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Nachtsafari (German Edition)

Nachtsafari (German Edition)

Titel: Nachtsafari (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gercke
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meines Erachtens von dem Schnabel, aber auf der Hand hat der Adler dich mit einer Kralle erwischt«, sagte er, während er das Blut abtupfte. »Doch die sind auch nicht sehr tief, was ein Glück ist, denn direkt darunter laufen die Sehnen zu den Fingern entlang. Wenn die zerrissen worden wären, wäre das ziemlich unschön.«
    »Die Untertreibung des Jahrhunderts«, entgegnete Silke und sah auf seine kräftigen Hände, die so überraschend sanft sein konnten. Ihr Blick wanderte hoch, über die muskulösen Schul tern, die Augen, die unter dem hellen Haar leuchteten, und blieb an seinem Mund hängen. Ein Mund mit klar gezeichneten Lippen und Lachkerben rechts und links. Urplötzlich wurde sie von einer bleiernen Müdigkeit befallen, die ihre Muskeln schwer und träge machte. Mit einem Seufzer lehnte sie ihren Kopf ins Polster zurück und überließ sich mit geschlossenen Augen seiner Behandlung.
    Seine Finger glitten wie ein warmer Hauch über ihre Haut. Der nussige Geruch nach sonnenwarmer Haut, sauberem Schweiß und schwach nach würzigem Holzrauch stieg ihr in die Nase. Sie schlug die Augen auf. Und schaute geradewegs in seine. Stumm sahen sie sich an, Rick hielt ihre Hand, und sie war sich des Drucks seiner Finger bewusst. Noch immer war sie aufgewühlt von dem Streit, dem Frust über Marcus’ Heimlichtuerei und der boh renden Ahnung, dass ihre Beziehung daran zerbrechen könnte. Und tief in ihrem Inneren stak die Frage wie ein heißer Splitter, wer Marcus – der Mann, den sie bald heiraten würde – in Wirklichkeit war.
    All das wollte sie vergessen. Wenigstens für einen kurzen Augen blick. Sie schloss erneut die Augen, musste ein Stöhnen unterdrücken, als er ihre Bluse aufknöpfte und den Knoten in der Taille löste. Der Druck seiner Finger wurde stärker, sie spürte, wie er mit dem Daumen ihren Handballen sanft massierte. Ihr vegetatives Nervensystem reagierte heftig. Jede seiner Berührungen verursachte ein Feuerwerk.
    Ricks Gesicht schwebte nur Zentimeter über ihrem, dann presste er seine Lippen auf ihre, seine Zunge streichelte die empfindliche Haut auf der Innenseite, seine Hände wanderten über ihren Körper. Ihre Lider flatterten. Rick hob den Kopf. Sein Grinsen war träge, seine blauen Augen tasteten sich über ihr Gesicht, zu den Lippen, wanderten zu ihrem Brustansatz und blieben auf ihren nackten Schenkeln liegen.
    Silke stieg das Blut in den Kopf, ihr Puls raste. Was passierte gerade mit ihr? Plötzlich verwirrt und ziemlich verlegen, drehte sie sich zur Seite und drückte sich in die äußerste Ecke von ihrem Sitz, war zutiefst entsetzt über sich selbst. Sie liebte Marcus. Er war der Mann, von dem sie immer geträumt hatte. Offenbar hatte die Auseinandersetzung mit ihm sie derart aus der Bahn geworfen, dass sie sogar die Kontrolle über sich selbst zu verlieren drohte.
    Nein, fuhr es ihr plötzlich durch den Kopf, der Streit war es nicht. Streit kam immer mal vor, das war nur der vorüberhuschende Regenschauer an einem Sommertag. Es war diese bohrende Unruhe, diese diffuse Angst, die wie eine allesfressende Amöbe in ihr hochkroch, dass mit Marcus etwas nicht stimmte. Mit seinem Leben. Dass es nicht so verlaufen war, wie er ihr das erzählt hatte. Dass er nicht der war, für den sie ihn hielt. Der heiße Splitter schnitt ihr durchs Fleisch. Sie sah Marcus vor sich. Solide, zuverlässig, liebevoll. Ihr Marcus mit den zärtlichen Händen und seelenvollen Augen.
    Doch der Splitter bohrte sich tiefer. War er das alles, oder wollte sie ihn nur so sehen? Plötzlich erschien ihr sein Ausdruck nicht mehr seelenvoll, sondern hart. Kalkulierend. Seine Haltung drohend. Unbewusst klammerte sie sich an Rick, der sie mit Inbrunst küsste.
    Später vermied sie es, darüber nachzudenken, wie weit sie gegangen wäre, wenn sie nicht durch ein sich rasch näherndes Motorengeräusch zurück in die Wirklichkeit gestoßen worden wäre. Ein vollbesetzter Safariwagen hielt neben ihnen. Rick löste mit einem ungeduldigen Knurren seinen Mund von ihrem, und Silke fuhr sich schnell mit beiden Händen durchs Haar und knöpfte ihre Bluse zu. Der Wagen war offen und wurde von einer Frau in Rangeruniform gesteuert.
    »Hi, Rick«, rief sie, als der sich mit genervtem Ausdruck aus dem Fenster lehnte. »Wir haben Löwen gesehen, ungefähr zwei Kilometer von hier, unter einem Baum … ein prachtvolles Männchen und zwei Weibchen!« Beifall heischend schaute sie zu ihnen herüber.
    Rick schob seine Sonnenbrille wie ein Visier

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