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Nachtprogramm

Nachtprogramm

Titel: Nachtprogramm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Sedaris
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Mrs. Arsch geheiratet, oder ist es ein Wort?«
    »Ein Wort«, sagte Hugh.
    Da ich mir sicher war, dass die Unterhaltung noch eine Weile so weiter gehen würde, suchte ich nach einem eigenen Beispiel, dabei war mir klar, wie leicht es für die anderen ist, immer noch eins drauf zu setzen. Kennt man eine Candy Dick, kommt der andere garantiert mit einem Harry Dick oder einem Dick Eater. Erst kürzlich hatte ich von dem Rennwagenpiloten Dick Trickle gehört, doch im Augenblick bewegten wir uns noch auf geho benerem Niveau, sodass ich Bronson Charles erwähnte, eine Frau, die ich Anfang der Woche in Texas getroffen hatte. Wäre sie jünger gewesen, hätte ich mich gewundert, weniger über sie als über ihre Eltern, die sich offenbar für besonders originell hielten. Aber Bronson Charles war bereits über siebzig und hatte den Nachnamen von ihrem Mann bekommen. Es war nicht lustig, sondern nur ein komischer Zufall – die gesittete alte Dame und der Actionheld, Geschlecht, Name und Charakter genau umgekehrt. Gerade so, als würde man einem unscheinbaren Männchen mit Namen Taylor Elizabeth begegnen.
    Anne und Hugh kennen sich vom College und schwelgten, als unsere Hamburger kamen, in Erinnerungen an ihre Studienfreunde von damals. »Wie hieß der Typ noch?
    Der studierte, glaube ich, Kunst, Mike vielleicht oder Mark. Er war lange mit Karen zusammen, so hie ß sie, glaube ich. Oder Kimberly. Na, du weißt schon, wen ich meine.«
    Solche Gespräche können Stunden dauern, und wenn man auch nichts dagegen machen kann, braucht man zumindest nicht zuzuhören. Ich starrte geradeaus vor mich hin und beobachtete einen Koch mit schiefer Nase dabei, wie er einen Hamburger mit Käse belegte, drehte mich dann leicht nach links und lauschte heimlich der Unterhaltung der beiden Männer neben mir. Sie wirkten erschöpft wie Leute, die es sich nicht leisten können, sich zur Ruhe zu setzen, und deshalb wie Pferde weiterschuften, bis sie tot umfallen. Der Mann gleich neben mir hatte ein T-Shirt mit einem Florida aufdruck an, wohingegen sein Gesprächspartner, als herrsche auf der ande ren Seite der Ketchupflasche ein völlig anderes Klima, einen dicken Wollpullover und eine warme Kordhose trug. Über seinem Schoß lag ein Mantel, und vor sich auf der Theke hatte er eine Zeitung und eine leere Tasse Kaffee. »Hast du das mit den Würmern gelesen?«, fragte er.
    Er bezog sich auf die Dose Nematoden, das sind kleine W ürmer, die man vor kurzem in der texanischen Wüste gefunden hatte. Sie waren an Bord des verunglückten Space Shuttle gewesen und hatten auf wundersame Wei se die Explosion überlebt, deren Ursache immer noch Rätsel aufgab. Der Mann im Pullover rieb sich das Kinn und blickte ins Leere. »Ich bin mir sicher, wir könnten das Problem im Handumdrehen lösen«, sagte er. »Wenn wir die verflixten Biester nur irgendwie zum Reden bringen könnten.«
    Es klang verrückt, aber ich erinnere mich, dass ich über den Akita im Mordprozess gegen O. J. Simpson genau das Gleiche gedacht hatte. Ladet den Hund als Zeugen vor Lasst uns hören, was er zu sagen hat. Es war eine dieser Ideen, die einem einen kurzen Moment lang völlig logisch erscheinen, als hätte man die Lösung, auf die noch niemand gekommen war.
    Der Mann im T-Shirt spann den Gedanken weiter. »Also«, sagte er,
    »selbst wenn die Würmer reden könnten, würde uns das nicht weiterbringen. Schließlich waren sie in der Dose, nicht wahr?«
    »Ich glaube, du hast Recht.«
    Die beiden Männer standen auf, um zu bezahlen, und noch ehe sie aus der Tür waren, setzten sich zwei neue, einander fremde Gäste auf ihre Plät ze. Es waren ein Mann in einem eleganten Anzug und eine junge Frau, die Platz nahm und sogleich etwas zu lesen anfing, das aussah wie ein Dreh buch. Zu meiner Rechten war Hugh zu dem Entschluss gekommen, dass es statt Karen oder Kimberly doch eher Katharina gewesen sein musste. Während ich ins Gespräch meiner Nachbarn vertieft gewesen war, hatte Anne für mich ein Stück Kuchen bestellt, und als ich die Gabel in die Hand nahm, erklärte sie mir, es müsse verkehrt herum gegessen werden, also vom Rand aus nach innen. »Zum Schluss bleibt nur noch die Spitze, und wenn man die in den Mund steckt, muss man sich etwas wünschen«, sagte sie. »Hast du noch nie davon gehört?«
    »Wie war das noch mal?«
    Sie blickte mich an wie jemanden, der regelmäßig Geldscheine im Kamin verbrennt. Alles zwecklos! Totalausfall! »Naja, besser jetzt als niemals«, sagte sie und

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