Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nachtsafari (German Edition)

Nachtsafari (German Edition)

Titel: Nachtsafari (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gercke
Vom Netzwerk:
begeistert. »Hebo!«, zischte er. »Hebo!«
    Adrenalin rauschte durch Marcus’ Adern, sein Mund wurde papiertrocken, und ein inneres Zittern erschütterte seine Seele. »Yebo«, hatte der kleine Kerl gesagt. Ja.
    »Sie lebt?«, stotterte er. »Thoko, sag, was ist mit ihr geschehen? Das Feuer! Ist sie davongekommen?«
    Thoko krächzte und führte anschließend eine Pantomime auf, die Marcus in ihrer Dramatik den Atem nahm.
    Der kleine Zulu streckte seine Arme hoch und schlängelte sich auf beeindruckende Weise und fauchte dabei vernehmlich. Marcus verstand sofort, was er darstellte. Eine züngelnde Flamme.
    »Yebo«, flüsterte er. »Feuer.«
    Thoko nickte und imitierte weiter fauchend das Feuer, wirbelte herum, zeichnete mit seinen Armen einen weiten Kreis um sich. Das wiederholte er immer wieder.
    Das Feuer war um sie herum, übersetzte Marcus für sich, sie war also eingeschlossen. Die Vorstellung haute ihn innerlich um. Er presste kurz die Lider zusammen, öffnete sie jedoch sofort wieder und ließ den kleinen Zulu nicht aus den Augen.
    »Okay«, sagte er leise. »Weiter.«
    Angst und Entsetzen verzerrten jetzt Thokos zerstörtes Gesicht, sein lippenloser Mund war wie in Todesqualen verzogen, er stieß heisere Schreie aus, die Marcus durch Mark und Bein fuhren. Er konnte es kaum noch ertragen, dem Schauspiel weiter beizuwohnen.
    Thoko warf sich jetzt theatralisch auf den Boden, rollte ein paarmal herum, bis er auf dem Bauch liegen blieb, bedeckte seinen Kopf mit den Armen und rührte sich nicht mehr.
    Marcus stöhnte. Auf der einen Seite hätte er vor Ungeduld schreien und den kleinen Mann schütteln können, um endlich Gewissheit zu haben, was geschehen war, auf der anderen Seite scheute er voller Furcht vor diesem Augenblick zurück. Jetzt war noch alles möglich, jetzt konnte er noch glauben, dass Silke irgendwie der Feuerhölle entkommen war und überlebt hatte. Dass alles endlich wieder so sein würde, wie es gewesen war. Und für immer so bleiben würde. Am liebsten wäre er in diesem Schwebezustand geblieben. Auf ewig.
    »Und was ist dann passiert?«, fragte er und hielt den Atem an.
    Thoko rappelte sich grinsend hoch, deutete einen Hechtsprung an und stellte anschließend pantomimisch dar, dass er eine Last in seinen ausgestreckten Armen davontrug.
    »Sie hat’s geschafft?«, flüsterte Marcus. »Sie hat überlebt?«
    Der kleine Mann nickte, aber er war noch nicht fertig. Mit bekümmertem Mienenspiel ließ er seine Finger über seine dünnen Arme und Beine trippeln, über seinen Kopf, strich dann mit beiden Händen übers Gesicht, schüttelte aber dabei heftig den Kopf und grinste breit.
    »Mach das noch mal«, sagte Marcus.
    Thoko wiederholte seine Darbietung, und Marcus konzentrierte sich, aber es dauerte eine qualvolle Ewigkeit, bis er glaubte, den Sinn zu begreifen.
    Eine weiße Frau war von jemandem aus dem Feuer gerettet worden, hatte anscheinend Brandwunden an Armen, Beinen und am Kopf davongetragen, doch wenn er es richtig deutete, war das Gesicht unverletzt geblieben.
    »Sie lebt«, flüsterte Marcus, und es klang wie ein Gebet. »Wer hat sie gerettet?« Er sah Thoko durchdringend an. »Wer war es?«, drängte er, als Thoko nicht gleich antwortete.
    »Hellhire«, quietschte der kleine Zulu. »Hellhire … Hellhire!«
    Marcus verstand nichts, doch er hatte das Wesentliche erfahren. Den Namen von Silkes Retter würde er schon später herausbekommen. Auch wenn ein winziger Zweifel, ob es wirklich Silke gewesen war, blieb, hatte er jetzt keine Sekunde zu verlieren.
    »Mandla«, brüllte er und wollte schon losrennen, aber Thoko zupfte ihn am Arm und zeigte auf einen schmalen Weg, der sich durch verbranntes Unterholz schlängelte, machte das Geräusch eines startenden Motors nach und drehte ein imaginäres Lenkrad.
    Marcus begriff sofort. »Yabonga kakhulu, umngane wami«, stieß er hervor. Mein Freund, sagte er aus tiefster Seele und streichelte dem kleinen, verstümmelten, großherzigen Mann über den Kopf. »Ich komme zurück, Thoko. Mandla!«, brüllte er dann noch einmal. »Wo ist das nächste Krankenhaus?«
    Er wartete nicht auf eine Antwort, sondern sprintete den Weg entlang, den Thoko ihm gezeigt hatte.
    Mandla folgte ihm, und kurz darauf entdeckten sie einen Wagen, einen zerbeulten Landrover. Die Fahrertür stand offen, der Wagen war leer, auch ein Schlüssel steckte nicht im Zündschloss. Doch ein kurzer Blick sagte Marcus, dass der Wagen kein hochmodernes Gefährt mit einer elektronischen

Weitere Kostenlose Bücher