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Nachtmahr - Das Erwachen der Koenigin

Nachtmahr - Das Erwachen der Koenigin

Titel: Nachtmahr - Das Erwachen der Koenigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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Notting Hill auf.
    Raika blickte Lorena nach, wie sie in Richtung Hydepark verschwand. Sie selbst hatte sich bereits nach Einbruch der Dunkelheit gewandelt. Warum auch nicht? Sie liebte ihre Gestalt als Nachtmahr und nutzte, wenn möglich, jede Stunde aus, die sie sich ihrer bedienen konnte.
    Sollte sie Lorena folgen? Sehen, was sie in ihrer Stunde der Wandlung machte? Erfahrungsgemäß nichts allzu Spannendes , dachte sie und zog eine verächtliche Grimasse. Sie verstand diese Frau nicht. Der Nachtmahr in ihr war eine wundervolle Gabe, ein Geschenk, das man nutzen musste, und sie schien mit allen Mitteln gegen ihn anzukämpfen. Wenigstens setzte sich der Nachtmahr immer wieder durch und verlangte seinen Tribut , dachte Raika mit einem Grinsen.
    Da fielen ihr einige Musiker auf, die aus einem Pub kamen und ins Freie traten. Sie riefen sich Abschiedsworte zu, hoben grüßend die Arme und strebten dann in unterschiedliche Richtungen davon. Raika schenkte ihnen nur wenig Interesse. Musiker mit einem Geigenkasten unter dem Arm, das konnten nur arme Würstchen sein, mit denen sie sich bereits nach einer Stunde tödlich langweilte. Aber halt, der Kerl mit dem Cellokasten, der dort drüben auf den weißen Oldtimer mit dem ungewöhnlichen Holzrahmen am Heck zustrebte, war das nicht dieser Jason, den Lorena sich auserkoren hatte? Raika betrachtete ihn aufmerksam.
    Der sieht gar nicht schlecht aus. Ja, richtig lecker. So einen könnte sie sich auch auf dem Cricketfeld vorstellen, statt mit einem Cello in der Hand. Der könnte durchaus etwas zu bieten haben. Und selbst wenn nicht, war es sicher gut, etwas über ihn zu erfahren, sollte sich die Beziehung zwischen ihm und ihrer Zielperson intensivieren. Vielleicht wurde diese Nacht ja doch noch ganz interessant …
    Auf Raikas Miene zeigte sich ein strahlendes Lächeln, als sie mit wiegenden Hüften die Straße überquerte und dann neben dem Wagen stehen blieb, der eindeutig schon mehr Jahrzehnte auf dem Buckel hatte als sie selbst.
    »Genau das richtige Auto für Sie«, bemerkte sie gut gelaunt.
    Jason blickte sich kurz um, grüßte und wandte sich dann wieder seinem Cellokasten zu. »Sagen Sie nichts gegen meinen Wagen. Er ist zwar schon ein wenig in die Jahre gekommen, aber man sollte ihn nicht unterschätzen.«
    »Ach, und vermutlich hat er auch eine empfindsame Seele«, fügte Raika mit einem Lachen hinzu und tätschelte den stumpfen Lack des Morris Minor 1000 Traveller, der wegen seines Holzaufbaus scherzhaft auch »Woody« genannt wurde.
    »Ja, das hat er, und er merkt ganz genau, wenn man ihn gering schätzt. Dann ist er nicht mehr bereit, sein Bestes zu geben.«
    »Ich werde es mir merken«, versprach sie in gespielt ernstem Ton.
    Nun richtete Jason seinen Blick auf die fremde Frau, und Raika spürte, wie ihr Zauber ihn zu fesseln begann. Es war stets dasselbe, doch sie konnte nicht umhin, diesen ersten Augenblick noch immer zu genießen.
    Jason streckte ihr die Hand entgegen und stellte sich vor.
    Raika ging auf das Ritual ein, dann deutete sie auf den Kasten mit dem Cello. »Ohne Ihrem empfindlichen Wagen zu nahe treten zu wollen: Glauben Sie wirklich, dass er sich bereit erklärt, solch einen großen, schweren Kasten zu transportieren?«
    Jason lächelte sie an. »Er ist nicht so altersschwach, wie er Ihnen erscheint, und außerdem sind wir ein eingespieltes Team.« Er klappte die beiden Türflügel des Kofferraums auf. »Hier hinten würde ich auch einen Kontrabass hineinbekommen. Und selbst mit dem Cellokasten ist noch genug Platz für anderes Gepäck. Alles schon ausprobiert.«
    »Champagnerflaschen, Blumen und Konfekt, mit denen man Sie nach jedem Konzert überhäuft?«, vermutete Raika.
    Jason lachte. »Aber ja, sehen Sie sich um!« Er deutete auf den leeren Gehsteig. »Ich kann mich vor Aufmerksamkeiten gar nicht retten.«
    »Dann müssen sie heute Abend wohl aus Ihrer Garderobe gestohlen worden sein«, behauptete Raika und zwinkerte ihm zu.
    »Vermutlich«, meinte Jason trocken, während er den Cellokasten verstaute.
    »Das funktioniert ja wirklich«, bemerkte Raika, als er die Türen zuschlug. »Und vorn gibt es noch genug Platz für eine Kopilotin … wenn Sie mich ein Stück mitnehmen.«
    Jason zögerte, doch sie ließ ihm nicht die Freiheit, ihre Forderung abzulehnen.
    »Wohin möchten Sie denn?«, fragte er.
    »Ach, fahren wir einfach los«, rief Raika, die bereits im Wagen saß, ehe Jason wusste, wie ihm geschah.

Kapitel 8
GERÄTETURNEN
    »Sie hat was?

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