Nachtkrieger: Unendliche Sehnsucht: Roman (Knaur TB) (German Edition)
Entschuldigung vor und ging hinüber zu dem Tisch, auf dem er seinen Becher Wein hatte stehen lassen. Tanzen war an sich schon schwierig genug, und dieses denkwürdige Spielchen mit Eleanor zu treiben, während er zugleich darauf achten musste, im Takt der Musik zu bleiben, hatte ihn vollkommen ausgedörrt. Er leerte seinen Becher in einem Zug, forderte einen Pagen auf, ihn wieder zu füllen, und trug ihn hinüber, wo Lord Lumley und einer der älteren Gefolgsleute des Earls vor einem Backgammon-Spiel saßen.
Lumley sah grinsend auf. »Doch noch entkommen, eh, Sir Gunnar?«
»Allerdings, Mylord.« Gunnar wies mit dem Kopf in Richtung der tanzenden Paare, die zur Musik ihre Schritte und Sprünge machten. »Ich gebe einen schlechten Märzhasen ab.«
»Ihr seid einfach zu kräftig, das ist der Grund«, sagte Lumley. »Dieser Tanz passt besser zu jungen, schlanken Burschen, wie Percy dort hinten.«
Gunnar drehte sich um, um sich selbst davon zu überzeugen. Und tatsächlich hüpfte Henry Percy lebhaft mit einer Anmut herum, die vielen anderen fehlte. Doch seine Tanzpartnerin war es, an der Gunnars Blick hängenblieb: Eleanor. Mit vor Eifer glühenden Wangen tanzte sie, klatschte in die Hände und hatte dabei nur Augen für Percy. Plötzlich durchfuhr Gunnar Eifersucht, und es stieß ihm sauer auf.
Er wollte sich wieder umdrehen, und in dem Moment sah er Eleanor neben ihrem Vater stehen. »Was?« Er wandte den Kopf hin und her, versuchte, das, was er sah, zu verstehen. »Oh, das ist ja Lucy, dort hinten mit Percy.«
»Ihr habt Sie für Lady Eleanor gehalten, nicht wahr?«, sagte der Gefolgsmann mit einem Schmunzeln. »Die meisten von uns sind schon dem gleichen Irrtum unterlegen, Sir. Insbesondere, wenn Lucy eines der abgelegten Kleider ihrer Herrin trägt.«
Kopfschüttelnd gab Gunnar zurück: »Aus der Nähe kann ich sie auseinanderhalten, aber von weitem …«
»Aus genau diesem Grund hat Lady Anne den Earl einmal gebeten anzuordnen, dass die beiden unterschiedliche Farben tragen.« Lumley schnappte sich einen Backgammonstein und hielt ihn dem Gefolgsmann unter die Nase. »Da! Jetzt habe ich Euch, Fitzhugh.«
Gunnar blieb noch eine Weile stehen und sah den Tanzenden zu, dann suchte er sich einen Platz an der Seite, von wo aus er das Geschehen ungestört beobachten konnte. Doch das war nur so lange von Dauer, bis Eleanor vorüberschwebte und ihn drängte, sich wieder zu den Tanzenden zu gesellen. Sie hatte einen der jungen Burschen im Schlepptau, um jeglichem Anschein von Unschicklichkeit vorzubeugen. Gunnar gehorchte – was die ihm bekannten Tänze betraf zumindest – und achtete darauf, sich so zu positionieren, dass Eleanor und er aufeinandertrafen, denn dann konnte er sie berühren.
Bis nach Mitternacht wurde getanzt. Als das letzte Lied verklang und Eleanor sich näherte, um gute Nacht zu sagen, unterdrückte sie hinter vorgehaltener Hand ein Gähnen.
»Ihr seht müde aus, Mylady.«
»Aye, und es wird eine kurze Nacht. Mein Lord Vater hält nichts davon, uns länger als gewöhnlich schlafen zu lassen, ganz gleich, bis zu welch später Stunde wir auf den Beinen waren.«
»Das kommt davon, wenn man so viele Soldaten um sich hat. Überließe man sie sich selbst, würden sie die ganze Nacht trinken und sich mit Weibern abgeben und am nächsten Tag bis zum Mittag schlafen.«
»Ich wäre froh, wenn er uns wenigstens bis zum Vormittag schlafen lassen würde.« Sie gähnte erneut. »Es wird schon bald hell. Da bleibt wohl kaum Zeit für Euren Traum, Euch wieder heimzusuchen.«
»Es wird noch mehr Nächte geben.«
Eleanor wandte den Blick ab und legte nachdenklich die Stirn in Falten. »Möglicherweise. Träume sind von sonderbarer und flüchtiger Natur. Sie kommen nicht immer dann, wenn man es von ihnen verlangt. Manchmal kehren sie überhaupt nicht wieder.«
Sie machte sich also über ihre Kühnheit Gedanken. Gunnars Herz zog sich zusammen. Es gab so viel zwischen ihnen, das einer ungestörten Atmosphäre bedurft hätte, die sie nur in mitternächtlicher Dunkelheit finden konnten, und er wollte sie unbedingt davon überzeugen, zu ihm zu kommen. Aber Lucy lief um sie herum und ließ sie ungeachtet der späten Stunde nicht aus den Augen. Schliefen die beiden in einem Bett? Hatte sie bemerkt, dass sich ihre Lady in der vorherigen Nacht davongeschlichen hatte? Ihm kam der Gedanke, dass er auch Lucy bei Laune halten sollte, um Zugang zu Eleanor zu finden. Ach, Mist! So etwas lag ihm ganz und gar
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