Nachtkuss - Howard, L: Nachtkuss - Burn
»Hey!« Sie schrie ihn nicht gerade an, aber ihre Stimme war laut und fest.
Er schreckte nicht hoch, was ihr enorme Befriedigung verschafft hätte, aber immerhin stellte sie fest, dass er augenblicklich hellwach war, denn er knurrte ohne jedes Zögern: »Ich hoffe, es sind gute Nachrichten.«
»So wie ich es sehe, gibt es hier keine guten Nachrichten«, fuhr sie ihn an. »Mir ist kalt, weil Sie die Decke weggestrampelt haben, Sie haben das Laken unter sich festgeklemmt wie in einer Schraubzwinge, außerdem reißen Sie mir fast den Arm aus der Schulter und sie atmen mich an !«
»Der Herr möge mir verzeihen, dass ich atme«, grummelte er.
»Der Herr muss auch nicht neben Ihnen schlafen.« Sie riss an ihrem rechten Arm. »Fesseln Sie mich doch ans Bett. Das hier ist lächerlich.«
»Sehen Sie sich das Bett an. Ich kann Sie nicht daran fesseln, denn es hat keine Bettpfosten und auch keine praktischen kleinen Eisenringe. Das hier ist immer noch die zweitbeste Lösung. Die beste wäre es, Sie über Bord zu werfen.«
Jenner setzte nach, ohne auf seine Bemerkung einzugehen, denn sie wollte nicht riskieren, dass sie zuvor den Mut verlor. »Und vor allem will ich täglich mit Syd telefonieren, sonst kooperiere ich überhaupt nicht mehr. Kapiert?«
Schweigen. Er setzte sich auf und schaltete die Nachttischlampe ein. Sie blinzelte und schirmte automatisch mit der Linken das Gesicht ab, bis sie sich an das Licht gewöhnt hatte, das für eine so kleine Lampe absurd grell war. Dann kämpfte sie sich ebenfalls hoch, weil es ihr gar
nicht gefiel, dass er saß und sie lag. Zu spät fiel ihr ein, dass sie keinen BH trug; als sie ihren Pyjama angezogen hatte, war sie zu müde gewesen, um daran zu denken, dass sie den BH unter dem ärmellosen Top anbehalten sollte. Es war im Grunde ein dünn geripptes Unterhemd; und ihr war so kalt, dass ihre Brustwarzen den Stoff fast durchstachen. Tja, dumm gelaufen , dachte sie. Auf gar keinen Fall würde sie jetzt quiekend die Decke hochreißen wie ein kleines Mädchen.
Er rieb sich mit der Hand übers Gesicht, und seine Bartstoppeln schabten raschelnd wie Sandpapier über seine Handfläche. Er sah müde aus, seine Augen waren noch leicht geschwollen und die dunklen Haare standen in alle Richtungen ab, aber seine Stimme klang kalt und sachlich. »Wie kommen Sie darauf, dass Sie mir ein Ultimatum stellen können?«
»Ich konnte nicht schlafen und habe stattdessen nachgedacht«, antwortete sie genauso sachlich. »Und dabei bin ich zu dem Schluss gekommen, dass ich das sehr wohl kann. Sie brauchen mich als Vorwand, in dieser Suite zu sein. Ich weiß nicht warum und ich muss es auch nicht wissen, aber ich weiß, dass es so ist. Schön. Ob ich kooperiere, hängt davon ab, ob ich jeden Tag mit Syd telefonieren darf und was sie mir erzählt. Wenn es ihr gut geht, spiele ich mit. Wenn ihr irgendwas angetan wird, bin ich draußen. Und darüber wird nicht verhandelt.«
»Solange sie in unserer Gewalt ist, werden Sie auf jeden Fall mitspielen.«
»Wissen Sie was? Ihre Drohung zieht nur, solange ich darauf vertraue, dass Sie ihr nichts tun, und glauben Sie mir, bis jetzt wirken Sie nicht besonders vertrauenswürdig. Um mich zu überzeugen, dass sie am Leben und unverletzt ist, muss ich mit ihr sprechen - und zwar täglich .«
Damit ging sie ein so immenses Risiko ein, dass ihr ganz übel wurde, aber ihr war klar, dass sie jetzt nicht einknicken durfte. Nur so konnte sie für Sydneys Sicherheit garantieren, das war ihre einzige Waffe, und es wäre dumm gewesen, sie nicht einzusetzen.
Er beobachtete sie unter schweren Lidern hervor. Sie hielt den Atem an. Zumindest dachte er über ihre Forderung nach und prüfte sie aus mehreren Blickwinkeln. Sie hatte nichts zu verlieren - wenn Syd nicht schon tot war. O Gott. Was hätte es zu bedeuten, wenn er ablehnte? Dass sie Syd gleich nach dem ersten Anruf getötet hatten?
Bei dem Gedanken drohte ihr Herz zu zerspringen. Was sollte sie ohne Syd nur anfangen? Es gab auf der ganzen Welt keinen netteren, lieberen Menschen als Syd; sie hatte nichts von dem, was ihr gerade widerfuhr, verdient, und der Gedanke, dass sie vielleicht schon ermordet worden war - nein! Mit bebenden Lippen und Tränen in den Augen erhob sich Jenner auf die Knie. »Du Schwein!«, stieß sie atemlos und mit zittriger Stimme aus. »Wenn ihr meiner Freundin was angetan habt …«
Mit einer blitzschnellen Handbewegung fing er ihren linken Arm ab, bevor sie auch nur daran denken konnte,
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