Nachts im Zoo (Junge Liebe ) (German Edition)
Josh! Das reicht, du hast ihn doch!"
Josh gab nach. Sein Bruder sackte sofort auf den Boden, als er ihn losließ, und blieb dort regungslos liegen. Man hörte ihn nur leise wimmern.
„Und nun möchte ich mal hören, was du dir dabei gedacht hast!", brüllte Josh. Er zückte seine Taschenlampe, leuchtete seinem Bruder damit ins Gesicht. „Na, los! Was sollte der ganze Scheiß?"
Keine Antwort ertönte, nur weiteres Schluchzen. Das brachte Josh zur Weißglut. Wieder griff er nach dem Körper, der schwach und gebrechlich vor ihm lag und nicht willig war, sich in irgendeiner Weise zu wehren, noch zu äußern. „Kannst du vielleicht mal antworten!?", schrie Josh.
Er riss abermals an dem Körper, an der Kleidung, schließlich fasste er nach der Kapuze, die noch immer den Kopf seines Bruders halb bedeckte. Er riss sie von seinem Haupt und mit einem Mal wurde es still.
Josh ließ den Körper los, der sofort wieder zu Boden sank. Er trat einen Schritt zurück und begann zu zittern.
„Kevin?" Es kam nur zögerlich über seine Lippen. Er schluckte verkrampft. Er konnte einfach nicht glauben, was er sah. „Kevin? - Das kann doch nicht sein!"
Josh griff sich an seinen Kopf. Seine Kräfte ließen nach. Auch er sackte nieder auf die Knie. „Wieso kannst du laufen? Das kann doch nicht sein!" Immer wieder wiederholte er seine Worte:
„Das kann doch nicht sein! Das kann doch nicht sein!"
Auf allen Vieren kam er auf seinen Bruder zu, griff wieder nach ihm und rüttelte ihn. „Wieso kannst du laufen?", schrie er fassungslos. „Wieso hast du das getan? Wieso? Wieso?"
Josh geriet außer sich. Lukas musste eingreifen und die Männer trennen. Kevin hätte sich sowieso nicht wehren können. Er lag auf dem Boden, sein Hinterkopf blutete. Er hatte Sand im Gesicht und Tränen in den Augen.
„Es tut mir leid", sagte er nur leise, „Es tut mir leid."
Josh schüttelte den Kopf. Es war schwer für ihn, zu begreifen, was um ihn herum passierte. Ungläubig sah er seinen Zwillingsbruder an.
Aber jetzt begriff er auch, woher Kevin den Schlüssel für das Affenhaus hatte. Sie beide, als Neffen des Direktors, besaßen Generalschlüssel, die für alle Türen des Zoos bestimmt waren. Und Kevin hatte diesen Schlüssel nach seinem Unfall niemals abgegeben.
„Hast du Sven in die Bärenanlage geschubst?", fragte Josh dann. „Hast du das getan?"
Da schloss Kevin seine Augen, Tränen lösten sich. Er nickte still.
„Ja, bist du denn wahnsinnig geworden!?", brüllte Josh. Er selbst schien den Verstand zu verlieren. Er wand sich, sah zum Himmel, dann zu Lukas, der, ebenso bleich, das ganze Szenarium mitverfolgte.
„Aber ich habe ihn nicht töten wollen!", konterte Kevin plötzlich voller Inbrunst. Er richtete sich auf, was ihm sichtliche Schmerzen verursachte. „Ich habe ihn nicht umgebracht, bitte, das musst du mir glauben! Ich habe ihn nicht umgebracht, ich bin kein Mörder!"
Er streckte seine Hand nach Josh aus, so, wie er es immer tat, wenn er dessen Hilfe benötigte, doch diesmal griff Josh nicht zu.
„Geh mir bloß aus den Augen!", schrie er stattdessen. Er senkte sein Haupt, bettete es in seine Hände.
Und dann vernahm man Stimmen. Lukas drehte sich und erblickte mehrere Lichter, die auf sie zukamen. Es waren Gerd und die Polizisten, die Taschenlampen mit sich brachten und den Tatort damit sofort ausleuchteten.
„Ihr habt den Täter?", fragte einer der Polizisten.
Lukas nickte und deutete auf das „Häufchen Elend", was vor der Tür lag und noch immer schluchzte. Gerd trat fassungslos näher.
„Mein Gott, es ist Kevin?"
XII
Erst als man Kevin abgeführt hatte, konnte sich Josh wieder regen.
Vorsichtig sah er auf und starrte an die Tür, woran einige Blutstropfen klebten. Es war heller geworden. Am Horizont war der dünne blaue Streifen inzwischen gelb-rot geworden.
Lukas hatte ihm still Gesellschaft geleistet. Als Josh allerdings immer mehr zu zittern begann, fasste er ihn am Arm.
„Wir sollten ins Haus", sagte Lukas. „Sicher weiß dein Onkel längst Bescheid. Man hat heute bestimmt keine Fragen mehr."
Josh nickte. Mit wackeligen Knien kam er auf die Beine. Tief atmete er die klare Sommerluft ein und strich sich mit den Händen die langen Strähnen seines schwarzen Haares nach hinten.
„Ich kann noch immer nicht begreifen, was passiert ist", sagte er leise.
„Ich auch nicht", sagte Lukas. Er sah auf das Messer, das noch immer auf dem Boden lag. Lukas hatte sich geschworen, sich zu wehren, hätte es
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