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Nachtkalt: Psychothriller (German Edition)

Nachtkalt: Psychothriller (German Edition)

Titel: Nachtkalt: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Franley
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Mike überquerte die Straße, ging langsam an der hüfthohen Mauer entlang und sah sich aufmerksam um. Nachdem er sicher war, dass Gerald sich nicht zwischen den wenigen Neuwagen versteckt hatte, fiel ihm eine kleine Kamera auf, die den Parkplatz von einer Hausecke aus überwachte.
     
    Es war immer wieder erstaunlich, wie gutgläubig die Menschen waren. Ohne jede weitere Rückversicherung glaubte ihm der Inhaber des Autohauses, dass Mike der Vater eines verschwundenen Jungen aus der Behinderteneinrichtung von gegenüber war, und zeigte ihm bereitwillig die Aufnahmen der letzten zwei Stunden. Da die Kamera nicht wirklich filmte, sondern nur alle paar Sekunden ein Bild machte, kamen sie schnell zu dem Zeitraum, in dem Gerald verschwunden war, und tatsächlich, das Kameraauge erfasste Gerald einmal, wie er gerade in die Einfahrt lief. Mike ließ sich den Ausschnitt vergrößern und erkannte, dass der Junge irgendeinen Zettel in der Hand hielt. Bei der nächsten Aufnahme hatte Anjas Bruder den Parkplatz bereits überquert und war nur noch zur Hälfte auf dem Bild. Auf den ersten Blick konnte Mike nichts Aufschlussreiches erkennen, dann erweckte eine leichte Reflexion seine Aufmerksamkeit. Wieder ließ er den Ladeninhaber das Bild heranzoomen und war sich sicher: Irgendjemand hatte seinen Arm um die Hüfte des Jungen gelegt, wobei die Reflexion von einer silbernen Uhr erzeugt wurde. Leider war außer dem Arm nichts von dem Unbekannten zu erkennen, da auch er von der Kamera abgeschnitten wurde. Mike bat darum, dass ihm der Inhaber die beiden Bilder per E-Mail schickte, bedankte sich und verließ das Autohaus.
    Nachdem er sich kurz orientiert hatte, ging Mike in die Richtung, die auch Gerald gewählt hatte, und fand sich bald an dem Rand einer vielbefahrenen Hauptstraße wieder. Nach einem Blick in alle Richtungen wurde Mike klar, dass es keinen Sinn machte, hier weiter nach Gerald zu suchen und ging zurück.
    Vor der Einrichtung war bereits eine Polizeistreife eingetroffen und als Mike zu ihnen stieß, schilderten Anja und eine ältere Frau gerade einem der Beamten, was passiert war und welche Kleidung Gerald anhatte.
    »Und Sie sind?« Der Polizist hielt inne und sah ihn von der Seite an. Mike stellte sich vor und berichtete, was er bereits herausgefunden hatte. Da Mike keine Lust hatte sich zu rechtfertigen, ließ er die Standpauke bezüglich seiner Eigeninitiative über sich ergehen und wartete geduldig, bis die Befragung abgeschlossen war. Die beiden Beamten versprachen sofort eine Fahndung nach Gerald einzuleiten, fügten aber hinzu, dass sie nicht an ein Verbrechen glaubten. Mike verwunderte dies nicht sonderlich, da tagtäglich verwirrte Menschen als vermisst gemeldet wurden, die man dann wenige Stunden später wieder irgendwo aufsammelte. Hinzu kam, dass sie Anja Lange per Funk überprüft hatten und in der Akte neben ihrem Diebstahl auch die Ungereimtheiten der letzten Tage vermerkt waren.
     
    Bisher hatte Anja die Nerven behalten, doch als sie kurz darauf wieder im Auto saßen, konnte sie ihre Gefühle nicht mehr zurückhalten. Statt aber in Tränen auszubrechen, lehnte sie sich zurück und fragte einfach nur erschöpft: »Warum ausgerechnet Gerald? Er versteht doch überhaupt nicht, was mit ihm passiert.«
    Mike wollte nichts beschönigen, darum sagte er: »Ich bin mir sicher, dass unser Unbekannter ihn herausgelockt und mitgenommen hat. Wir haben keine andere Wahl, als abzuwarten, was er mit ihm will.« Mike hatte die Worte schon gesprochen, als ihm klar wurde, wie hart diese klingen mussten, und auch das leise gesagte »Tut mir leid.« änderte nichts daran.
    Anja nickte apathisch und emotionslos: »Und was nun?«
    Mike holte zwei Zigaretten heraus, reichte ihr eine davon und sagte: »Wir können nur abwarten. Schaffen Sie es, jetzt noch Ihre Mutter zu besuchen?«
    Anja deutete ein verzweifeltes Nicken an: »Ja, das bin ich ihr schuldig.«
    »O. k. ...«, begann Mike, »glauben Sie, Ihr Freund kann sich frei machen und bei Ihnen bleiben? Ich müsste dringend einige Dinge recherchieren und wüsste Sie gerne in Begleitung.«
    »Vielleicht«, lautete ihre ausdruckslose Antwort, dann fügte sie hysterisch ruhig hinzu: »Es ist doch eh schon egal, dieser Typ hat alles im Griff.«
    Mikes erster Impuls war, ihr einen Vortrag darüber zu halten, dass sie sich jetzt nicht aufgeben durfte. Er ließ es bleiben und startete den Motor. Im Augenblick hatte er selbst nicht gerade viel Hoffnung.

30
    Bevor Anja zum Zimmer

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