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Nachtpfade

Nachtpfade

Titel: Nachtpfade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Förg
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und wahrscheinlich hatte
Erhard mit dieser Einschätzung recht. Warum er sich nicht durchgesetzt hatte
gegen die Schwester, hatte Gerhard wissen wollen. Denn Bäume vernageln war ja
schon starker Tobak und alles andere als ein Kavaliersdelikt. Erhard erklärte,
dass seine Wut langsam verraucht sei und sie ihm leidgetan habe. Und dann hatte
jeder ja mal einen schlechten Tag. In der Umgebung hatten ganz andere mal einen
schlechten Tag. Ein paar kleine Beispiele hatte er angefügt, angefangen von
Brennholzdiebstählen bis hin zu Typen, die in ihrer Stammwirtschaft, der
Flößerstube, Wein aus dem Keller gestohlen hatten und Bierfässer und das auch
noch ganz dreist geleugnet hatten. Und so weiter und so fort, eine ganze
Litanei. Die waren eben stier gewesen, aber mit denen säße man ja auch noch am
Stammtisch.
    Erhards Vorstellung und Definition von
Kavaliersdelikten fand Gerhard wahrhaft abenteuerlich, aber er war fast
versucht, Erhard zu glauben. Wahrscheinlich war das hier so, unter dem Deckel
der bäuerlichen Tradition und des kernigen Brauchtums brodelte eine gewaltige
Mischung an dreister Kleinkriminalität. So betrachtet war Jacky doch in bester
Gesellschaft. Schließlich traten Gerhard und Evi den Rückzug an, und Evis
frustriertem Resümee konnte und wollte Gerhard nichts hinzufügen.
    »Der Sumpf, in den wir hier hineingeraten sind, der
ist zäher als jede dickbreiige Pampe in den Bayersoiener Kurhotels.«
    Als sie wieder im Büro waren, fanden sie dort Melanie
in wahrer Aufregung. Sie hatte einen gefunden, der den Wagen manipuliert hatte.
Wie sie den aufgetan hatte, war ebenfalls eine aparte Geschichte. Sie hatte
einigen jungen Frauen von der Schönberger Musik schwer zugesetzt – vor allem
mit dem Argument, dass da ein Irrer das Leben aller aufs Spiel gesetzt hatte –,
und eine Frau war ja wirklich schwer verletzt worden. Irgendwie hatte Melanie
an Mitgefühl, Gottesfurcht oder sonst was appelliert – mit wenig Erfolg.
Letztlich waren es die niederen Instinkte, die Melanie ans Ziel geführt hatten.
Eines der Mädchen hatte sich nämlich als ziemlich dünnhäutig erwiesen. Ihr
Freund hatte am Samstag vor der Leonhardifahrt wegen einer »Schlampe, die wo
aus Peiting is«, mit ihr Schluss gemacht. Und weil sie es dem Typen heimzahlen
wollte, verriet sie Melanie, dass der Martl, was ihr Ex war, am Samstagabend
einen Anruf bekommen hatte und dann sofort losgefahren sei. Sie hatte natürlich
gedacht, es ginge um die Peitinger Schlampe, und hatte ihn verfolgt. Er fuhr
aber erst mal in die falsche Richtung, namentlich nach Böbing, weiter in die
Schöffau und in Uffing dann zum Alpenblick. Der hatte ein Date im Biergarten –
zumindest hatte das Mädchen ein solches angenommen –, und sie war stocksauer,
denn laut Melanies Protokoll war ihr Ex »knickrig«, und »mit mir ist er da nie
gewest«. Doch das Date entpuppte sich als ein Treffen mit einem Unbekannten,
der ihm Geldscheine in die Hand gezählt hätte. Und weil die junge Dame trotz
ihres reduzierten Sprachschatzes und obwohl sie auf Kriegsfuß mit der deutschen
Grammatik stand, sonst wohl gar nicht so dämlich war, hatte sie gefolgert, dass
der Martl wohl an dem Wagen rumgeschraubt hatte. Er war praktischerweise Landmaschinenmechaniker.
Zudem war er, als sich der Unfall ereignet hatte, einer der wenigen gewesen,
denen nichts passiert war. Er war nämlich raketengleich abgesprungen. »Dass der
so was an seine Freind antut«, das waren die letzten Worte des Mädchens gewesen.
Den Geldboten hatte sie als sehr groß, sehr schlank, brünett und Mitte dreißig
beschrieben. »Mit einer schwarzen Brille, wie sie der Opa hat.« Und das kluge
Mädchen hatte ein Bild mit ihrem Handy gemacht. Das war zwar ziemlich unscharf,
und der Brünette war etwas verdeckt, aber das Bild war dennoch zu gebrauchen.
    Sie beugten sich über das Bild: Definitiv nicht
Ferdinand Friedl, dachte Gerhard mit Bedauern und stimmte erst mal in Evis
Lobeshymne für Melanie ein. Als Nächstes schickte er eine Streife zu diesem
Martl, die ihn als ganz persönlichen und kostenlosen Taxiservice herbringen
sollte. Des Weiteren war es natürlich interessant, wer denn nun der Brünette
gewesen war.
    »Ich hab da eine Idee«, meinte Evi und setzte sich vor
den PC . Nach einiger Zeit kam ein
»Cool« von Melanie. Gerhard schaute den beiden über die Schultern. Er verrenkte
sich ein wenig, und siehe: Da war die Homepage von Friedl Bau. Die Seite war
betitelt mit »Das Team«, und untereinander waren

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