Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nachtgeboren - Sinclair, A: Nachtgeboren

Nachtgeboren - Sinclair, A: Nachtgeboren

Titel: Nachtgeboren - Sinclair, A: Nachtgeboren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Sinclair
Vom Netzwerk:
klirrten auf Glastischen und Silbertabletts. Stimmen von Männern und Frauen übertönten einander, und das helle Gelächter der Frauen perlte mit einer Süße, die ebenso kultiviert war wie die Düfte, die aus dem Garten hereinwehten. Die Luft war schwer von den Parfums, die Männer wie Frauen benutzten, den Aromen von Wein und Gewürzen, die der Atem oder die Haut der Gäste verströmte, und dem Geruch von Leibern in freudiger oder leidenschaftlicher Bewegung. Die Feiernden beharkten einander mit ihren Sondierungsrufen, verzweifelt bemüht, auch die kleinste Feinheit der Mode zu erkennen, die in ihrer Umgebung zur Schau gestellt wurde, und auch noch die geringste Spur zufälligen Interesses der anderen an ihnen selbst wahrzunehmen. Die Tanzfläche war ein aufgewühltes Miasma einander störender Echos, aus dem er kurzzeitig die Drehung eines Rocks oder die Bewegung eines Tänzers wahrnahm, bevor sie wieder in dem akustischen Rauschen unterging. Vom Rand der Tanzfläche wurden scharfe Ultraschallschreie in dichter Folge ausgesandt. Meist stammten sie von jungen Mädchen oder jungen Frauen, die zu schüchtern, zu einfach oder zu überbehütet waren, um als Tanzpartner begehrt zu werden. Junge Mütter, die das letzte Mal Gesellschaft genossen, bevor ihre nächste Schwangerschaft sie am Ausgehen hindern würde. Ältere Matronen, die nicht mehr selbst das Vergnügen suchten, sondern es darin gefunden hatten, den anderen bei ihren Vergnügungen zuzusehen und darüber zu urteilen. Unter den Männern gab es solche, die zu unbeholfen, zu dick oder zu ängstlich waren, um zu tanzen. Und andere, die bereitstehen mussten, um ihre Frau oder Tante auf deren Wink hin aufzufordern. Und es gab natürlich die, die auf ihre Gelegenheit warteten.
    Er gestattete sich ein Lächeln und gestand sich ein, zum einen hier herumzulungern, weil er auf seine Vorladung wartete, und zum anderen, weil er wusste, dass irgendwo unter den Gästen Prinzessin Telmaine war. Er wartete darauf, ihren Umriss, ihre Gestalt wahrzunehmen, so wie er es bei jeder anderen seltenen Kreatur gemacht haben würde, die seine Aufmerksamkeit geweckt hatte. Aber was er dann tun würde, wusste er nicht. Die meisten der seltenen Geschöpfe, deren Gestalt und Gewohnheiten er erkundet hatte, hatte er anschließend gejagt und getötet. Und er konnte wohl kaum zu ihr hinübergehen und sagen: »Ach, übrigens, meine Dame lesen Sie die Gedanken derjenigen, die Sie berühren?« Nein, das war unmöglich. Eine solche Frage würde eine größere gesellschaftliche Entrüstung zur Folge haben, als wenn er sie fragte, welche Art und Weise ihres Ehemannes, mit ihr zu schlafen, ihr die liebste sei. Ihm würde nichts anderes übrig bleiben, als die unausgesprochenen Botschaften ihrer Erscheinung, ihre Körpersprache, zu interpretieren. Die lange aus der Mode gekommenen Handschuhe, die ihr bis zu den Schultern reichten. Das Kleid hochgeschlossen, aber ohne die Rüstung von Stickerei und Juwelen, die eine Frau, der es vor allem um die Wahrung des Anstands ging, tragen würde. Und eine Ausstrahlung und ein Selbstvertrauen, das selbst auf die Entfernung hin wahrnehmbar war. Das natürlich lediglich das Glück einer zufriedenen Mutter sein konnte, aber durchaus mehr verbergen konnte, nämlich die Sicherheit einer Magierin, der keine Geheimnisse verborgen blieben.
    Er kannte andere Magier; die meisten von ihnen, gleich, ob Männer oder Frauen, und ganz gleich, woher sie kamen, hatte es schließlich in die Halbwelt verschlagen, die sie zusammen mit anderen nützlichen Ausgestoßenen der feineren Gesellschaft bevölkerten. Viele von ihnen waren mächtiger als er, in der Lage, ihre eigene und die Lebenskraft anderer effektiver einzusetzen. Andere wiederum verfügten wie er selbst über so geringe magische Fähigkeiten, dass deren Haupteffekt darin bestand, sie von der Gesellschaft zu entfremden. Aber nie hatte er einen Magier kennengelernt, der seine Stellung in der besten Gesellschaft ungezwungen behauptet hatte. Er hatte nicht einmal geahnt, dass dergleichen möglich war. Auch sein eigener Vater hatte es nicht für möglich gehalten, als er seinen sechzehn Jahre alten Sohn verstoßen und auf Gedeih und Verderb den eigenen Fähigkeiten überlassen hatte.
    Viel wahrscheinlicher war, dass der Eindruck, den er sich von der Magie gebildet hatte, eine fantastische Ausgeburt seiner Einsamkeit war.
    Ishmael spürte eine leichte Sondierung, nahm den Hauch eines besonders würzigen Parfums wahr, das

Weitere Kostenlose Bücher