Nachtsafari (German Edition)
Loyalität, wie es heißt, werden mittlerweile Minen in Zululand und bis nach Limpopo bestreikt, was mir Rob Adams auch nicht mitgeteilt hat, der Idiot. Dann hätten wir nämlich diese Reise verschieben und unsere Party feiern können.«
Marcus hatte erneut begonnen, im Zimmer auf und ab zu marschieren. Fünf Schritte geradeaus, Kehrtwendung, fünf Schritte zurück. Seine nackten Füße klatschten auf den Fliesen. »Das muss man sich mal vorstellen«, wütete er. »Die Bergarbeiter-Gewerkschaft leistet es sich doch tatsächlich, unbegrenzt Arbeitstage zu vergeuden, so als hätten die hier nicht genügend Produktionsprobleme und genügend Arbeitslosigkeit und Armut. Die sind wahnsinnig, das ist ein Pulverfass mit einer sehr kurzen Lunte. Gott, ich muss raus an die Luft.«
Gereizt schob er die Terrassentür zurück. Kaum war sie etwa zwei Zentimeter zurückgeglitten, schrillte ein nervenzerfetzendes Kreischen los, und er machte einen Satz zurück, als wäre er gebissen worden.
»Hilfe, was ist das?« Silke presste sich mit einem Ausdruck, als hätte sie Schmerzen, die Hände über die Ohren. Ihr Tinnitus regte sich.
»Einbruchalarm.« Marcus hatte mittlerweile einen schmalen Kasten neben dem Bett entdeckt, öffnete ihn und drückte ein paar Tasten. »Entschuldige – Rob hatte mir den Code gegeben, ich habe das aber einfach wegen der ganzen Probleme vergessen.«
Zentimeter für Zentimeter zog er danach die Terrassentüren auseinander, und als nichts weiter passierte, schob er sie ganz auf. Silke lief an ihm vorbei und lehnte sich übers Geländer. Das Donnern der meterhohen Brecher war ohrenbetäubend, der Horizont unendlich und der Blick atemberaubend.
»Toll«, rief sie beeindruckt aus und war froh, dass das Thema Mine für den Augenblick in den Hintergrund trat.
Doch mit der Verzögerung von einigen Sekunden ging hinter ihr ein weiterer Alarm los. Silke hatte den Eindruck, als würde sich jemand mit einer elektrischen Säge an ihrem Kopf zu schaffen machen. Sie rannte zurück ins Schlafzimmer, warf sich aufs Bett und hielt sich abermals die Ohren zu. »Mach das aus, schnell, ich halte das nicht aus!«
Marcus lief auf die Terrasse, fand einen tragbaren Alarm, der in der Ecke neben der Tür an der Wand montiert war, und stellte auch diesen ab. »Alles okay, mein Schatz, das war’s wohl«, rief er und kam grinsend zurück ins Schlafzimmer.
Silkes Ohren klingelten. »Was gibt’s da zu grinsen? Ist dieser Rob nicht ganz dicht? Was soll das? Das ist ja ein Hochsicherheitsgefängnis.« Misstrauisch hob sie die Hände an, und als alles ruhig blieb, nahm sie sie vorsichtig herunter. Ganz entspannt war sie noch nicht.
Marcus zog sie an das große Seitenfenster und deutete hinunter in den gepflegten Garten, der von einer hohen Mauer umgeben war. »Siehst du die Drähte?«
Silke blickte hinunter. Oben auf der Mauer glänzten mehrere dünne Drähte, die in kurzen Abständen an nach innen geneigten Metallstäben befestigt waren. »Du meinst diesen Drahtzaun auf der Mauer?«
»Elektrischer Zaun«, erklärte er und zeigte auf verschiedene Stellen. »Und sieh mal, dort, dort und dort sind Kameras angebracht, die bestimmt vierundzwanzig Stunden von einer Sicherheitsfirma überwacht werden. Sollte der Stromkreis am Zaun unterbrochen werden oder eine Person aufs Grundstück gelangen, die nicht hierhergehört, sind die mit Sicherheit in Minuten hier. Bewaffnet.«
Wie in einer Filmsequenz sah Silke bewaffnete Männer vor sich, die das Apartment mit gezogenen Pistolen stürmten. Sie spürte, wie ihr das Blut in die Beine sackte. »Sag mir, dass Rob Adams einen Knall hat und psychiatrische Behandlung braucht. So kann man doch nicht leben!«
»Ach, man gewöhnt sich dran«, sagte er leichthin. »Rob ist keine Ausnahme. Hier hat das jeder, und die Sicherheitsvorkehrungen in diesem Apartment sind noch gar nichts, meint Rob. In Johannes burg sei es viel schlimmer. Bewaffnete Wachen am Eingang, Kont rollen wie am Flughafen. Auch er trägt eine Waffe, und wohin er auch geht, vergewissert er sich, was um ihn herum vorgeht.«
Silkes Blick wanderte über die Vorgärten der anderen Apartmentblocks, die die kilometerlange Strandpromenade säumten. Jedes dieser Grundstücke war von einer hohen, mit elektrischen Drähten gekrönten Mauer umgeben, und zwischen den flanierenden Touristen auf der Promenade patrouillierte Polizei. Stumm versuchte sie, eine Verbindung zu dem Bild zu finden, das sie vom Land der Regenbogennation gehabt
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