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Nachtgeboren - Sinclair, A: Nachtgeboren

Nachtgeboren - Sinclair, A: Nachtgeboren

Titel: Nachtgeboren - Sinclair, A: Nachtgeboren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Sinclair
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Vorsatz und zog das prompte Erscheinen des Dieners nach sich.
    »Merkur«, begann Tercelle, »sagen Sie Idana, dass meine Gäste und ich für ein Weilchen in den Dachgarten hinaufgehen. Baron Strumheller fühlt sich vielleicht in einer … natürlicheren Umgebung heimischer«, fügte sie mit einer der perfektesten Parodien auf eine schnippische Dame der Gesellschaft hinzu, die Telmaine je gehört hatte.
    Telmaines Sonar registrierte das Schlucken des Dieners, als Ishmaels Name fiel.
    Sie folgten ihrer Gastgeberin auf den Dachgarten. Ihre Zofe begleitete sie, ein dickes Mädchen mit liebem Gesicht, das hinter ihnen herschnaufte bis zur letzten, schmalsten Treppenflucht und sich dann auf ein Zeichen der Dame keuchend auf deren unterste Stufe setzte. Tercelle, die sich schwer aufs Geländer stützte, führte sie weiter hinauf. Hinter ihr zog Telmaine mit zwei schnellen Bewegungen die Handschuhe aus und stopfte sie in ihr Ridikül.
    In dem Dachgarten peilte der Baron sofort seine Umgebung – wieder mit einer Folge sich überlappender Signale, die durchdrangen, ohne auffällig kraftvoll zu sein. Telmaine begriff langsam, dass der Baron zumindest in der Wildnis ein Meister des Sonars war. Sein letzter Ultraschallruf erfasste sie mit ihren entblößten Händen; sie registrierte sein kaum merkliches Nicken.
    Jetzt kam es auf sie an. Sie ließ sich auf ein Knie nieder und umfasste mit beiden Händen Tercelles eisige Finger. »Bitte«, sagte sie, »bitte, Sie müssen mir helfen. Diese Männer haben mir meine Tochter gestohlen.«
    Bilder, Satzfetzen und Eindrücke huschten vor ihrem geistigen Auge vorüber. Die Erschöpfung und die Unpässlichkeit einer Frau, die einige Tage zuvor niedergekommen war, abgrundtiefe Müdigkeit, schmerzende Brüste, Krämpfe im Unterleib, wunde Genitalien. So schmerzhaft wie die Erinnerung an unerträgliche Qualen, an ihre Hilflosigkeit, ihre Demütigung. Telmaine keuchte auf und konnte nicht länger zusammenhängend denken. »Wer …«, wisperte sie und erinnerte sich daran, wie sie verkrampft im Bett gelegen hatte, erwartungsvoll, ungläubig, erfüllt von dem Gedanken: Warum? Die Frage, stets zum Schweigen gebracht durch Küsse und Liebkosungen, die alle Fragen auf den Wogen glühender Ekstase davontrugen. Das aufgerichtete Glied eines Mannes, das dem Sonar so erschien, als beuge sie sich darüber, um es zu küssen. Seine Brustwarzen, sein Hals, sein breiter Rücken. Hitze durchströmte ihren Körper, und sie war sich nicht länger sicher, ob der Körper ihr eigener oder Tercelles war.
    »Oh-oh«, hörte sie den Baron sagen, und die erotischen Erinnerungen der Frau wurden abrupt aus ihrem Bewusstsein gelöscht, als er ihre Hände von denen der Dame löste und sie an Ellbogen und Taille fasste und die wenigen Stufen zu ein paar Sesseln in einer Laube hinauftrug. Besorgt ließ er sie auf einen Sessel gleiten und stützte ihren Kopf. Schnell fand sie eine aufrechte Haltung wieder und erklärte: »Nein, es geht mir gut. Habt Erbarmen, Herr, niemand darf davon erfahren.«
    Immer noch schwindlig und mit weichen Knien stand Telmaine auf und kehrte wie zuvor schon der Baron zu der Hausherrin zurück.
    »Sie sollten ein wenig ruhen«, sagte Baron Strumheller. Telmaine bemerkte, dass auch er seine Handschuhe ausgezogen hatte.
    Tercelle, der dieser Umstand nicht auffiel, weinte und wiegte sich hin und her. »Er wird es erfahren, er wird es gewiss erfahren, wenn wir uns in unser Ehebett legen. Und ich weiß nicht, ich verstehe nicht …«
    Tercelle glaubte ihr und bemitleidete sie zum ersten Mal. »Bitte«, sagte sie schlicht, »wissen Sie etwas, das mir vielleicht helfen könnte, meine Tochter zu finden?«
    »Nein«, antwortete die Dame und schluchzte noch lauter. »Nein, ich weiß nichts.«
    »Schscht«, sagte der Baron. »Weiß sonst noch jemand davon?«
    Sie schnüffelte leise und beruhigte sich ein wenig. »Meine Zofen, Idana und Maia. Sie sind bei mir gewesen, seit … seit ich es bemerkt habe.«
    »Und Sie vertrauen den beiden?«
    »Ohne sie hätte ich es nicht geschafft. Maia sieht mir äußerlich sehr ähnlich, und sie reitet gut. Es wird Leute geben, die sagen, ich sei bis zu unserem Aufbruch in die Stadt jeden Abend nach Sonnenuntergang ausgeritten. Und Idana sind Sie begegnet – Idana ist ein zauberhaftes Mädchen, aber sie hat eine schreckliche Vorliebe für Süßigkeiten. Wenn ich sie bedränge, wird sie sagen, sie sei zu Dr. Hearne gegangen, weil sie glaubte, er könne ihr bei ihrem Problem

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