynolds waren zunächst sprachlos, als sie die um sie herum angerichtete Verwüstung betrachteten. Erst die Hilfeschreie der Verwundeten rissen den Major aus seiner Erstarrung. Er hob sein Handfunkgerät an den Mund. »Funker, sofort Blitzmeldung ans 26. MEU: ›Botschaft ist soeben von vier Kampfhubschraubern HIND-D angegriffen worden, Eigene Verluste noch unbekannt, aber mittelschwer. Botschaft nur wenig beschädigt. Vier eigene Hubschrauber zerstört. Ein russischer Hubschrauber abgeschossen …!«
»Ein weißrussischer Hubschrauber«, warf Botschafter Reynolds ein.«
»Funker, bitte warten«, sagte Jurgensen. Er wandte sich an
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