Nachtmahr - Das Erwachen der Koenigin
fühlte sich verlegen und wusste nicht, was sie ihm für eine Erklärung bieten konnte, doch das verlangte er auch nicht. Er ahnte wohl etwas von ihrem inneren Kampf, denn er hob abwehrend die Hände.
»Nein, sagen Sie nichts weiter. Ich will nicht wissen, wozu Sie das nun wieder benötigen. Es wird funktionieren, und ich hoffe, dass Sie mich nicht noch einmal brauchen.«
Rasch packte er seine Tasche zusammen und verließ sichtlich erleichtert das Haus.
Unruhig stapfte Lorena auf und ab. Die Schiebetüren öffneten und schlossen sich immer wieder, doch sie konnte kein bekanntes Gesicht unter den Menschen erkennen, die in kleinen Gruppen die Halle betraten. Ihr Blick huschte immer wieder zur Anzeigetafel hinauf. Der Flug aus Prag war schon vor einer halben Stunde gelandet. Wo blieben sie nur? Konnte es so lange dauern, bis sie ihr Gepäck bekamen? Vielleicht. Gatwick war nicht gerade für seine schnelle Abfertigung bekannt. Außerdem wurden die wertvollen Instrumente sicher gesondert transportiert.
Lorena musste sich noch eine weitere Viertelstunde die Beine in den Bauch stehen, bis die Schiebetür endlich die ersten Mitglieder des Orchesters entließ. Nicht dass Lorena sie alle kannte, doch zumindest erkannte sie Geigenkästen und andere in speziellen Koffern verpackte Instrumente.
Und dann kam er. Jason schleppte sein Cello in der einen Hand, mit der anderen zog er seinen Koffer hinter sich her. Er stellte sein Gepäck ab, als er Lorena auf sich zukommen sah, und schloss sie in die Arme.
»Endlich! Ich habe dich so sehr vermisst. Es war zu schade, dass du nicht mit dabei sein konntest. Die Konzerte waren wundervoll. Aber davon kann ich dir später erzählen. Wie geht es dir?«
Sie schmiegte sich an ihn. »Jetzt, wo du wieder da bist, natürlich gut. Hast du heute Abend Zeit?«
Jason nickte. »Ja, wollen wir zusammen irgendwo in Covent Garden essen gehen?«
»Ich könnte auch etwas für uns kochen«, schlug Lorena vor. »Wenn du mit zu mir kommen möchtest? Und wenn du willst, dann bring deine Zahnbürste mit und was du sonst noch so brauchst … Aber nur, wenn du willst«, fügte sie ein wenig verlegen hinzu.
Er strahlte und drückte sie an sich. »Du weißt, dass ich das möchte. Ich habe mich immer danach gesehnt, mit dir zusammen aufzuwachen.«
Lorena nickte. Sie nahm ihm den Koffer ab und dirigierte ihn zu ihrem Auto. Es war nicht einfach, das Cello auf dem Rücksitz ihres Minis zu verstauen. Der Rest seines Gepäcks passte zum Glück in den Kofferraum. Jason nahm auf dem Beifahrersitz Platz. Er erzählte von seiner Tournee, während sie den Wagen Richtung Notting Hill steuerte. Sie fühlte sich ein wenig nervös, versuchte aber, sich nichts anmerken zu lassen.
Es war ein wenig wie beim ersten Mal – nun, so etwas Ähnliches war es ja auch. Noch nie hatte Lorena einen Mann zu sich eingeladen, die Nacht mit ihr zu verbringen. Wenn das nur nicht in einer Katastrophe endete!
Sie hatte im Wohnzimmer gedeckt. Der kleine Couchtisch schien ihr für ein romantisches Dinner geeigneter als ihre Küche. Es sah alles sehr schön aus, und auch das Essen war ihr gut gelungen, wobei sie bezweifelte, ob Jason das überhaupt bemerkte. Er griff immer wieder nach ihrer Hand und küsste sie, bis das Essen auf seinem Teller kalt sein musste. Lorena schielte auf die Uhr und machte sich dann energisch von ihm los.
»Schluss damit! Du musst jetzt deinen Teller leer essen. Es gibt noch Nachtisch!«
Jason lächelte sie an. »Ja und? Haben wir es denn eilig?«
Ja! , hätte Lorena am liebsten gerufen. Schließlich musste er um Mitternacht fest schlafen, sodass er nicht bemerkte, wenn sie sich davonschlich. Stattdessen sagte sie: »Nein, das nicht, aber es schmeckt besser, solange es warm ist, und außerdem können wir uns nach dem ersten Nachtisch in Ruhe dem zweiten zuwenden, der nicht hier im Wohnzimmer serviert wird.«
Er neckte sie ein wenig, schien aber gegen das Programm nichts einzuwenden zu haben. Rasch leerte er seinen Teller und sprach dann auch noch ihrem selbst gemachten Trifle zu. Lorena liebte das traditionelle britische Dessert, das aus mehreren Schichten bestand, angefangen mit in Sherry getränktem Sponge Cake , darüber frische oder eingelegte Früchte, dann eine Schicht Vanillepudding, abgerundet mit Sahne und gehobelten Mandeln. Lorena schenkte Jason immer wieder Wein ein, bis er das Glas von sich schob und protestierte.
»Was hast du vor? Willst du mich betrunken machen? Ich habe genau gesehen, dass
Weitere Kostenlose Bücher