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Nachthaus

Nachthaus

Titel: Nachthaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
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untere Etage von Gary Dais Wohnung setzte, hörte Twyla den Ausruf ihres Sohnes im Nebenzimmer oder im Zimmer dahinter. Diese beiden Wörter versetzten sie in Begeisterung, weil sie bedeuteten, dass er immerhin am Leben war. Aber die Sorge in seiner Stimme war ein Beweis für ihr Herz, das gegen ihre Rippen trat wie Hufe gegen die Tür einer Pferdebox.
    Mit Sparkle an ihrer Seite raste sie durch einen leeren Raum dem Gesang entgegen und rief: »Winny! Ich bin hier!«
    Als sie sich einem Türbogen zwischen zwei Zimmern näherten, übertönte Winny den Gesang mit seinem Ruf: »Mom, komm nicht näher!«
    Beinah hätte sie die Warnung nicht beachtet. Nichts würde sie von ihm fernhalten. Obwohl Sparkle zweifellos ebenso sehr darauf brannte, zu Iris zu gelangen, packte sie Twylas Arm, und sie kamen auf der Schwelle zum nächsten Zimmer stolpernd zum Stehen.
    Jenseits der Schwelle dehnten sich die phosphoreszierenden Formationen auf den Wänden und an der Decke aus und zogen sich wieder zusammen, aber nicht synchron, was bewirkte, dass Schatten durch die Gegend sprangen und umherhuschten. Hun derte von bleichen Schnüren, eineinhalb bis drei Meter lang und dünner als Bleistifte, pressten sich aus den Rissen in dem gleichmäßigen Strukturputz auf der Decke und an den Wänden. Die Hälfte von ihnen schlängelte sich träge, andere peitschten durch die Luft, als suchten sie nach jemandem, den sie bestrafen konnten, und einige schlugen so fest zu, dass es wie Peitschenknallen klang.
    Am hinteren Ende dieses Raumes, etwa sechs Meter von ihnen entfernt, stand auf der anderen Seite einer offenen Tür Winny mit Iris. Den beiden schien nichts zu fehlen.
    »Geht hier nicht rein«, warnte Winny. »Es will euch, geht nicht rein.«
    Twyla war sich mehr denn je der kalten geisterhaften Finger bewusst, die die Furchen und Spalten ihres Gehirns abtasteten, als könnten sie ihre Gedanken wie Blindenschrift lesen. Aber vielleicht schrieben diese Finger ja auch, vielleicht verfassten sie eine kleine Geschichte darüber, wie sehr sie sich wünschte, diesen Raum zu betreten, wie einfach es sein würde, durch diese bleichen Peitschen voranzukommen, die nur so aussahen, als könnten sie ihr wehtun, die aber in Wirklichkeit so kraftlos waren, dass sie sie wie die zarten Fasern eines Spinnennetzes beiseiteschieben und binnen Sekunden geradewegs auf ihren Sohn zugehen, ihm einen Arm um die Schultern legen und ihn beschützen konnte. Sie war bewaffnet, mit der Pistole in der Hand hatte sie nichts zu befürchten, Winny war so nah, so nah, sie hatte nichts, nichts, nichts zu befürchten …
    Sparkle überschritt die Schwelle und betrat das Zimmer.
    Twyla schreckte aus ihrem eigenen fast schon tranceähnlichen Zustand auf, packte Sparkle am Arm und riss sie zurück, während sich ihr die nächsten Peitschen bereits durch die Luft entgegenschlängelten.
    »Denk an den Text eines Songs, irgendeines Songs, sing ihn dir immer wieder selbst vor, damit das verdammte Ding nicht durchkommt.« Sie rief Winny zu: »Bleib, wo du bist, Junge. Rühr dich nicht vom Fleck. Wir finden einen anderen Weg zu euch.«
    Der wortlose Gesang veränderte seinen Charakter, ging von wehmütiger Melancholie zu einer hämischen Bedrohung über. Obwohl die Stimme immer noch wie die eines kleinen Mädchens klang, war es jetzt ein verdorbenes Kind mit geheimem Wissen und grausamen Absichten.
    Während sie in Gedanken den Refrain eines Songs wiederholte, den sie selbst geschrieben hatte – Just pour me another beer/and keep them comin’, Joe/I’ve given up on women/so I’ll be leavin’ late and low –, führte Twyla Sparkle Sykes von dem Türbogen fort und zu einer geschlossenen Tür.
    * * *

Winny
    Iris ließ sich aus dem Zimmer ziehen, aber sowie sie die Schwelle zu einem Flur überschritten hatten, der keine Sprünge im Verputz aufwies, gab sie quengelnde Laute von sich und zerrte ungeduldig an ihrem Pullover, den er noch am Ärmel festhielt. Winnys Mom hatte gerade erst gesagt, er solle bleiben, wo er war, sie würde einen anderen Weg zu ihm finden, als Iris auch schon ausholte und ihm ins Gesicht schlug. Der Schlag tat nicht sehr weh, aber er kam überraschend. Reflexartig ließ er ihren Pullover los. Dann versetzte sie ihm noch einen heftigen Stoß, der ihn von den Füßen holte. Er fiel auf den Hintern und sie rannte flink wie ein Reh davon.
    * * *

Mickey Dime
    Aufgrund dessen, womit er sich seinen Lebensunterhalt verdiente, und weil er als Sohn seiner so besonderen

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