Nachtkrieger: Ewige Begierde
zusammen.
»Es war nur so ein Gedanke, als ich noch die Befürchtung hatte, wir würden die Suche nie zum Abschluss bringen.«
»Aber warum Osbert?«
»Er ist nicht ganz so fett wie Baldwin, und er hat ein weit besseres Temperament. Ich hatte ebenfalls in Betracht gezogen, ins Kloster zu gehen.« Das machte Steinarr auch zornig, aber nicht so zornig wie die Idee, Osbert zu heiraten.
»Beides scheint mir doch eine schlechte Wahl für eine hübsche Lady zu sein«, sinnierte Will. »Sich als Frau eines fetten Köhlers zu Tode zu arbeiten oder als Nonne dahinzuwelken.«
»Immerhin hatte ich eine Wahl. Manche Frauen haben keine. Die meisten, möglicherweise.« Sie fuhr mit der Fingerspitze oberhalb von Steinarrs Gürtel entlang und sagte leise: »Und dann kam mir doch noch etwas anderes in den Sinn, das sich als interessanter erwies.«
Dieses Mal verzichtete sie bewusst darauf, sich gegen ihn abzuschirmen, und genoss umso mehr das Verlangen, das ihm entströmte. Sie hatten nicht mehr darüber gesprochen, miteinander zu schlafen, seit Will sich ihnen angeschlossen hatte, geschweige denn Zeit gefunden, es tatsächlich in die Tat umzusetzen – wobei es vielleicht nicht ganz fair war, Will dafür verantwortlich zu machen, denn der Weg zurück nach Headon hatte sie jede einzelne Stunde zwischen Sonnenaufgang und Sonnenuntergang vollkommen in Anspruch genommen. Die ganze Zeit hatte Steinarr sich Mühe gegeben, nicht komplett den Humor zu verlieren, doch sein Innerstes hatte begonnen, wieder vor diesem wilden Dunkel zu kochen – Lust überlagert von Zorn und diesem anderen Gefühl, das sie noch immer nicht deuten konnte, mittlerweile jedoch als einen Teil dessen anerkannte, was ihn ausmachte. Sie wollte ihn, und es gefiel ihr, dass die Heftigkeit seines Bedürfnisses ihrem eigenen entsprach und es steigerte. Sie sehnte sich danach, abermals in dieser Wildheit zu versinken.
Ganz so, als würde er all das verstehen, hob er ihre Hand an seine Lippen, küsste jeden einzelnen ihrer Finger und berührte schließlich eine ihrer Fingerspitzen mit seiner Zunge. Augenblicklich fühlte sie sich zurückversetzt in das Elfenhaus in der Erwartung, dass sein Mund sie berührte. Wenn Will nicht gewesen wäre …
»Reiter! Reiter!«, hallte es durch den Wald und riss sie beide aus ihren Gedanken. Kurz darauf ertönte Muchs heisere Stimme: »Es ist Sir Steinarr mit Marian und einem Fremden.«
»Scheint so, als wären wir angekommen.« Steinarr gab ihr einen letzten, sanften Kuss auf ihre Fingerspitzen, ließ sie los und raunte ihr zu: »Falls es dich interessiert, ich bin froh darüber, dass du dich für Letzteres entschieden hast.«
»Ich auch«, flüsterte sie.
Kinder kamen hinter dem Kohlenmeiler hervorgelaufen, ebenso zahlreich wie die Hasen, gefolgt von den Männern, die nach und nach paarweise zwischen den Bäumen erschienen und Willkommensgrüße riefen. Goda war als Erste bei den Pferden und klammerte sich an Marians Knöchel – das Einzige, was sie zu fassen bekam. »Ich wusste, dass du heute zurückkommst.«
»Sie ›wusste‹ jeden Tag, dass du gleich zurückkommst, seit du fortgeritten bist«, fügte ihr Bruder hinzu.
Ari, der mit seinen langen Beinen schneller war als die anderen Männer, war gleich nach den Kindern bei ihnen. »Beim Gekreuzigten, bin ich froh, dass ihr zurück seid!«
»Deine Freude wird nicht lange währen«, versprach Steinarr. Er ließ sich aus dem Sattel gleiten und streckte die Arme nach Matilda aus. »Ari,
das
ist Will. Er wird dir erzählen, warum er uns seit Hokenall gefolgt ist, und dann werde ich dir erzählen, was ich deswegen mit dir mache. Wo ist Robin? Mittlerweile müsste er doch längst wieder auf den Beinen sein.«
»Noch immer bettlägerig. Wir hatten da ein kleines Problem. Da war so eine Nonne …«
Matilda nahm sich nicht die Zeit, sich den Rest anzuhören, sondern eilte auf die Hütte zu, vor der ihr Bruder in der Sonne lag. Als sie sah, wie bleich er war, blieb sie vor Schreck wie angewurzelt stehen. »Oh, Rob…«
Sein Lächeln war herzerwärmend, aber schwach. »Sehe ich so schlimm aus?«
»Aye.« Sie kniete sich neben die Pritsche und legte ihm eine Hand auf die Stirn. »Was ist passiert?«
»Nun, es fing an mit der Mandelentzündung.«
Mit wachsendem Zorn hörte Matilda sich an, was er von der Priorin erzählte – wie sie ihn mitgenommen hatte nach Headon und ihn viel zu oft zur Ader gelassen hatte. Sie zog den Verband von seinem Arm ab, und als sie all die
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