Nachtnelken - Ein Altmarkkrimi (Judith Brunners vierter Fall) (German Edition)
hat.«
~ 17 ~
»Heute Morgen erwähnte Clara Eichner eine Freundin. Könnten Sie zu diesen Lindners gehen und meinen Besuch irgendwann für den heutigen Nachmittag ankündigen? Ich würde mich gern mit dem Mädchen unterhalten«, bat Judith Brunner kaum, dass sie wieder auf dem Gehweg standen, den Ortspolizisten.
»Das wird nicht gehen. Die sind schon in aller Frühe weggefahren. Ich habe sie zusammen in ihrem Auto gesehen. Von einem Urlaub weiß ich aber nichts; ist sicher nur ein Sonntagsausflug. Ich passe auf. Wenn die Lindners zurückkommen, kümmere ich mich darum.«
»Kennen Sie die Leute?«
Grambow antwortete: »Wie man sich eben auf dem Dorf so kennt. Eine ziemlich normale Familie. Gut geht es ihnen miteinander, zumindest habe ich den Eindruck. Die unternehmen öfter mal was. Wenn die Lindners für länger wegfahren wollten, hätte ich davon gewusst.«
Judith Brunner glaubte ihm das sofort. Walter wusste in Waldau auch immer ziemlich genau, wenn jemand länger abwesend war und warum. Dörfliche Nachbarschaft bedeutete auch, sich über Verwandtenbesuche, Krankenhausaufenthalte und Urlaubsplanungen auszutauschen.
Als sie wenig später an den Fundort zurückkamen, verabschiedete Helmut Resch die letzten Leute von den Feuerwehrsuchtrupps. Die Stimmung war gedrückt. Die Männer riefen sich ab und zu ein paar kurze Grüße zu und die meisten verschwanden, ohne sich umzusehen, in den diversen Fahrzeugen; einige Männer in Uniform saßen am Straßengraben und warteten auf neue Befehle.
Ernst Grambow verscheuchte ein paar Schaulustige, wofür Judith Brunner ihm sehr dankbar war. Sie registrierte beruhigt, dass der Weg, der zum Fundort führte, bereits abgesperrt war.
Die Staatsanwältin traf ein und erledigte ihre Pflichten. Sie sagte kaum etwas. »Waren Sie schon bei ihr zu Hause?«, wollte sie von Judith Brunner wissen. »Soll ich vielleicht mit hinkommen?«
»Nicht nötig. Ich war schon dort«, konnte sie das gut gemeinte Angebot ablehnen. »Danke.«
»Hm. Dann rufen Sie mich bitte an, wenn Sie Hilfe benötigen. Das hier muss ein schnelles Ende finden«, verabschiedete sie sich und ging zu ihrem Auto.
Judith Brunner informierte Helmut Resch, der geduldig die Abfahrt der Staatsanwältin abgewartet hatte, über die telefonischen Anweisungen der Bezirksbehörde. Dann erkundigte sie sich bei ihm: »Wer hat das Mädchen eigentlich gefunden?«
Ihr Kollege nickte zu einem Mann seiner Bereitschaftspolizei, der einige Meter entfernt rauchend unter einem Pflaumenbaum im Straßengraben saß. »Der da. Karsten Windisch. Gehört zu meinen besten Männern. War seine erste Leiche. Und dann ausgerechnet so etwas.«
Judith Brunner ging zu dem jungen Mann und stellte sich vor. Mitfühlend fragte sie: »Wie geht es Ihnen?«
Windisch hievte sich hoch und machte keinen Hehl aus seiner Gemütslage: »Beschissen.«
»Das kann ich mir vorstellen ... Können Sie mir berichten, wie Sie das Mädchen entdeckt haben?«
Karsten Windisch schloss kurz die Augen und begann: »Wir hatten uns aufgeteilt, vorne an der Kreuzung zur F 71. Einer für jede Richtung und jede Straßenseite. Ich nahm die linke Straßenseite Richtung Engersen. Als Erstes fand ich eine Papiertüte. Auf die habe ich aber nicht weiter geachtet. Ich dachte, das sei irgendwelcher Müll. Dann kam ein Feldweg. Da sah ich ein Stück weiter hinten das Schulheft auf dem Wegrand liegen und ging hin. Überall waren diese kleinen roten Blumen verstreut. Als ich mich intensiver umblickte, sah ich, dass noch weiter hinten jemand schräg ins Korn gegangen war. Na ja, und dort war sie.« Windisch trat seine Kippe aus und zündete sich sofort eine neue Zigarette an. Er inhalierte tief und pustete einen gewaltigen Schwall Rauch aus. »Ist ’n Scheißgefühl«, wiederholte er.
»Ich weiß«, sagte Judith Brunner mitfühlend, wechselte aber sofort die Stimmlage: »Sie haben sehr bedacht gehandelt, als Sie nicht direkt der Spur ins Feld folgten, sondern daneben gelaufen sind. Das war richtig gut.«
Karsten Windisch tat das Lob mit einer resignierten Handbewegung ab, setzte aber etwas aufgemuntert hinzu: »Ich hab auch nichts angefasst oder so. Gelernt ist gelernt, wozu machen wir denn sonst diese ganzen Lehrgänge.«
»Haben Sie schon jemandem erzählt, was Sie genau gesehen haben? Einzelheiten?«
Der junge Mann schüttelte den Kopf.
»Gut. Ich bitte Sie, auch weiterhin Stillschweigen über die Fundsituation zu wahren. Es dürfen keinerlei Details bekannt
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