Nachtflug Zur Hölle
nach vorn, wartete einige Sekunden, bis die Megafortress Fahrt aufgeholt hatte, und zog sie dann in einer Linkskurve hoch. »Wendy! Angelina! Ortet das Ding und schießt es ab!«
Pereira aktivierte sofort ihr mit den Lenkwaffen AIM-120 Scorpion der Megafortress gekoppeltes Angriffsradar APG-165. Sie brauchte nur wenige Sekunden, um die SS-21 zu finden und als Ziel zu erfassen.
»Ich hab’ sie!« kündigte sie an, »Entfernung vierundvierzig Kilometer – fast schon außer Reichweite.« Sie schoß sofort zwei ihrer restlichen vier AIM-120 auf die SS-21 ab.
Der ungünstigste Fall für eine Jagdrakete ist eine Aufholjagd von hinten, die vor allem den Jäger benachteiligt. Beide Raketen beschleunigten, wahrend sie weiterstiegen, aber dabei war die SS-21 mit ihrem größeren Triebwerk im Vorteil, obwohl die AIM-120, deren Höchstgeschwindigkeit bei Mach vier lag, viel schneller als die SS-21 war.
«Erste Scorpion ist vom Kurs abgekommen«, berichtete Pereira.
Carter hatte die EB-52 abgefangen – in den zwanzig Sekunden, die der Start der Jagdraketen gedauert hatte, war sie auf fast zehntausend Fuß gestiegen – und ließ sie jetzt langsam auf ihre frühere Höhe sinken. »Verbindung abgerissen … zweite Rakete auf Kurs… aktives Radar in Betrieb …«
Im Gegensatz zu den meisten Jagdraketen benutzte die AIM-120 ihr Bordradar, um ihr Ziel selbst anzusteuern, und hatte ein Raketentriebwerk, von dem sie während des ganzen Fluges angetrieben wurde. Sie verbrauchte ihre gesamte Energie, um die SS-21 einzuholen, und traf nur Zehntelsekunden vor Brennschluß des eigenen Triebwerks. Plötzlich wurde es draußen taghell.
Man hätte glauben können, die Sonne stehe bei wolkenlosem Himmel über der Megafortress – das Licht war so hell wie die Mittagssonne an einem sehr klaren Tag. Obwohl dieser Lichtblitz nur Bruchteile von Sekunden dauerte, blendete er alle im Cockpit der EB-52. »Gott!« rief Carter. »Was zum Teufel…
Ich sehe nichts! Nancy, ich kann nichts sehen!«
»Ich auch nicht«, sagte Cheshire. »Ich sehe meine Instrumente, aber ich kann sie nicht ablesen oder…«
In diesem Augenblick ließ ein ohrenbetäubend anschwellendes Rumpeln, das an einen näher kommenden Güterzug erinnerte, den ganzen Bomber erzittern, und die EB-52 wurde schlagartig nach rechts geworfen. Solange Carter geblendet war, wagte er nicht, die Ruder zu betätigen, um die Maschine nicht versehentlich ins Trudeln zu bringen. Blindflug nach Gefühl konnte rasch tödlich sein.
»Nancy!« rief er. »Nicht steuern!«
»Nein … ich tue nichts …«
Die Turbulenzen hielten noch einige Sekunden an. Carter und Cheshire mußten ihre gesamte Willenskraft aufbieten, um nicht gegenzusteuern. Sie vertrauten darauf, daß der Bomber durch seine Eigenstabilität in die Normalfluglage zurückkehren würde, sobald die Turbulenzen abklangen. Als Carter auf seine Sprechtaste drückte, zeigte sich, daß die Bordsprechanlage ausgefallen war. »Stationskontrolle!« rief er, so laut er konnte. »Hört ihr mich? Meldung!«
»Angriff ist okay«, antwortete Scott.
»Abwehr ebenfalls«, bestätigte Tork.
»Paul! Alicia!« rief Carter. Kommt rauf und helft uns!«
Scott und Kellerman kamen nach oben ins Cockpit. »Bei uns unten ist alles ausgefallen«, berichtete der Hauptmann. »Wir haben den Lichtblitz nur sehr abgeschwächt mitbekommen.« Er sah, daß Carter die Hand vom Sidestick genommen hatte, weil er fürchtete, der Bomber könnte durch eine falsche Bewegung in einen unkontrollierbaren Flugzustand geraten. Scott stellte fest, daß sie noch in den Wolken waren – also mußten sie die Bordinstrumente schnellstens reaktivieren, bevor sie abstürzten. »Wir sind noch im Dreck, Kelvin.
Womit soll ich anfangen?«
»Als erstes kontrollierst du die Instrumente«, sagte Carter. »Ich sehe überhaupt nichts und glaube, daß der verdammte Flugregler ausgefallen ist.«
»Abwehr ist ebenfalls geblendet«, sagte Kellerman, nachdem sie Tork und Pereira ausgemacht hatte. »Aber das gibt sich bald wieder, glaub’ ich.«
Der Lichtstrahl von Scotts Taschenlampe huschte über die Bildschirme des elektronischen Fluginformationssystems. »Die ganze Elektronik ist ausgefallen«, meldete er.
»Die Triebwerke scheinen noch zu laufen«, stellte Carter fest. Er versuchte, die elektronischen Leistungshebel zu bewegen. »Aber sie lassen sich anscheinend nicht mehr regeln – die Anlage muß auf manuell umgeschaltet werden. Was zeigen die Reserveinstrumente an?«
Scott
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