Nachtraeglich ins Glueck
machte sie blind und taub für alles andere außer für Mattie.
„Das ist mein Bauch von innen?“ Gespannt betrachtete Mattie den Monitor und riss Sam aus ihren Gedanken.
Sie nickte und schaltete das Gerät wieder ab, bevor sie sehr vorsichtig das Gel von seinem Bauch wischte.
„Ist alles okay?“ Drews Stimme war noch immer besorgt und geradezu flehend.
Erleichtert nickte sie und erntete ein kleines Lächeln von ihm.
Um sich nicht von ihren Gefühlen übermannen zu lassen, kümmerte sie sich um Matties Platzwunde und nähte die Stelle behutsam. Jeder Stich tat ihr in der Seele weh. Vermutlich machten ihr die Stiche mehr aus als Mattie, der von Drew währenddessen abgelenkt wurde. Mit zitternder Hand verknotete sie die Naht und säuberte fürsorglich die Stirn von dem bereits getrockneten Blut.
Das Röntgen war für Mattie dagegen eine schreckliche Tortur, da die leiseste Bewegung ihm starke Schmerzen verursachte. Für Sam war es beinahe nicht auszuhalten, ihren Sohn bitterlich weinen zu sehen, und sie hatte das Gefühl, sich ebenfalls übergeben zu müssen, als der Kleine aufschrie. Mit wackeligen Knien half sie ihm wieder auf und streichelte seinen bebenden Rücken, als Drew den Raum betrat, den er während des Röntgens hatte verlassen müssen.
Als sie sah, wie sich Mattie an seinen Dad schmiegte und bei ihm Trost suchte, brach ihr das Herz. Sie hätte ihn so gerne getröstet und ihm die Schmerzen genommen, aber für ihn war sie nur die Kinderärztin – eine Fremde, für die er nichts empfand. Drew dagegen war von Geburt an für ihn da gewesen und hatte jede Entwicklungsstufe, jeden Tag und jedes Erlebnis mit ihm geteilt. Er war derjenige, an den sich Mattie wandte, wenn er Trost brauchte, schließlich war er sein Dad. Sam sah ein, dass sie ihren Sohn zwar gefunden hatte, jedoch nicht seine Mutter war.
Die Erkenntnis war niederschmetternd und zog ihr den Boden unter den Füßen weg, da sie gehofft hatte, trotz allem eine Beziehung zu Mattie aufzubauen und Drew davon überzeugen zu können, dass sie ihn nicht verlassen und ihren Sohn nicht abgegeben hatte. Doch nun merkte sie, dass sie zu spät gekommen war. Drew und Mattie waren ein eingespieltes Team und Sam gehörte nicht dazu. Selbst wenn Drew die Wahrheit wüsste, hieße das nicht, dass Sam zwangsläufig Matties Mom war.
Deprimiert und verstört verließ sie Vater und Sohn, um im Nebenraum die Röntgenbilder anzuschauen. Die störenden Tränen wischte sie beiseite und erlaubte ihrem Kummer nicht, nach draußen zu kommen. Zuerst musste sie dafür sorgen, dass es Mattie besser ging.
Sam atmete tief durch und betrat wieder den Raum, in dem Drew auf der Liege saß und Mattie auf seinem Schoß hielt. Das Bild berührte sie zutiefst. Gespielt fröhlich versorgte sie seinen Arm, gab ihm ein Schmerzmittel und legte eine Gipsschiene an. Glücklicherweise wirkte das Schmerzmittel sehr schnell und Mattie lehnte erschöpft an der Brust seines Dads, der ihm fürsorglich über den Rücken streichelte.
„Können wir heute nicht mehr mein neues Skateboard ausprobieren, Dad?“
Angesichts des schläfrigen Tons lächelte Drew sanft und küsste seinen Sohn auf die Stirn. Sam hörte plötzlich ein Rauschen in den Ohren und schnappte innerlich nach Luft, denn das zärtliche Lächeln erinnerte sie an frühere Zeiten, als er sie mit diesem Blick bedacht hatte. Ihr wurde klar, dass Matties Existenz nicht die einzige Baustelle war, der sie gegenüberstand. Jahrelang hatte sie Drew verflucht, weil er scheinbar so herzlos gewesen war, sie nach der Todgeburt verlassen zu haben. Nichtsdestotrotz hatte sie ihm nachgetrauert, schließlich war er ihre große Liebe gewesen und sie hatte ihn geliebt, wie niemand anderen.
Ihre Trennung war lediglich Ergebnis der Intrige ihrer Mutter gewesen, aber das wusste Drew nicht. Zudem lagen fast sechs Jahre zwischen ihrer letzten Begegnung. In dieser Zeit konnte viel passieren.
Sam senkte den Kopf, weil sie nicht mehr wusste, woran sie glauben sollte. Sie wusste nicht, was sie tun sollte.
„Das Skateboard kommt für die nächsten Wochen in die Garage, Kumpel. Es sei denn, du willst, dass dein Dad wegen dir noch einen Herzinfarkt bekommt.“
„Nö ... das will ich nicht.“
„Das meine ich auch“, amüsiert klopfte Drew auf den schmalen Rücken seines Sprösslings und sah Sam anschließend an.
Sein Blick war nicht zu deuten und fuhr ihr in alle Glieder.
Räuspernd blickte sie beiseite. „Wir sind gleich fertig.“
„Gut“,
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