Nachtmahr - Das Erwachen der Koenigin
glauben, aber ich würde wohl nicht drum herumkommen, daher bitte ich dich, überleg es dir noch einmal. Du ersparst uns allen eine Menge Ärger. Und außerdem liebst du ihn doch, nicht wahr? Also mach es uns nicht so schwer!«
»Ich habe dir meine Gründe genannt«, widersprach Lorena. »Mein Entschluss steht fest.«
»Nur wegen Noah und Tyler? Das hat doch gar nichts mit dir zu tun!«, rief Raika. »Du hast sie nicht vergiftet. So einfach ist das nämlich gar nicht. So etwas tut man nicht aus Versehen, wenn man mit einem Typen Sex hat. Also zumindest normalerweise nicht …«
Lorena starrte sie an und ließ sich in ihren Sessel zurücksinken. »Moment mal, das musst du mir näher erklären. Wir können also die Männer vergiften und ihren Charakter verderben, aber wir müssen das absichtlich tun?«
Raika nickte. »Ja, wenn du im Augenblick der Ekstase in sein Handgelenk beißt, bis sein Blut fließt, dann dringt unser Gift in seinen Körper. Es macht sie uns hörig, wenn wir es wollen. Wir können sie jederzeit zu uns rufen und ihnen alles befehlen, was wir wollen, aber sie verändern sich dadurch und werden, wie du es nennst, böse.«
»Ich habe weder Tyler noch Noah gebissen«, sagte Lorena, in deren Kopf es arbeitete. »Aber wenn nicht ich an ihrem Verderben schuld bin, wer dann?«
Sie wusste die Antwort, noch ehe sie das letzte Wort ausgesprochen hatte.
»Raika!«, rief sie entsetzt. »Du hast diese beiden Männer in voller Absicht gebissen und sie damit vergiftet? Warum um alles in der Welt hast du das getan?«
»Ach, nur so«, wehrte sie ab.
»Was? Einfach nur zum Spaß? Du hast aus einer Laune heraus ihr Leben zerstört? Ja, ich vergaß, du kennst ja keine Skrupel und lässt Männer zum Vergnügen von einem Hochhaus in den Tod springen!«
»Und wenn es so wäre«, schrie sie. »Es sind nur Männer. Ein Mann von Milliarden auf der Welt. Sie sind austauschbar, nicht wichtig. Zumindest die meisten. Das musst du noch lernen.«
Lorena wurde nun ebenfalls laut. »O nein, wenn ich eines nicht lernen werde, dann das! Jeder Mensch ist einzigartig und hat es verdient, sein Leben selbstbestimmt auf dieser Welt zu leben.«
»Träum weiter«, sagte Raika verächtlich. »Und wenn es dich interessiert: Nein, es war nicht nur Vergnügen, dass ich diesen Mann vom Dach springen ließ. Er hat mich bei meiner Wandlung gesehen. Und auch bei Tyler und Noah war es nicht nur Spaß.«
»Nein«, führte Lorena weiter aus und runzelte die Stirn. »Du hast es gemacht, um sie zu beherrschen, nicht wahr, weil ich mich mit ihnen getroffen habe, ist es nicht so? Dann hättest du sie jederzeit aushorchen oder ihnen Befehle erteilen können.«
Raika antwortete nicht, doch dass sie es nicht abstritt, war Lorena Antwort genug.
»Aber du siehst, Jason ist nicht in Gefahr. Du hast dich geirrt. Dein Gewissen ist frei von jeder Schuld, und du kannst zu ihm zurückkehren«, fügte Raika an, so als ob das Thema damit beendet wäre.
»Schön, dennoch gibt es noch jede Menge Fragen, die ich dieser Lady stellen möchte. Wo kann ich sie finden? Ist sie hier in London? Kannst du mich zu ihr führen?«
Raika stöhnte. »Du lässt nicht locker, nicht wahr?«
»Nein, das siehst du richtig. Je eher du den Widerstand aufgibst, desto schneller bringst du es hinter dich. Ich will mit dieser Lady sprechen, die über uns Nachtmahre so gut Bescheid weiß. Oder du musst alleine hingehen und ihr beichten, dass du versagt hast«, fügte Lorena mit lauerndem Blick hinzu.
Dass dieser Pfeil traf, war nicht zu übersehen. Allein die Vorstellung ließ Raika erschaudern.
»Nun gut, du lässt mir keine andere Wahl. Ich kann nur hoffen, dass es Mylady ebenso sieht. Dann lass uns aufbrechen. Sie hat ein Herrenhaus außerhalb von Oxford. Wenn wir uns beeilen, sind wir in einer Stunde dort.«
»Warte, ich muss mich erst umziehen«, protestierte Lorena und sah an ihrem alten T-Shirt und der Jeans herab. Ohne auf Raikas Protest zu reagieren, die es nun plötzlich sehr eilig hatte, ging sie ins Schlafzimmer und öffnete ihren Kleiderschrank. Raika musste eine Viertelstunde warten, bis Lorena wieder auftauchte.
»Meinst du, ich kann so gehen?«
Raika ließ ihren Blick von dem zu einem Knoten hochgesteckten Haar und dem dezent geschminkten Gesicht über den hellgrauen kurzen Blazer und die schwarze Hose bis zu den eher unauffälligen schwarzen Pumps hinunterwandern. Der einzige Lichtblick war der figurbetonte Schnitt der kurzen Jacke und die beiden Reihen
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