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Nachtmahl im Paradies

Nachtmahl im Paradies

Titel: Nachtmahl im Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bennett Ben
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Michelin-Stern verliehen bekommen hatte.
    Nachdenklich betrachtete Jacques das vor ihm liegende Gemüse, das er eben aus der Kühlkammer geholt hatte. Für ein gelungenes Mahl war es entscheidend, das Gemüse von Hand zu schneiden – und nicht mit einer Maschine. Sonst verlor es unwiderruflich seine Seele, und nichts schmeckte so, wie es schmecken sollte. Das ganze Aroma war dahin – aufgrund einer einzigen Fehlentscheidung, nur um es sich leicht zu machen! Kurz nachdem er begonnen hatte, sich den Tomaten zu widmen, wobei er sich ihnen näherte, als wären es Zwiebeln – mit Tränen in den Augen –, hörte er es erneut.
    »Wisch-wasch.«
    Er hatte es sich also nicht eingebildet. Oder aber er bildete es sich bereits zum zweiten Mal ein. In diesem Fall hatte er ein ernsthaftes Problem, das er mit seinem Freund und Leibarzt Patrice würde besprechen müssen.
    »Wisch-wasch.«
    »Elli?« Jacques hob den Kopf von den Tomaten auf der Arbeitsfläche, um den Blick durch die im Halbdunkel liegende Restaurantküche schweifen zu lassen.
    »Gut, ich höre jetzt auf damit«, sagte er und wischte sich die Tränen mit dem weißen Ärmel seines Hemdes aus den Augen. »Zufrieden?«
    »Ja, Jacques.«
    Für eine Sekunde erstarrte er zu einer lebendigen Salzsäule. Es war nicht nur Ellis Stimme, die nun fest, klar verständlich und nicht mehr wie ein Flüstern klang. Sondern darüber hinaus eine menschliche Gestalt, die sich ihm von der im fahlen Nachtlicht liegenden anderen Seite des Raums näherte.
    »Oh Gott!«, stammelte Jacques und stützte sich mit beiden Händen an der Arbeitsfläche ab, wobei ihm das Messer entglitt und mit einem hellen metallischen Klacken auf dem Marmorboden landete.
    Vor ihm stand Elli. In einem Hauch von einem Sommerkleid, limonengelb und leicht wie getrocknete Fenchelblüten, das lange Haar floss wie ein Sturzbach aus Akazienhonig ihre Schultern herab, ihre zart gebräunten, nackten Füße steckten in kaffeebraunen Ledersandalen.
    Er wollte sie umarmen, sie an sich drücken, sie küssen, wieder und wieder – aber er blieb wie angewurzelt auf seinem Platz stehen. Als wäre er festgewachsen. Als würden unsichtbare Fesseln ihn zurückhalten, sich in ihre Arme zu stürzen – oder einfach nur umzufallen, in Anbetracht dessen, was sich hier vor seinen Augen abspielte.
    »Wie geht es dir, Jacques?«
    Es konnte unmöglich wahr sein, was er hier zu sehen und zu hören glaubte. Möglicherweise hatte er einen Gehirnschlag erlitten.
    »Jacques?« Elli trat einen Schritt näher an ihn heran, so dass er sie hätte berühren können – wenn er es nur vermocht hätte, seine zitternde Hand von der Arbeitsplatte zu nehmen und sie nach ihr auszustrecken.
    »Ja?«
    »Wie geht es dir?« Ein zweites Mal, obwohl in ihrem besorgten Blick die Antwort bereits geschrieben stand.
    »Mir … nicht so gut«, stotterte er. »Bin ich jetzt auch … ich meine, bin ich … tot ?«
    Vielleicht bildete er sich das alles gar nicht ein, sondern hatte einen Herzinfarkt erlitten oder war an einem Gehirnschlag verstorben. Fast hoffte er es. Sein Blick huschte über den gekachelten Küchenboden zu seinen Füßen – irgendwo dort müsste dann ja sein lebloser Körper liegen, während er hier als Engel, oder wie immer man diesen Zustand nennen wollte, mit … ihr plauderte. Mit Elli. Seinem Engel, der schon zu Lebzeiten ein Engel gewesen war.
    »Nein, du bist nicht tot, Jacques.«
    »Ich will es aber sein!«, entfuhr es ihm nun fast trotzig, während sein Blick sich erneut wie von einem Magneten geführt auf sie heftete. Weil er schlichtweg nicht begreifen konnte, was hier vor sich ging.
    »Wenn tot sein heißt, dass ich wieder mit dir zusammen sein kann, dann will ich sofort tot umfallen«, ergänzte er. »Oh Gott, ich habe dich so sehr vermisst. Bitte geh nicht wieder weg!«
    Es war fast ein Flehen, weil er plötzlich befürchtete, Elli könnte genauso schnell verschwinden, wie sie aufgetaucht war.
    »Keine Angst, Jacques. Ich bleibe noch ein Weilchen.«
    »Ein Weilchen? Was … bedeutet das?«
    Sie standen einander gegenüber wie ein Paar, das sich nach unendlich langer Zeit der Trennung wiedersieht, aber den richtigen Moment nicht finden kann, einander in die Arme zu fallen. Jacques war voller Verlangen, Elli zu berühren – und zugleich fühlte er sich, als hätte er einen Gehstock aus massiver Eiche verspeist, der ihm jede fließende Bewegung verwehrte.
    »Nun, es bedeutet mehr als einen Augenblick – und weniger als eine

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