Nachts im Zoo (Junge Liebe ) (German Edition)
unverhofft erblickt hatte. Gespenstisch stand sie da, regungslos und schien sie still zu beobachten. Wie lange ging das schon so?
Josh ließ sich seinen Schrecken jedoch nicht anmerken, im Gegensatz zu Lukas, der ihn mit seinen großen, hellblauen Augen ängstlich anstierte.
„Und nun?", zischte er. „Was machen wir jetzt?"
Josh umarmte seinen Freund. Eine beruhigende Geste, dabei drückte er ihm das Funkgerät unauffällig in die noch freie Hand. Im Gegenzug nahm er das Springmesser an sich.
„Er hat nicht gemerkt, dass wir ihn entdeckt haben", flüsterte Josh. Seine braunen Augen flackerten nervös, vielleicht ebenso ängstlich, trotzdem mit einem Ziel vor sich. „Ich werde versuchen, ihn zu schnappen ... und du informierst Gerd und die Polizei."
Lukas deutete ein Nicken an. „Okay."
Mehr konnte er nicht hervorbringen, denn schon löste sich Josh und sprintete los, genau auf die Büsche zu, die um den Sandplatz herum gepflanzt waren.
Er lobte sich seine körperliche Kondition. Er war schnell, im Gegensatz zu der fremden Person in den Büschen, die viel zu langsam reagierte und erst die Flucht ergriff, als Josh schon zielstrebig auf sie zugestürmt kam.
Die Person war dunkel gekleidet, mit schwarzer Hose und Kapuzenpullover. Der Kopf war durch die Kapuze verdeckt und das Gesicht in der Dunkelheit nicht zu erkennen.
Als die Person, offensichtlich ein Mann, sich einen Weg aus den Büschen gebahnt hatte, rannte er auf den Gehweg, dort rutschte er unglücklich aus, kam jedoch schnell wieder auf die Beine. Trotzdem war dies für Josh ein weiterer Vorteil.
Schnell war er dem Mann dicht auf den Fersen. Josh spürte jetzt schon, dass er ihn in wenigen Sekunden packen würde. Der Fliehende war einfach zu langsam!
Trotzdem ließen sie einige Meter hinter sich, bis die Person auf das große Affenhaus zusteuerte und sich verzweifelt an der Tür zu schaffen machte. Ja, glaubte der denn, man könne da so einfach hineinspazieren?
Wut stieg in Josh auf. Er meinte sich längst auf der Siegerseite, doch er freute sich zu früh. Der Fremde öffnete plötzlich die Tür und war in dem Gebäude verschwunden.
Josh folgte erbost und ebenso voller Furcht, der Kerl könne ihm doch noch entwischen.
Er hörte die eiligen Schritte auf den Fliesen. Hier im Menschenaffenhaus war der Boden glatt und vor den riesigen Glasgehegen, in denen Schimpansen, Orang-Utans und Gorillas herumsprangen und die nächtliche Störung eher neugierig als misstrauisch verfolgten, senkte sich der Boden sogar. Auch Josh musste aufpassen, dass er nicht der naselang hinschlug. Und dann hatte er den Mann tatsächlich eingeholt.
Am Ende des Affenhauses gab es eine weitere Tür - die nach draußen führte. Josh sah, wie der Fremde darauf zustürmte, kurz stehen blieb und sich prüfend umdrehte.
In diesem Moment traf es Josh wie der Schlag. Er erkannte den Mann, der vor ihm floh. Es war kein anderer als sein Bruder Clemens!
Konnte das sein? Er verfluchte sich innerlich, denn hatte er die ganze Zeit, eigentlich von Anfang an, nicht so etwas geahnt? Hatte er es nicht irgendwie vermutet? Und niemand hatte diesen Kerl wirklich verdächtigt!
Es war schwer für Josh, jetzt nicht die Beherrschung zu verlieren. Fest entschlossen folgte er seinem Bruder, der schon lange aus der Puste war und dessen Schritte immer langsamer wurden.
„Bleib stehen!", schrie Josh. „Ich habe dich längst erkannt!"
Nur wenige Meter hinter der Tür war es dann soweit. Josh konnte seinen Bruder, der am Ende seiner Kräfte schien, packen. Er wirbelte ihn herum und zerrte ihn zurück zur Tür, wo er ihn mit aller Gewalt gegendrückte. Ein Schlüssel fiel zu Boden. Aha, damit war er also ins Affenhaus gekommen. Dann war er zudem auch noch ein Dieb ... Welche Schlüssel hatte er wohl noch geklaut?
„Du Mistkerl!", schrie er ungehalten. Abermals knallte er seinen Bruder fest gegen die Tür, so dass dessen Kopf unsanft aufschlug. Das Messer, das Josh eigentlich bei sich getragen hatte, hatte er zuvor von sich geschmissen. Das brauchte er ja hoffentlich nicht mehr. „Du Schwein, ich hätte dich fast abgestochen!"
Joshs Hände waren fest in die Kleidung seines Bruders gekrallt. Er rüttelte an ihm, schüttelte ihn und stieß ihn dann abermals mit voller Wucht gegen die Tür. Und es kam kein Laut aus seinem Opfer, nicht einmal ein Schrei des Schmerzes.
Stattdessen hörte man Lukas heraneilen. Als er sah, wie heftig Josh den Mann gegen die Tür stieß, griff er ein.
„Das reicht,
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