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Nachtprogramm

Nachtprogramm

Titel: Nachtprogramm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Sedaris
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Minigolfplatz!«
    Pauls Hochzeit fand im ehemaligen John Yancy statt, das inzwischen in Royal Pavillon umbenannt worden war. Das Haus war mit viel Aufwand umgebaut worden, und das bescheidene K üstenhotel von damals präsentier te sich jetzt stolz mit Empfangsräumen und einem Hochzeitserker. Die Kellnerinnen trugen Fliegen und empfahlen die Scampi mit dem Hinweis, es handle sich um ein italienisches Gericht. Wer die achtziger Jahre im Koma verbracht hatte, wäre von den Gipssäulen und Pastelltönen vermutlich beeindruckt gewesen, doch so wirkte die Einrichtung eher traurig und erinnerte an ein Einkaufszentrum.
    Während die Hochzeit im Royal Pavillon stattfand, waren die Gäste nebenan im Atlantis untergebracht, einem dreistöckigen Motel, das sich seit den frühen Tagen der Weltraumfahrt kaum verändert hatte. Hier hatten wir in einem Alter unsere Wochenenden verbracht, als aus Trips zum Strand Trips am Strand geworden waren. Pilze, Kokain, Acid, Meskalin: Ich hatte noch nie hier eingecheckt, ohne nicht wenigstens gut zugedröhnt zu sein, und war deshalb überrascht, als ich ins Zimmer trat und das Mobiliar tatsächlich stillstand.
    Mein Bruder hatte das Atlantis nicht aus sentimentalen Gründen gewählt, sondern weil die diversen Hunde in der Familie mitgebracht werden durften. Pauls Freunde, die von uns nur »die Schickeria« genannt wurden, hatten ebenfalls ihre Vierbeiner dabei, die bellten und jaulten und an der automatischen Glastür kratzten. So erging es Leuten, die keine Kinder hat ten und nicht einmal Leute mit Kindern kannten. Die Brautjungfer war läu fig. Beim Probeessen gab es sowohl Dosenfutter als auch Trockennahrung, und als mein Bruder einen Toast auf sein »prächtiges Miststück« erhob, dachten alle, er meinte den Mops.
    Eine Stunde vor der Trauung waren die Männer unserer Familie in Pauls Zimmer verabredet, keine Frauen oder Mitglieder der Schickeria erlaubt. Ich ging hin in der Erwartung eines im Leben einmaligen männlichen Moments, und im Rückblick war es das wohl auch. Im Gegensatz zu meinem Zimmer, das tadellos war, glich Pauls Zimmer einer düsteren, mit Knochen übersäten Höhle. Obwohl er erst am Nachmittag zuvor eingetroffen war, sah es so aus, als hause er schon seit Jahren hier und hätte sich in dieser Zeit von Dosenbier und verschollenen Strandläufern ernährt. Ich breitete eine Zeitung aus, setzte mich aufs Bett und sah zu, wie mein Vater, der Trauzeuge war, meinem Bruder den Kummerbund umband. Es war fünf Uhr nachmittags an einem der bedeutendsten Tage ihres Lebens, und beide sahen fern. Ein privater Nachrichtenkanal brachte eine Sondersendung über eine Flutkatastrophe in einer fernen Stadt, die man am Ufer eines unzuverlässigen Flusses erbaut hatte. Die Menschen versuchten einen Damm mit Sandsäcken zu errichten. Ein Schubkarren trieb durch die Straßen eines Wohnviertels. »Und immer noch«, sagte der Sprecher, »fällt Regen.«
    Ich hatte einmal gehört, vielleicht war es bloß ein Gerücht, dass der Regisseur bei der Verfilmung von Gandhi Statisten angeheuert hatte, die Sandsäcke spielen sollten, weil sie einfacher aufzutreiben waren als richtige Säcke. Die Geschichte schien mir ein guter Aufhänger für eine Unterhaltung, doch gleich beim ersten Satz herrschte mein Vater mich an, den Mund zu halten.
    »Wir sehen gerade fern«, sagte er. »Herrgott, hast du Tomaten auf den Augen?« Gegenüber in der Suite der Braut wurde Make-up aufgetragen und systematisch weggeheult. Tiefsinnige Dinge wurden gesagt, und ich hatte das untrügliche Gefühl, am falschen Ort zu sein. Mein Vater drehte meinen Bruder mit dem Gesicht zu sich und band ihm die Krawatte, mit ei nem Auge weiterhin auf den Bildschirm schielend.
    »Bei so viel Wasser ist der ganze Holzboden im Arsch«, sagte mein Bruder. »Die armen Schweine können sich auf ‘ne Totalrenovierung einstellen, das sag ich dir.«
    »Ich glaub’s auch.« Mein Vater half dem Bräutigam in sein Jackett und warf einen letzten Blick auf die Flutopfer. »Also los«, sagte er. »Auf zur Hochzeit.«
    Es war ein gesch äftiger Tag im Royal Pavillon. Die Fünfuhrhochzeit hat te sich etwas verzögert, und wir schauten von der Seite aus zu, wie ein Kaplan des Marine Corps einem attraktiven Pärchen Anfang zwanzig die besten Wünsche mit auf den Weg gab. Lisa und Amy gaben dem Paar maximal drei Jahre. Gretchen und ich tippten eher auf achtzehn Monate, und Tiffany schlug vor, wenn wir die wahre Antwort wissen wollten, müssten wir nur die

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