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Nachtmahr - Das Erwachen der Koenigin

Nachtmahr - Das Erwachen der Koenigin

Titel: Nachtmahr - Das Erwachen der Koenigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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Habe ich das gerade richtig gehört?«
    Alle, die sich gerade im Herrenhaus aufhielten, erstarrten, als die Lady ihre Stimme erhob, dass es bis in den Garten schallte. So etwas kam nicht oft vor. Ja, die meisten konnten sich nicht daran erinnern, dass dies überhaupt schon einmal geschehen war.
    »Es tut mir leid, Mylady, es gibt keinen Zweifel«, sagte die Hüterin in zurückhaltendem Ton, was die Sache nicht besser machte.
    »Schafft mir dieses Weib her!«, rief die Lady erbost. »Sofort! Tot oder lebendig. Ich will sie hier haben, damit ich sie in der Luft zerfetzen kann.«
    »Jawohl, ich werde sogleich dafür sorgen«, sagte die Hüterin mit einem leichten Zittern in der Stimme. Sie wusste, dass diese Drohung durchaus ernst zu nehmen war. Es war niemals eine gute Idee, ihre Aufmerksamkeit zu erregen, und noch dümmer war es, ihren Zorn auf sich zu ziehen.
    »Was soll denn die ganze Aufregung?«, erkundigte sich Raika, die wirklich keine Ahnung hatte, womit sie den Unmut der Lady verdient hatte. Während der ganzen Fahrt in der altmodischen Limousine, die sie ihr geschickt hatte, grübelte sie darüber nach, woran sie wohl solchen Anstoß nahm, dass sie sie noch während des Tages zum Herrenhaus bringen ließ. Aus ihrem schweigsamen Boten war natürlich nichts herauszubekommen. Raika hatte früher geargwöhnt, dass die Männer, die die Lady in ihren unsichtbaren Fängen hielt, gar nicht mehr sprechen konnten, doch das war ein Irrtum. Auf jeden Fall waren sie nicht bereit, über ihre Botschaft hinaus weitere Informationen preiszugeben oder gar über die Motive und Gedanken der Lady zu spekulieren. So blieben Raika während der Fahrt nur ihre eigenen Vermutungen, die alle keinen Sinn zu ergeben schienen. Sie hatte doch nur getan, was die Lady verlangt hatte! Seit Tagen war sie geradezu lächerlich anständig gewesen, hatte keine Männer in den Tod getrieben und auch sonst keinerlei Aufruhr verursacht. Bei Tag hatte sie brav in der neuen Firma zur Probe gearbeitet, bei der sie sich vorgestellt hatte, und nachts hatte sie sich auf ihren Beobachtungsposten nach Notting Hill begeben, um zu sehen, was Lorena trieb. Sie hatte sich nicht einmal in den Streit zwischen Noah und Tyler eingemischt, die sich um Lorenas Gunst die Nasen einschlugen. Ha, die Lady sollte Lorena vorladen und ihr die Leviten lesen! Ja, und dann war sie Lorena gestern zu diesem unsäglich langweiligen Konzert gefolgt …
    Ups.
    Das Konzert. Der süße Cellist, mit dem sich Lorena verabredete. Konnte das vielleicht der Stein des Anstoßes sein? Aber warum? Sie hatte ihm nichts getan. Sie hatte sich nur Lorenas Umfeld ein wenig näher angesehen, verteidigte sie sich vor sich selbst. Woher hätte sie wissen sollen, dass dieser Junge tabu war? Wenn es überhaupt darum ging.
    Genau darum ging es, stellte Raika fest, als der erste Wortschwall der Lady wie ein Gewitterschauer auf sie herabprasselte. Solch einen Gefühlsausbruch hatte Raika bei ihr noch nie erlebt. Ja, sie hatte sich bis zu diesem Tag gefragt, ob die graue Eminenz ihrer Schwesternschaft überhaupt noch zu so etwas wie Gefühlsregungen fähig war. Zumindest diese Frage wurde ihr beantwortet und auch die, ob es ratsam sei, die sonst so sorgsam verborgenen Gefühlsregungen hervorzulocken.
    Die Antwort lautete eindeutig nein!
    Mit eingezogenem Kopf kniete Raika zu Füßen der Lady und wartete, bis der Schauer eisiger Worte nachließ. Sie hatte kaum die Hälfte von dem verstanden, was man ihr um die Ohren schlug. Was ihr allerdings klar wurde, war, dass die Lady es für gar keinen guten Einfall hielt, dass sie sich Jason nach dem Konzert genähert und sich mit ihm bekannt gemacht hatte. Was daran allerdings so schrecklich sein sollte, verstand sie noch immer nicht.
    »Du hast ihm doch nicht etwa dein Gift eingeflößt und ihn dir untertan gemacht?«, herrschte die Lady sie an.
    Raika schüttelte den Kopf. »Nein, ich habe ihn mir lediglich mal angesehen.«
    Das war zwar ein wenig untertrieben, aber was tat das zur Sache?
    Die Lady schnaubte abfällig. »Angesehen«, wiederholte sie, und ihr Ton zeigte deutlich, dass auch sie das nicht für das treffende Wort hielt, doch zum Glück schien der Ausbruch vorüber, und sie kehrte zu ihrem distanzierten Tonfall zurück. »Nun gut, dann scheint ja noch nicht alles verloren.«
    »Was?«, wagte Raika nachzufragen. »Ich verstehe das nicht. Worum geht es denn eigentlich? Warum ist Lorena für Sie so wichtig, und was ist an diesem Jason dran? Mir ist nichts

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