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Nachtpfade

Nachtpfade

Titel: Nachtpfade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Förg
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das nicht
mal zum Verhängnis für eine größere Karriere. Integrität und Kompetenz konnten
da ja eher hinderlich sein.
    Das Interesse am »Todeskampf im Gips« war grandios.
Als Bild München davon Wind bekommen hatte, weil selbst Bildreporter den
bescheideneren Münchner Merkur lasen und Gerhard dann interviewt hatten, ging
es rund. Alle Revolversendungen auf den Privaten wollten bei ihm im Krankenhaus
filmen und in Weinlings halbfertigem Hangar – er hatte das über den
Pressesprecher der Polizei erfolgreich abblocken lassen. Er hoffte, dass da
nicht noch ein dickes Ende nachkäme, eine Tapferkeitsmedaille oder irgendwas am
Bande. Was sollte der Trubel? Er hatte noch nie in seinem Leben so wenig getan
für den Ruhm. Er war ja fixiert gewesen, aber Aussitzen wurde eben belohnt.
    Der Weinling war auch im Krankenhaus gewesen, Gerhard
hatte zum ersten Mal im Leben Mühe gehabt, etwas zu sagen. Er hatte dem Mann ja
wirklich zugesetzt. Sie hatten es mit einem »Nix für uguat« und einem »Kaff mer
uns a Hoibe in dr Flößerstub« gut sein lassen. Spekulationen über eine
Beteiligung Weinlings hatte Gerhard sofort abgeschmettert. Es waren diese
beiden Typen gewesen, keine Frage.
    Gerhards Auto war einen Tag später in einem Waldweg
gefunden worden, ohne irgendwelche Fingerabdrücke, die nicht von Gerhard
stammten. Oder von Evi, Jo und Kassandra, die alle schon mal sein Auto gefahren
hatten. Die Spusi hatte viel Spaß gehabt mit seiner fahrenden Müllhalde, der
Inhalt des Autos hatte doch tatsächlich drei große blaue Säcke ergeben. Nun
wusste die Spusi zwar, dass er sich schlecht ernährte, dass seine Bergsocken
stanken und sein Rucksack Löcher hatte, aber verwertbare Spuren hatte es keine
gegeben. Absolute Profis waren das gewesen. Gerhard hatte diese Typen zwar in
der Post ohne Skimützen gesehen, aber ihre Gesichter nur am Rande registriert.
Man hatte ihm einen Laptop ans Bett gebracht, damit er sich durch die
Verbrecherkartei von Europol klickte. Ohne Ergebnis, die Herren sahen alle
irgendwie gleich aus. Und sie waren sicher längst wieder in Bukarest, Belgrad,
im Kosovo oder sonst wo, wo ein Menschenleben rein gar nichts zählte.
    Die Polizeimaschinerie lief auf Hochtouren, natürlich
hatte man versucht, den Anrufer zu identifizieren. Aber die Stimme war verzerrt
worden, und die Spezialisten konnten sie nur so weit filtern, dass man eine
männliche Stimme erkennen konnte, keine Stimme, die in irgendeiner Weise zu
jemanden gepasst hätte. Auch nicht zum Miesbacher, und doch war Gerhard sich so
sicher wie selten, dass diese Attacke auf das Konto von Ferdinand Friedl ging.
    So war das gewesen in den letzten vier Tagen, und nun
waren sie endlich alle draußen. Er sollte Ruhe haben. Die Schwester hatte drauf
bestanden.
    Plötzlich quiekte Gerhards Handy. Eine SMS . »Gute Besserung. Die Jagd ist erst
zu Ende, wenn sie zu Ende ist.«
    Der Miesbacher! Gerhard war wie elektrisiert. Der Mann
war ein Bluthund, er würde nie aufhören, der Spur zu folgen. Jetzt war er sich
ganz sicher, dass Friedl ihn nie hatte töten wollen. Er hatte ihn nur seine
Macht spüren lassen. Nein, seine Allmacht! Gerhard simste zurück: »Danke, aber
das dicke Ende kommt oft nach.«
    Gerhards Handy ging an die Spezialisten. Die Nummer
gehörte einer Frau Mustermann, die es in der Realität nicht gab. Die
Spezialisten konnten das Handy sogar orten, von dem die SMS abgeschickt worden war. Sie entdeckten es schließlich in
einem Abfalleimer am schönen Tiroler Thiersee. Gerhards SMS war noch drauf. »Das dicke Ende kommt oft nach.«
Ferdinand Friedl war an dem Tag nicht am Thiersee gewesen, keiner von Friedl
Bau hatte jemals etwas mit dem Thiersee zu tun gehabt.
    Am nächsten Morgen willigten die Ärzte ein, ihn gehen
zu lassen, allerdings unter der Bedingung, dass er sich schonen würde. Er war
haarscharf an einer Lungenentzündung vorbeigeschreppt, und er litt immer noch
unter den juckenden Pusteln.
    Gerhard gelobte, die Anti-Juck-Pampe aufzutragen, rief
sich ein Taxi und war dreißig Minuten später im Büro.

Kapitel 10
    »Ich schweifte herum wie ein Irrlicht.
    Ich fühlte, dass es mir überall fehlte.«
    Hölderlin, Hyperion
    Als Evi ihn erblickte, schoss sie ihm regelrecht
entgegen. Rückte Gerhard einen Stuhl hin. »Gerhard, du solltest dich erholen.
Die Ärzte haben gesagt, dass du dich schonen musst. Du solltest nicht hier
sein!«
    »Jemand hat mich fast umgebracht. Alles wegen diesem
Fall. Ich werde das zu Ende bringen, Evi. Danach

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