Nachtprogramm
Nummer einer Nacktputzagentur notiert, die er in den Anzeigenseiten eines Pornomagazins entdeckt hatte. Irgendwie waren die Namen und Nummern durcheinander ge raten, und er hatte mich in dem Glauben angerufen, ich sei die heiße Adres se. Ich denke, so was kommt vor, aber spätestens, als er mich sah, hätte er seinen Fehler bemerken müssen. Ich habe noch nie mit einer Nacktputzagentur zu tun gehabt, aber irgendetwas sagt mir, dass deren Mitarbeiter eher für ihre körperlichen Vorzüge als für ihre Staubsaugerkünste angeheuert werden. Irgendetwas sagt mir, dass sie nur sehr oberflächlich putzen.
Wochenlang fragte ich mich, warum Martin das Spiel mitgespielt hatte. In seiner wachsenden Ungeduld hätte er mir nur geradeheraus sagen müs sen, was er wollte, doch dazu hätte es eines anderen Temperaments bedurft, einer Direktheit, die weder er noch ich hatten. Im Lexikon der Anspielun gen bedeutet »FIRE ISLAND« »Lass uns gemeinsam masturbieren«, wäh rend »Wen mag deine Mutter lieber?« mit »Ich möchte die Küche gerne al leine putzen« zu übersetzen ist. »Ich habe keinen Videorekorder« heißt »Ihr Verhalten verunsichert mich«, und »Sie können natürlich .. na, sie wissen schon« meint »Ich denke, Sie können sich jetzt ausziehen«. »Was halten Sie davon, wenn wir Ihren Blutzucker testen?«, war einfach nur dummes Geschwätz.
Nachdem ich meine Tasche genommen hatte, brachte Martin mich zur Tür. »Wir müssen das irgendwann einmal wieder machen«, sagte er, was bedeutete, dass wir uns nie wieder sehen würden.
»Von mir aus gerne«, sagte ich.
Er hielt mir seine warme, klebrige Hand hin, und in einer Geste von Kameradschaft nahm ich sie.
Das Ende einer Aff äre
An einem Sommerabend in Paris sahen Hugh und ich uns im Kino Das En de einer Aff äre an, Neil Jordans Verfilmung von Graham Greenes Roman Ich hatte Mühe, die Augen offen zu halten, weil ich müde war und mich der Film nicht sonderlich fesselte. Hugh hatte Mühe, die Augen offen zu hal ten, weil sie beinahe komplett zugeschwollen waren. Er heulte von Anfang bis Ende, und als wir aus dem Kino kamen, war er vollständig ausgetrocknet. Ich fragte, ob er immer bei Komödien weine, und er warf mir vor, gefühlskalt zu sein, einen Vorwurf, den ich in gehässig abgemildert sehen möchte.
Rückblickend hätte ich besser von vornherein darauf verzichten sollen, mit Hugh in einen Liebesfilm zu gehen. Solche Filme sind immer gefähr lich, da anders als beim Kampf gegen Aliens oder der geheimen Jagd nach einem Serienkiller die meisten Erwachsenen zu irgendeinem Zeitpunkt ihres Lebens schon einmal verliebt gewesen sind.
Das Thema ist weithin bekannt und ermuntert den Zuschauer zu einer Reihe ungesunder Vergleiche, die letztlich in der Frage gipfeln »Warum kann es bei uns nicht so sein?« Es ist ein Fass, das man besser verschlossen halten sollte, und die anhaltende Popularität von Vampir-Epen und überdreh ten Karatefilmen hat damit zu tun, dass die Leute genau das tun.
Das Ende einer Aff äre ließ mich wie ein widerliches Ekelpaket erscheinen. Das unersättliche Paar wurde von Ralph Fiennes und Julianne Moore gespielt, die nichts anderes taten, als übereinander herzufallen. Ihre Liebe war verboten und zum Scheitern verurteilt, und selbst wenn rundherum die Bomben fielen, leuchteten ihre Gesichter. Der Film war ziemlich intellektuell, sodass ich einigermaßen überrascht war, als der Regisseur einen altbekannten Trick einsetzte, den man aus Fernsehfilmen unter der Woche kennt: Alles steht bestens, und dann muss einer der Hauptdarsteller husten oder niesen, was bedeutet, dass er oder sie innerhalb der nächsten zwanzig Minuten sterben wird. Es wäre etwas anderes gewesen, wenn Julianne Moore plötzlich aus den Augen geblutet hätte, aber sie husten zu lassen war ziemlich billig. Hugh schossen sofort die Tränen in die Augen. Als ich daraufhin ebenfalls hustete, boxte er mich in die Schulter und sagte, ich solle ein paar Plätze weiter rücken. »Ich kann’s nicht erwarten, bis sie stirbt«, flüsterte ich. Ich weiß nicht, ob es an ihrem blendenden Aussehen oder an ihrer Leidenschaft lag, jedenfalls regte mich irgendetwas an Julianne Moore und Ralph Fiennes fürchterlich auf.
Ich bin nicht so gef ühllos, wie Hugh mir unterstellt, aber wenn man über zehn Jahre zusammen ist, ändert sich so einiges. Es gibt nur wenige Filme über langjährige Partnerschaften, und das aus gutem Grund: Unser Leben ist langweilig. Am Anfang hatte unsere
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