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Nachtnelken - Ein Altmarkkrimi (Judith Brunners vierter Fall) (German Edition)

Nachtnelken - Ein Altmarkkrimi (Judith Brunners vierter Fall) (German Edition)

Titel: Nachtnelken - Ein Altmarkkrimi (Judith Brunners vierter Fall) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heike Schroll
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Ton ging allen durch Mark und Bein.
    »Ob wir mit suchen sollten?« Erna Mischer schien bereitwillig helfen zu wollen. »Ich könnte mein Rad nehmen«, schlug sie vor, denn wegen eines offenen Beines war sie eigentlich schlecht zu Fuß. Fahrradfahren hingegen gelang ihr noch ganz gut.
    »Päh! Wir Alten?«, war Edeltraud Weber skeptisch. »Wir stehen doch nur im Weg rum ... Und überhaupt, das Mädel ist eben ein richtiger Backfisch. Wer weiß, vielleicht treibt die sich bloß rum?«
    Unter anderen Umständen hätte Laura über den altertümlichen Begriff geschmunzelt.
    »Traudel? Du kennst sie?«, wunderte sich Irmgard Rehse.
    »Nur vom Sehen. Ihre Tante arbeitet doch stundenweise im Blumenladen in Kakerbeck, da war das Kind manchmal mit im Geschäft. Ne hübsche Deern, übrigens.«
    Sie sahen, wie Max Schwarz und weiter unten Hänschen Hartmann zum Treffpunkt der Feuerwehr, dem Spritzenhaus auf dem Dorfplatz, eilten. Schon kam Hans Sommer auf seinem unwillig knatternden Moped vorbei, seinen halbwüchsigen Sohn auf dem Sozius. Selbst Alfi Schuler, einen harmlosen Trunkenbold, trieb es zu dieser für ihn frühen Stunde vor die Tür.
    »Gehen wir auch mit hin«, schlug Laura trotz ihrer schmerzenden Hand vor. »Wenigstens fragen könnten wir, ob wir gebraucht werden.«
     
 
    ~ 14 ~
     
Judith Brunner ärgerte sich nicht zum ersten Mal über Grilles Dienstauffassung. Mehrere ernsthafte Gespräche hatten es nicht vermocht, eine angemessene Haltung dieses Mannes zu seiner Arbeit und zu seinen Pflichten zu erwirken. Das war mehr als unerfreulich und sie musste es bis jetzt hinnehmen, da die Personalstelle keinerlei Neigung erkennen ließ, sie hinsichtlich dienstrechtlicher Konsequenzen zu unterstützen. Doch dieses Mal hatte Grille ein Menschenleben riskiert, um im Dienst ungestört zu sein! Judith Brunner war nicht im Mindesten bereit, das zu tolerieren. Egal wie die Sache mit Ilona Eichners Verschwinden ausgehen würde – die Konsequenzen für ihren Mitarbeiter würden äußerst unangenehm werden.
     
Gleich nachdem sie Clara Eichner verlassen hatte, eilte sie zu Grambow ins Büro und bat ihn, sich um eine Betreuung für die verzweifelte Frau zu kümmern.
    Der Ortspolizist wusste sofort, was zu tun war und rief bei einer Frau aus dem Dorf an.
    Die laut knarzenden Dielen im Flur kündigten das Kommen von Einsatzleiter Helmut Resch an.
    Mit der freien Hand bedeutete Grambow ihm, sich mit einem Kaffee aus einer zerbeulten Thermoskanne zu stärken, während er sein Telefonat zum Ende brachte.
    Der Bereitschaftspolizist nickte dankend und begann zu berichten: »Die Feuerwehrmänner aus den Nachbardörfern sind inzwischen da. Die neuen Wehren durchstreifen in einem größeren Radius das Gelände rund um das Dorf. Auf dem Weg zum Haus der Lindners wird besonders intensiv nach Ilona Eichner gesucht. Da sie ihre Freundin nicht abgeholt hat, kann ihr schon vorher etwas zugestoßen sein, zum Beispiel ein Unfall mit Fahrerflucht, und sie liegt irgendwo hilflos und verletzt. Natürlich kann sie es sich auch anders überlegt haben und hat einen ganz anderen Weg genommen. Dummerweise ist sie niemandem im Dorf aufgefallen.«
    Fast hoffte Judith Brunner auf das Unfallszenario, denn die Alternativen würden schlimmer sein. Sie ging zu der großformatigen, auf einem herbeigeholten Zusatztisch ausgebreiteten Geländekarte, deren Maßstab selbst kleinste Details erkennen ließ. Die alte Landstraße verband Engersen mit Waldau, wobei sie ungefähr einen Kilometer südlich des Dorfes die F 71 kreuzte, eine viel befahrene Fernstraße. An der Kreuzung gab es in jeder Fahrtrichtung eine einfache Bushaltestelle ohne Wartehäuschen. Heute, am Sonntag, würde sich der LKW- und Busverkehr in Grenzen halten, aber an anderen Tagen konnte dort schon ein ziemliches Verkehrsaufkommen herrschen, wie Judith Brunner aus eigener Erfahrung wusste.
    Resch trat neben sie. »An den Haltestellen warten einige meiner Polizisten auf die Mittagsbusse. Die Fahrer kennen fast jeden, der mit ihnen unterwegs ist. Milchlaster und Futtermitteltransporter fahren ebenfalls regelmäßig dort vorbei; die werden auch angehalten und befragt.«
    Judith Brunner nickte. Jeder der Fahrer könnte sich bestimmt noch an ein einzelnes Mädchen erinnern. Für den unwahrscheinlichen Fall, dass Ilona Eichner tatsächlich einfach ausgerissen war, sollten sich so erste Hinweise finden lassen.
    Allerdings barg die Fernverkehrsstraße eine weit größere Gefahr für Kinder und Jugendliche.

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